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Pescher KonfirmandInnen übernehmen Patenschaft für verwahrloste Gräber

„Sollen wir das Bäumchen nicht stehen lassen?“ Josef Terfrüchte berät die drei Konfirmanden, die auf dem Friedhof in Köln-Pesch ein Einzelgrab pflegen. Es ist zugewuchert, der Grabstein nicht mehr zu erkennen. Mit ihren Spaten bringen die 13-Jährigen zunächst das hartnäckige Grün zur Raison. Nicht weit entfernt sind sieben Konfirmandinnen bereits bei der Bepflanzung. Sie mussten das verwahrloste Doppelgrab am Hauptweg zuvor nicht säubern. Diese Arbeit hatten ihnen Mitglieder der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner eG abgenommen. Nun überlegen die Mädchen, wie sie die immergrünen Bodendecker, die Erika, Alpenveilchen und den „Herbstzauber“ am besten zur Geltung bringen. In der Mitte wollen sie ein Herz mit rosafarbenen Blumen entstehen lassen, drum herum weiße Pflanzen setzen und das alles mit einem grünen Band einrahmen. Die insgesamt 14 Konfirmandinnen und Konfirmanden der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Pesch haben die Patenschaft für zwei verwaiste Gräber übernommen, bei denen die Stadtverwaltung keine Nutzungsberechtigte mehr ausfindig machen konnte.


Ein Friedhof ist auch ein „Ort der Lebenden“
Das Projekt entstand in Kooperation mit der Friedhofsgärtnergenossenschaft, die auch jeweils die Pflanzen, Erde und das Arbeitsgerät zur Verfügung stellt. Dessen Geschäftsführer Terfrüchte erläutert: „Die Idee ist gekommen, als ich am Tag des Friedhofs 2005 ein Gespräch mit Frau Gräff führte.“ Petra Gräff, Koordinatorin des Für Zukunft e.V., dem Fördervereins der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Pesch für Kinder- und Jugendkulturarbeit, war ganz Ohr, als ihr Terfrüchte unter anderem von der Arbeit mit Schulklassen und Jugendlichen erzählte. „Wir wollen sie mit Unterrichtsprojekten und Führungen einbinden in das Thema ´Tod und Friedhof´. Es ist wichtig, junge Menschen unbelastet damit zu konfrontieren, ihnen die Angst zu nehmen. Unsere Erfahrung zeigt, je früher Menschen mit dem Friedhof vertraut gemacht werden, desto geringer sind später deren Berührungsängste“, erläutert der Geschäftsführer. „Wir versuchen ihnen deutlich zu machen, dass der Friedhof natürlich ein Ort der Trauer ist. Aber ebenso ein Ort der Lebenden, der Begegnung, mit einer spannenden, sich wandelnden Begräbniskultur.“

Tod und Auferstehung im Konfirmandenunterricht
Dass es nun zu dem besonderen Patenschaftsprojekt kam, hat mit dem Kursthema „Tod und Auferstehung“ zu tun, das Pfarrerin Sylvia Wacker im Konfirmandenunterricht behandelt hat. Innerhalb dessen besuchte die Gruppe den Pescher Friedhof, wo man auch auf verwahrloste Gräber stieß. „Die jungen Menschen waren erstaunt, fragten, woran das liegen kann und was man dagegen tun könnte“, so Wacker. Daraus sei die Idee entstanden, Verantwortung zu übernehmen und selber Hand anzulegen. Es gehe dabei nicht um die Frage nach dem Grund der Verwahrlosung, sondern darum, die Menschen auch im Tod zu würdigen. Es gehe darum, dass jeder ein gepflegtes Grab verdient habe. „Ich finde die Patenschaft gut“, begründet Paula ihr Engagement. „Die Toten haben keine Angehörigen mehr, die sich um die Gräber kümmern, und wir machen sie wieder schön.“

Angestrebt: eine dauerhafte Initiative
Bis zu ihrer Konfirmation im Mai 2006 werden sich die Mitglieder der Gruppe um die Pflege der Gräber kümmern, im Frühjahr auch wieder neu bepflanzen. Danach sollen, so Wackers Idee, jeweils die nachfolgenden KonfirmandInnen die Patenschaft weiterführen. Es könnte eine dauerhafte Initiative werden. Beide Gräber sind laut Terfrüchte noch mindestens zehn Jahre belegt. In den warmen Sommermonaten, dass hat Wacker bereits organisiert, werden die Jugendlichen Unterstützung erhalten. Dann hilft der Familien-/Kranken-Pflegedienst der Gemeinde beim Gießen der Pflanzen.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich