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Orgeleinweihung mit Uraufführung in der Trinitatiskirche. Neu: Beim Jahresempfang sprach Kölns OB Roters über Möglichkeiten des „Interreligiösen Dialogs durch Musik“

„Drehen Sie sich doch bitte alle einmal um“, forderte Stadtsuperintendent Rolf Domning eindringlich. So sah man eine vollbesetzte Trinitatiskirche, in der alle Gottesdienstbesucherinnen und -besucher mit dem Rücken zum Altar standen und tuschelnd die Eingangsseite der Kirche bestaunten. Grund für diese Umkehrung der Verhältnisse war die Klais-Orgel opus 1643 auf der Empore, die am Sonntag, 24. Januar 2010, mit einem Festgottesdienst eingeweiht wurde. Höhepunkt eines erlesenen musikalischen Programms war die Uraufführung der Auftragskomposition „Trinity – Tripelvariationen (Image)“. „Michael Ostrzyga, der Musikdirektor der Universität zu Köln, hat für diesen besonderen Tag heute eine Orgelkomposition geschrieben“, kündigte Domning zu Beginn des Gottesdienstes an: „Mit der Aufführung seines Werkes wird die Klais-Orgel erstmals in der Trinitatiskirche erklingen“. Gespielt wurde sie zu diesem Anlass von Johannes Geffert, Professor für Orgel und Leiter der Abteilung Evangelische Kirchemusik an der Hochschule für Musik in Köln.

Der Professor für Orgel und Leiter der Abteilung Evangelische Kirchemusik an der Hochschule für Musik in Köln, Johannes Geffert.

„Seit Monaten freue ich mich auf diesen Tag“
Dass die Orgel im Mittelpunkt dieses Gottesdienstes stand, machte Domning auch dadurch deutlich, dass er nicht von der erhöhten Kanzel, sondern einem ebenerdig stehenden Pult aus predigte. „Heute steht die erhöhte Position der Königin der Instrumente zu – der Orgel“, erklärte Domning. Dieses demütige Zurücktreten vor dem Instrument ist gut zu verstehen. 1942 und 1943 wurde der „Protestantische Dom“ von Bomben fast vollständig zerstört. Nach dem Krieg behalf man sich aus finanziellen Erwägungen heraus mit einem Provisorium, einer kleinen Walcker-Orgel mit sieben Registern. Aus der Übergangslösung wurde ein Dauerzustand. Durch den Einbau der Klais-Orgel opus 1643 mit ihren 44 Registern besitzt die Trinitatiskirche nun, nach über 60 Jahren, endlich wieder ein Instrument, das der hervorragenden Akustik des Kirchbaus angemessen ist. „Seit Monaten freue ich mich auf diesen Tag“, betonte Domning dann auch bei der Begrüßung. Die Orgel hatte die Firma Klais ursprünglich für die evangelische Dreifaltigkeitskirche Aachen gebaut. Die Kirche ist zwar derzeit stillgelegt, aber ihr ehemaliger Pfarrer Armin Drack war als Gast bei der Einweihung zugegen und gab in seiner Fürbitte der Wirkungsweise der Orgel wie der sie nutzenden und im Hörgenuss erfreuenden Menschen seine besten Wünsche mit auf den Weg.

Jürgen Roters: „Interreligiöser Dialog über die Musik“
Die neue Orgel veranlasst zu vielen Hoffnungen. Johannes Geffert wünscht sich, dass seine Studierenden der Musikhochschule in der Trinitatiskirche neue Möglichkeiten bekommen, auf der vielseitigen Klais-Orgel zu lernen: „Ich persönlich halte diese Orgel für eine echte, vieseitige Mehrzweck-Orgel, die vielen Stilarten gewachsen ist“, gerät Geffert fast schon ins Schwärmen. Dieser neuen Stimme prognostiziert der Organist einen besonderen Platz in der Kölner Orgellandschaft. „Diese Orgel kann im Konzert der Instrumente der großen katholischen Kirchen dieser Stadt charakteristisch mitspielen“, um dann sofort zu präzisieren: „‚Mitspielen‘ heißt nicht ‚konkurrieren‘, sondern ‚zusammenwirken‘!“
Auf die zusammenführende Wirkung der Orgel hofft dann auch Jürgen Roters, Oberbürgermeister der Stadt Köln. Er richtet seinen Blick hierbei vor allem auf den interreligiösen Dialog. „Musik und Kirchenmusik verbindet auch die Religionen untereinander“, sagte Roters auf dem Jahresempfang des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region und der vier Kölner Kirchenkreises: „Wir wollen den interreligiösen Dialog nicht nur über die Sprache, sondern auch über die Musik führen“.


Jürgen Roters (links) neben Rolf Domning in der Trinitatiskirche beim Jahresempfang 2010



„Höchsterwünschtes Freudenfest“
Dass die Kirche auch ohne Orgel bereits einen wunderbaren Rahmen und Resonanzraum für Musik bietet, bewiesen die Darbietungen, die den ersten Teil des Gottesdienstes begleiteten. Zunächst spielte das Instrumentalensemble mit seiner Solistin Julia Belitz an der Oboe den ersten Satz aus dem Konzert d-Moll von Allessandro Marcello. Gemeinsam mit dem Projektchor Trinitatiskirche, der Solistin Anna Herbst sowie dem Solisten Ulrich Cordes erklang später unter Leitung von Thomas Wegst, dem Kreiskantor des evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, Johann Sebastian Bachs Kantate „Höchsterwünschtes Freudenfest“. Auch sie wurde, wie Domning erklärte, seinerzeit zur Einweihung einer Orgel komponiert. In die Kantate, bei der Kantor Johannes Quack noch an einem kleinen Orgelportativ spielen musste, stimmten am Ende auch die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher mit ein, bevor die Uraufführung der Auftragskomposition von Michael Ostrzyga erklang.

Trinitatis – die „Zahl Drei prägt“
„Bei meiner an den Dreieinigkeitsbegriff angelehnten Komposition kamen mir zunächst Analogien wie zum Beispiel die drei Aggregatszustände des Wassers in den Sinn“, erklärte Ostrzyga nach dem Gottesdienst bei einer kleinen Einführung in sein Werk. Gemeinsam mit Geffert verdeutlichte er, wie er auch Zahlensymbolik in das Werk integriert hat und wo sich im zuweilen sperrigen Stück Motive wiederholen: „Die Zahl Drei prägt Struktur und Form der Komposition. So wiederholen sich oftmals drei Ereignisse. Dreiklänge und Terzverwandtschaften spielen ebenfalls eine Rolle.“ Nach dieser Erklärung kündigten etliche Besucherinnen und Besucher an, die Komposition bei nächster Gelegenheit noch einmal konzentrierter hören zu wollen. Diese Gelegenheit bietet sich noch in diesem Jahr: Zum Abschluss des üppigen Festprogramms spielt Johannes Geffert am 30. Dezember neben anderen Werken auch noch einmal Ostrzygas Stück, mit dem die Klais-Orgel feierlich in Köln eingeweiht wurde.

Das ganze Jahr über: Konzerte, Lesungen, Führungen und vieles mehr
Der Einweihungsgottesdienst war der Beginn für die von Günter A. Menne und Wolf-Rüdiger Spieler konzipierte Veranstaltungsreihe „Trinitatis 2010“ mit ihren mehr als 70 hochkarätigen Angeboten über ein ganzes Jahr: Konzerten, Führungen, Lesungen und vielem mehr.
Das gesamte Festprogramm „Trinitatis 2010“ steht im Internet zum Download bereit unter www.trinitatis-2010.de und ist auch als Broschüre an vielen öffentlichen Stellen in Köln erhältlich, darunter an der Evangelischen Informationsstelle Köln an der Antoniterkirche, Schildergasse 57, Telefon: 0221 / 660 57 20.

Text: Anselm Weyer
Foto(s): Celia Körber-Leupold/Weyer