Es wird wieder eng für die OT Werkstattstraße der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Nippes. Ende des Jahres fallen die Zuschüsse weg, die der Evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte auf einer Synode gewährt hatte. Dann müssen die Nippeser Protestanten den Trägeranteil selbst bezahlen. Und das ist eine Menge Geld. Die Stadt hat die so genannten „anerkennungsfähigen Betriebskosten“ für die OT auf 151.000 Euro festgesetzt. Dahinter verbergen sich die Ausgaben für das Personal und die Aufwendungen etwa für neue Spiele sowie für alle Angebote, die die Jugendlichen in Anspruch nehmen können.
Allein 15.000 Euro im Jahr für Bauunterhaltung
In der OT arbeiten drei Sozialpädagogen, die sich zwei Stellen teilen, ein Vollzeitpraktikant und ein Zivildienstleistender. Dazu kommen noch Kräfte auf Honorarbasis, die beispielsweise Tanz- oder Hiphop-Projekte leiten. Von den 151.000 Euro übernimmt die Stadt 85 Prozent, den Rest muss der Träger aufbringen. Im Nippeser Fall sind das 35.000 Euro pro Jahr. Seit 2004 hat der Kirchenkreis der OT mit jährlich 30.000 Euro das Überleben gesichert. Aber der Trägeranteil ist nicht allein das Problem der Evangelischen aus der Nippeser Lutherkirche. Rund 15.000 Euro pro Jahr kostet sie die Bauunterhaltung des Komplexes an der Werkstattstraße, in dem auch noch die Kindertagesstätte und Dienstwohnungen der Mitarbeitenden der Gemeinde untergebracht sind. Ein Balkon der OT ist gesperrt, weil Betonbrocken von der Decke gefallen sind. Die Fensterrahmen faulen, im Keller riecht es feucht. Die Heizung wurde jüngst erneuert, das Fensterproblem ist chronisch. Sie wurden in der OT, die 1968 in Betrieb genommen wurde, schon viermal erneuert.
Die Kölsch-Rocker von Brings geben Benefizkonzerte für die OT
Jetzt ist auch guter Rat teuer. „Wir werden für den Erhalt unserer OT kämpfen“, erklärten Gemeindepfarrer Thomas Diederichs und OT-Leiter Stephan Osinski. Beide verweisen auf die vorbildliche Jugendarbeit im Kirchenkreis Köln-Mitte und insbesondere in ihrer Gemeinde. Spätestens jetzt würde man eigentlich den altbekannten Ruf nach den Sponsoren erwarten. Der ist in Nippes zwar auch laut, aber hörbar leiser als in anderen Instutionen in ähnlich misslicher Lage. „Wir werden ein Konzept entwerfen, das es der Gemeinde ermöglicht, die insgesamt 50.000 Euro zu schultern“, ist Diederichs überzeugt. Teil des Konzeptes sind die Kölsch-Rocker von Brings. Die haben kürzlich zwei Benefizkonzerte in der Lutherkirche gespielt. Der Kontakt zu den Protestanten kam zustande, weil Brings vor Jahren ein „Loss mer singe“-Konzert in der Lutherkirche gespielt haben. Hilfreich ist wohl auch, dass ein Bandmitglied in der Nähe der OT wohnt. Ob die Einnahmen der Kulturkirche Köln zur Unterstützung des Jugendzentrums verwendet werden, muss noch diskutiert werden. Aber auch in der OT macht man sich Gedanken. „Wir müssen natürlich auch überlegen, ob wir Einnahmen erzielen können“, sagt Osinski. So sollen etwa die Kunden der Fahrradwerkstatt in Zukunft für die Reparaturen zahlen. Und Sponsoren sollen angelockt werden. „Hier gibt es Hiphop- und Tanz-Veranstaltungen, die ein breites Publikum anlocken. Die sind auf jeden Fall interessant für Unternehmen aus der Bekleidungsbranche.“
Sozialdiakonische Angebote für Kinder mit schlechter Ausgangsposition im Leben
„Wir bieten hier ein sozialdiakonisches Angebot für Kinder mit einer schlechten Ausgangsposition für das Leben“, sagt Diederichs. In Nippes ist die evangelische Jugendarbeit zweigeteilt. Im Konfirmandenunterricht sitzen zu 80 Prozent Gymnasiasten und Gesamtschüler. „Wir haben aber auch die Verantwortung für die anderen Kinder vor Ort“, erklärt Diederichs. „Wir bieten ihnen hier eine Heimat. Und die Erfolge sind sichtbar. Viele, die man nach ihrer OT-Zeit trifft, grüßen freundlich und sind nicht verwahrlost.“ Manche würden sich gar ehrenamtlich engagieren. „Die OT ist der dritte Ort neben Elternhaus und Schule, wo man aufwächst“, ergänzt Osinski. 150 Kinder im Alter von acht bis 16 Jahren kommen derzeit regelmäßig in die OT, 50 bis 100 pro Tag. „Wir können hier Familiengeschichten über viele Jahre verfolgen. Da sind Kinder aus ganz schwierigen Verhältnissen dabei,“ sagt der OT-Leiter. Er kritisiert die „Kurzatmigkeit“ der Projektförderung. Kontinuierliche Arbeit werde immer schwieriger. „Macht doch mal Kultur“ heiße es dann.
„Der benachteiligte Jugendliche ist männlich und Ausländer“,
beschreibt Osinski die Klientel, um die er sich kümmert. In jüngster Zeit seien aber immer mehr Mädchen unter den Besuchern der OT. Bildung sei der Schlüssel, um der sozialen Kontrolle durch oftmals konservative Familien zu entkommen. Ungemütliche Zeiten stehen laut Osinski den Männern unter den OT-Besuchern ins Haus: „Eine Nippeser Hautschulklasse besteht zu 70 Prozent aus Jungen. Die kriegen im Zweifel alle keine Lehrstelle. Die Mädchen sind ehrgeiziger, besser ausgebildet und damit den Jungs weit voraus. Für die bleibt dann nur noch die Rolle als Hausmann.“ Kein Problem: Die OT bietet Kochkurse auch für Jungs.
Foto(s): Rahmann