Natürlich darf ich auch mal wütend auf Gott sein und sicherlich auch mal hadern. Doch, so fragte Pfarrerin Jennifer Scheier in ihrer Predigt anlässlich ihres Ordinationsgottesdienstes in der Bergisch Gladbacher „Kirche Zum Frieden Gottes“: „Will ich mir wirklich meine Zeit mit negativen Gedanken und Gefühlen verderben?“
In ihrer Predigt ging es um Verantwortung um Schuld und darum, dass Gott den Menschen ihre Verantwortung nicht abnimmt, wohl aber die Schuld. Am Beispiel der Geschichte der Brüder Kain und Abel aus dem Buch Genesis verdeutlichte sie, dass es durchaus menschlich ist, zornig auf Gott zu sein, wenn man sich zurückgesetzt fühlt, dass es aber in der eigenen Verantwortung liegt, aus diesen Emotionen wieder herauszufinden. „Wenn wir miteinander im Gespräch bleiben, wenn wir sagen, was uns bewegt und für unser Handeln und unsere Gefühle Verantwortung übernehmen, stellt sich eine Schuldfrage oft gar nicht mehr“, so die Pfarrerin.
„Alles kann ich durch Christus, der mir Kraft und Stärke gibt.“
Wut dürfe sein – in dem klaren Bewusstsein, dass Gott die Menschen auch in diesen Zeiten trägt. Und positiv gedacht: Versuche ich, trotz aller Widrigkeiten das Beste in einer herausfordernden Situation zu entdecken, stärkt mich das. Diesen Gedanken nahm auch der Bibelspruch zur Ordination aus dem Brief an die Philipper auf, den die Theologin sich ausgesucht hatte: „Alles kann ich durch Christus, der mir Kraft und Stärke gibt.“
Die Gemeinschaft vieler
Seit dem Frühjahr 2020 ist Jennifer Scheier als Pfarrerin im Probedienst im Pfarrbezirk Heidkamp/Gronau tätig. Dass der Ordinationsgottesdienst nun erst stattfinden konnte, begründete Superintendentin Andrea Vogel mit den Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie. Umso erfreulicher sei es nun, so viele Gemeindemitglieder in der Kirche zur Ordination von Pfarrerin Scheier begrüßen zu können, so die Superintendentin. Wie sehr Gemeinde und Pfarrerin sich schätzen, hörten die Besucherinnen und Besucher des Gottesdienstes am Votum. Das „Ja, mit Gottes Hilfe“ fiel sowohl von Pfarrerin Scheier als auch von den Gemeindegliedern sehr nachdrücklich aus. Superintendentin Andrea Vogel sprach als Vorbereitung auf den Akt der Segnung davon, dass ein Mensch ein Leben lang wächst, immer neue Erfahrungen macht. „Dazu braucht es eine tragfähige Grundlage. Es gehört der Glaube dazu, der durch Christus gestärkt wird, aber auch die Gemeinschaft vieler.“
Eine Briefaktion, Zoom-Gottesdienste und viele Telefonate setzte sie gegen die Isolation
Mit großer Freude habe Jennifer Scheier in ihrer Tätigkeit als Pfarrerin in den vergangenen 18 Monaten viel ausprobieren können – auch wenn einiges durch die Pandemie ausgebremst wurde oder neu gedacht werden musste, sagte Superintendentin Vogel. Kinder- und Jugendarbeit gestaltete die Pfarrerin ebenso wie Stille Andachten oder Krabbelgottesdienste. Nicht ganz einfach, so berichtet Jennifer Scheier selbst, war es, eine neue Gemeinde in Zeiten der Pandemie kennenzulernen. „Ich habe letztlich das Einzelgespräch gesucht, auch mit den Konfirmanden, und die Menschen so in intensivem Austausch kennengelernt.“ Eine Briefaktion und Zoom-Gottesdienste und viele Telefonate setzte sie außerdem gegen die Isolation. „Aber ich bin ein Mensch, der gerne in Kontakt ist. Insofern war ich damit nicht zur Gänze glücklich“, blickt sie zurück.
Sie wollte Beruf und Glaube in Verbindung bringen
Geboren wurde Jennifer Scheier in Mönchengladbach. Als Jugendliche fand sie durch den Konfirmandenunterricht zum Glauben. „Wir hatten einen sehr authentischen und glaubwürdigen Pfarrer. An ihm habe ich zum ersten Mal erlebt, was Glaube bedeutet.“ Die Pfarrerin fand zum Gebet, spürte, dass Gott in ihrem Leben gegenwärtig ist und beschreibt diese Erfahrung heute als lebensverändernd.
Nach dem Abitur und einem Freiwilligen Sozialen Jahr in einem christlichen Tagungshaus in der Lüneburger Heide, nahm sie 2009 ihr Theologie-Studium auf, denn sie wollte Beruf und Glaube in Verbindung bringen. Studienorte waren Marburg, Berlin, Wuppertal, Bochum und Bonn. Nach dem ersten Examen im Frühjahr 2016, folgten ein Jahr Elternzeit und das Vikariat in der Evangelischen Brückenschlag-Gemeinde Köln Flittard/Stammheim. Nun wird sie ihren Probedienst bis März 2022 in der „Kirche zum Frieden Gottes“ absolvieren. Jennifer Scheier ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Foto(s): Matthias Pohl