Der Willkommensgruß der Gemeinde und des Bezirks-Kindergartens verfehlte seine Wirkung nicht. Mit zwei 7,5-Tonnen-Lkw war die Familie Rollbühler Ende Februar an ihrem zukünftigen Domizil im Kölner Agnesviertel eingetroffen. Fünf Stunden hatte der in Basel gestartete Transport von Hab und Gut gedauert. Nun standen die Eltern mit ihren drei Kindern vor dem Pfarrhaus an der Thomaskirche. An der Tür leuchtete ein gelbes Plakat. Es hängt noch immer dort. „Herzlich Willkommen“ steht darauf. „Das haben wir als eine schöne Geste empfunden – und uns direkt wieder heimisch gefühlt“, so Christoph Rollbühler. Aus dieser Empfindung erwuchs wenig später die Gewissheit, „jetzt wieder dazu zu gehören“. Sie stellte sich ein in der Christuskirche – während des Gottesdienstes mit Stadtsuperintendent Rolf Domning, Pfarrer Mathias Bonhoeffer und Pfarrerin Eva Esche, in dem Rollbühler in die siebten Pfarrstelle der Evangelischen Gemeinde Köln eingeführt wurde. Im Bezirk ThomasChristuskirche der Evangelischen Gemeinde Köln bildet er nun gemeinsam mit Eva Esche eine Doppelspitze.
Von Köln geprägt
Mit der Evangelischen Gemeinde Köln, speziell der Christuskirche, verbindet der heute 39-Jährige prägende berufliche Erfahrungen wie private Erlebnisse. An der dem Stadtgarten benachbarten Kirche in der Herwarthstraße absolvierte Rollbühler nach dem Studium in Heidelberg und in seiner Geburtsstadt Bonn das Vikariat, von Oktober 2001 bis März 2004. Und in der Christuskirche hat er seiner damals zukünftigen Frau nicht nur den Antrag gemacht, hier haben Christoph und Manuela auch geheiratet. „Ich fühle mich der Kölner Gemeinde sehr verbunden, habe hier ein besondere Zeit erleben dürfen, wurde als Vikar unglaublich ernst genommen“, schließt Rollbühler in seinen Dank insbesondere seine damalige Mentorin, Pfarrerin Christine Breitbach, ein.
In Worringen das „Einmaleins des Pfarramts“ gelernt
Im Frühjahr 2004 begann er als Pfarrer zur Anstellung in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Worringen. „In dieser total liebenswürdigen Gemeinde am Stadtrand, einem Industriestandort und Arbeiterviertel, habe ich das Einmaleins des Pfarramts gelernt. In Worringen habe ich das notwendige Handwerkszeug vermittelt bekommen, um eine Gemeinde zu leiten.“ Bedingt durch den deutschen Pfarrstellenmangel wechselte er im August 2007 in die Schweiz. In der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Allschwil-Schönenbuch an der Peripherie von Basel amtierte er aufgrund seiner nicht-schweizerischen Staatsangehörigkeit zunächst als pfarramtlicher Stellvertreter. 2009 wurde Rollbühler zum ordentlichen Pfarrer der 6.000 Mitglieder zählenden Gemeinde gewählt, die er als dörflich-urban charakterisiert. Rasch habe er erfahren dürfen, dass deren reformierte Prägung nicht nur einen liturgischen, sondern auch kulturellen Unterschied bedeutet. „Unter anderem haben da Pfarrer weniger zu sagen“, fügt er schmunzelnd ein. Aufgefallen sei ihm ebenso die starke ökumenische Ausrichtung und Kooperation dort. „Beispielsweise haben wir auch die großen Schweizer Nationalfeiertage stets gemeinsam gefeiert.“
Die Evaneglische Gemeinde Köln ist „Kirche anders“
„Obwohl wir uns in Allschwil-Schönenbuch sehr wohl gefühlt und gute Erfahrungen gemacht haben, obwohl ich dort einen guten Stand in der Gemeinde hatte“, habe er auf die Ausschreibung der Evangelischen Gemeinde Köln reagieren müssen. „Wenn meine ´Herz´-Gemeinde eine Pfarrstelle ausschreibt, kann ich nicht nein sagen. Die Freude ist groß, dass es geklappt hat.“ Allerdings sieht er sein jetziges Engagement nicht als „nahtlose“ Fortsetzung seiner Vikariatszeit. „Natürlich nicht. Ich war sieben Jahre weg aus der Kölner Gemeinde. Daher ist das jetzt ein völliger Neuanfang.“ Dagegen unverändert empfindet Rollbühler die Kölner Gemeinde als „Kirche anders“. Die hiesige Gemeinde zeichne sich nach wie vor durch eine große Experimentierfreudigkeit aus, beispielsweise was die unterschiedlichen liturgischen Formen betreffe. Sie sei offen für Schwule und Lesben, widme sich der Kunst und Kultur.
ThomasChristuskirche: „Vielseitigkeit und Vitalität“
Auch dem Bezirk ThomasChristuskirche spricht er „Vielseitigkeit und Vitalität“ zu. Die hiesigen Aufgaben werde er gemeinsam mit Pfarrerin Eva Esche angehen. Gleichwohl würden jeweils Arbeitsschwerpunkte gesetzt. Derzeit erfolge deren Festlegung. „Bereits fix ist, dass ich mich um die Bauangelegenheiten der Christuskirche kümmere.“ Der denkmalgeschützte Turm soll erhalten bleiben. Anstelle des Kirchenschiffes sollen zwei Wohngebäuderiegel treten, die auf halber Länge einen dritten Neubaukörper einrahmen, den zukünftigen Kirchraum. Fortsetzen wird Rollbühler die von Esche in der Christuskirche etablierten Kunst- und Kulturveranstaltungen. Darunter die alle sechs Wochen stattfindenden Kunst-Gottesdienste mit den jeweils dort ausstellenden Kunstschaffenden. Ebenso möchte sich Rollbühler um die Entwicklung neuer Gottesdienstformen kümmern. Die Gestaltung des Gottesdienstes liege ihm sehr am Herzen, an besonderen Gottesdiensten habe er viel Freude. „Mir ist sehr wichtig, dass ich die Menschen und ihre Bedürfnisse kennen lerne, damit ich die richtige Sprache finde für die befreiende und das Leben öffnende Botschaft des Evangeliums“, hatte er bereits früher formuliert.
Kirche als Gegenpol
Seiner Tätigkeit in einer Kirchengemeinde im Großstadtmilieu sieht Rollbühler erwartungsvoll entgegen. „Mir liegen auch die Kirchenfernen am Herzen, mein Interesse gilt auch denjenigen, die suchen, die unterwegs sind. Diesen Menschen sollten wir über die normale Tradition hinaus Möglichkeiten der Teilnahme sowie Antworten anbieten.“ Er fände es „super, wenn wir es als Kirche schaffen könnten, einen Gegenpol zu bilden: eine Oase, in der Menschen Ruhe finden, Gemeinschaft erleben können“. Wenn „wir einen Ort anbieten könnten, wo sie sich Zeit nehmen dürfen für Fragen, die sonst keinen Platz haben, wo Gefühle möglich sind“.
Insgesamt ist der Musik begeisterte Rollbühler, der sich als Mitglied der Band „Zeitgenossen“ deutschsprachigem Pop widmet, glücklich über seine Rückkehr nach Köln. „Diese Stadt entspricht meiner Persönlichkeitsstruktur. Hier existieren verschiedene Welten, die parallel leben, sich aber auch begegnen und kreuzen dürfen.“
Foto(s): Broich