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Pfarrer Gerold Vorländer wechselt von Köln-Stammheim nach Berlin

Nach über 22 Jahren verlässt Pfarrer Gerold Vorländer die Evangelische Brückenschlag-Gemeinde Köln-Flittard/Stammheim. Am Sonntag wurde er in einem Gottesdienst und einer anschließenden Festveranstaltung in der Immanuel-Kirche von seiner Gemeinde herzlich verabschiedet. Im Namen des Kirchenkreises sagte Superintendentin Andrea Vogel „Auf Wiedersehen“.

"Ich war wechselwillig"
„Fast 23 Jahre in einer Gemeinde sind genug. Das ist sicher nicht gesund“, begründet er seinen Abschied. „Ich war im Prinzip wechselwillig. Dann kam die konkrete Anfrage von der Berliner Stadtmission.“ Das ist ein freies Werk unter dem Dach der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Dort wird Vorländer ab dem 1. Mai Leitender Missionarischer Mitarbeiter. Zu seinem Arbeitsbereich gehören 18 Stadtmissionsgemeinden. Ihm obliegen die Durchführung und Weiterentwicklung von missionarischen Projekten und Gottesdiensten, beispielsweise den Osternachtsgottesdienst im Berliner Hauptbahnhof. Ebenso unterstützt er das geistliche Leben im diakonischen Bereich, kümmert sich um die Außendarstellung und das Fundraising. In seine Zuständigkeit fällt schließlich die Basisarbeit mit Gottesdiensten und Andachten in den Gemeinden der Stadtmission. Daher komme er unverändert in Kontakt mit „normalen“ Gläubigen, so Vorländer.

„Klares, geistliches Profil“
Studiert hat der gebürtige Oberberger in Wuppertal und Heidelberg. An sein Vikariat in der Evangelischen Kirchengemeinde Aegidienberg (Bad Honnef) schloss er ein Auslandsvikariat in der deutschsprachigen lutherischen Gemeinde in Genf an. In Oberhausen amtierte Vorländer als Pfarrer zur Anstellung. Dort habe ihn, die Anfrage des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Stammheim erreicht, ob er nach Köln wechseln wolle. Bereits das Kennenlerngespräch sei vielversprechend verlaufen: „Hier sind Leute, mit denen ich das gestalten kann, wofür ich Theologie studiert habe. Hier treffe ich auf eine einladende Gemeinde mit klarem geistlichem Profil und der Bereitschaft, sich für die Menschen am Ort zu öffnen.“ Der erste Eindruck habe sich voll und ganz bestätigt. „Ich glaube, aus dem gleichen Grund hat sich die Gemeinde für mich entschieden. Diese suchte einen Pfarrer, der geistlich und theologisch was 'auf der Pfanne' hat. Das passte einfach zusammen.“ Fast 23 Jahre lang.

Sketch und Meditation
Anfangs habe man überlegt, „Was ist eine missionarische Gemeinde? Das ist eine Gemeinde, die Begegnungsräume schafft, wo Menschen den Glauben kennenlernen können. Diese Räume haben wir Schritt für Schritt geschaffen beziehungsweise erweitert.“ Beispielsweise seien die traditionellen Gottesdienst-Formen ergänzt worden etwa um die Minikirche sowie den im Team vorbereiteten und durchgeführten Offenen Abendgottesdienst mit Sketch, Meditation und der Band "Go(o)d Connection". Für den Gottesdienst gegründet, tritt die klassisches Kirchenliedgut mit christlicher Popmusik verknüpfende Band auch zu anderen Anlässen auf.

Meilenstein war die Fusion
Als wichtige Maßnahme in seiner Kölner Zeit bezeichnet der Pfarrer die Intensivierung der Seelsorgeschulung und insgesamt Qualifizierung von Ehrenamtlichen in mehreren Phasen. „Dieses Prinzip, Verantwortung zu übertragen, Teams zu bilden und fortzubilden, war hier schon vorher angelegt, und ich habe es gerne weiter und stark gefördert“, erläutert Vorländer. Als weitere Meilensteine nennt er die Fusion (2004) der beiden Kirchengemeinden Flittard und Stammheim zur Evangelischen Brückenschlag-Gemeinde Köln-Flittard/Stammheim, den Abbruch der Flittarder Lukaskirche. Ebenso den Abriss des Gemeindezentrums Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Stammheim, an dessen Stelle 2013 die moderne Immanuel-Kirche eingeweiht wurde.

Angebote "auf dem Markt"
Große Freude empfindet Vorländer beim Blick auf die entwickelte, gelebte Ökumene in den beiden Stadtteilen. 2003 sei mit der katholischen Nachbargemeinde eine Partnerschaftsvereinbarung unterzeichnet worden. Bereits 1996 habe man gemeinsam mit der Katholischen Pfarrgemeinde St. Hubertus/St. Mariä Geburt das „Lichtblick Café + mehr“ auf den Weg gebracht, als ökumenischen Begegnungsraum mit vielfältigen Angeboten „auf dem Markt“.

Möglichst große Transparenz
„Für meine Aufgaben in Berlin kann ich alles das, was ich in Köln gelernt habe, sehr gut brauchen“, betont Vorländer. Hier habe er gelernt, zu organisieren, zu strukturieren und zu leiten. „Als junger Pfarrer war ich davon noch weitgehend unbeleckt“, spricht er auf das „Change-Management“ an: die im Team, im gemeinsamen Prozess mit Presbyterium und Gemeinde durchgeführten notwendigen Veränderungen. Diese hätten nicht nur planerisches Geschick verlangt, sondern auch eine intensive Kommunikation, möglichst große Transparenz, ein Ernstnehmen von Kritikern und endlich das Treffen von (mutigen) Entscheidungen.

Finanzierung ohne Kirchensteuer
Die Kölner Zeit habe ihn darin bestärkt, „dass eine betende Gemeinde mehr befähigt ist, mit Gottvertrauen Veränderungen anzunehmen und zu gestalten“. In seiner Gemeinde habe er zudem erlebt, wie fröhlich und anspruchsvoll die nach einem ganzheitlichen Konzept ehrenamtlich geleistete Seniorenarbeit sein könne. Wie notwendig und lohnend die Arbeit mit Ehrenamtlichen sei, wie wichtig, sie zu ermutigen, ihnen Zutrauen zu schenken. Auch habe er von Konfirmanden und Jugendlichen kontinuierlich gelernt, am Puls der Zeit zu bleiben. „Ich habe von ihnen genauso viel gelernt wie andersherum.“ Schließlich habe er nicht erst mit dem Kirchenbau das Kötten gelernt. Diese Befähigung sei enorm wichtig, weil sich die Berliner Stadtmission komplett ohne Kirchensteuer finanziere. Aber alle diese vielen Formen und Errungenschaften des Gemeindelebens in Köln empfindet Vorländer „eigentlich nur als äußere Methode“. Entscheidend sei für ihn immer gewesen, „dass Menschen persönlich vom lebendigen Gott berührt werden“.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich