Nicht nur in den USA ist ein Streit um die angemessene Deutung des Werkes von Dietrich Bonhoeffer entbrannt. Im Kontext sogenannter Christlicher Nationalisten findet sich in den USA schon seit einigen Jahren eine Widerstandsrhetorik, die sich auf Dietrich Bonhoeffer beruft. Gruppen christlicher Nationalisten, die auch im Wahlkampf des gegenwärtigen US-Präsidenten Donald Trump eine wichtige Rolle spielten, nutzen die Symbole und die Sprache des christlichen Glaubens, um politische Deutungsmacht zu beanspruchen. Mit Bonhoeffer wird eine zentrale christliche Figur des 20. Jahrhunderts auf strategisch-politische Weise in Anspruch genommen, um ein Vorbild für religiös begründeten „Widerstand“ gegen eine liberale Gesellschaft zu schaffen.
Film „Bonhoeffer“ läuft heute an
In diesem Zusammenhang ist der in Deutschland heute (11. März 2025) anlaufende Film „Bonhoeffer“, im November 2024 in den USA unter dem Titel „Bonhoeffer: Pastor. Spy. Assassin“ veröffentlicht, über den deutschen Theologen, NS-Gegner und Widerstandskämpfer umstritten, zeichnet er doch ein Bild Bonhoeffers, das eher dem evangelikalen oder fundamentalistischen Spektrum zuzuordnen ist. Antiintellektuelle Affekte werden darin sichtbar, die Frage nach dem Einsatz von Gewalt im Widerstand wird im Film zum zentralen Erzählstrang in Bonhoeffers Leben gemacht.
Wie kann es dazu kommen, dass ausgerechnet der Mann, den die Nationalsozialisten als Angehörigen des Widerstands ermordet haben, zu einer Identifikationsfigur für neue Rechte und religiöse Hardliner wird, indem er zum „Kämpfer gegen den tiefen Staat“ und den „Feind im Inneren“ stilisiert wird? Wie wird dieser Vereinnahmungsversuch innerhalb neurechter Ideologie, in seiner Abhängigkeit von Dynamiken politischer Identitätsbildung, theologisch und gesellschaftlich beantwortet werden können – auch im europäischen und deutschen Diskurs?
Podiumsgespräch am 9. April um 19 Uhr
Am 80. Jahrestag der Ermordung Dietrich Bonhoeffers, am Mittwoch, 9. April, 19 Uhr, widmet sich ein fachkundiges Podiumin der Kartäuserkirche, Kartäusergasse 7, diesen „Versuchen rechter Vereinnahmung“. Auf dem Podium diskutieren: Mathias Bonhoeffer, Pfarrer und Großneffe Dietrich Bonhoeffers, Arnd Henze, Publizist und evangelischer Theologe, Philine Lewek, Theologin und Doktorandin im Rahmen des Graduiertenkolleg „Deutungsmacht“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Rostock. Veranstalterinnen der Diskussion sind die Evangelische Gemeinde Köln/Kartäuserkirche, die Melanchthon-Akademie sowie die Evangelische Akademie im Rheinland. Der Eintritt ist frei.
Foto(s): APK /Ausschnitt Plakat