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„Ohne die Erfindung des Buchdrucks hätte die Reformation nicht stattfinden können“: Rückblick auf Ausstellung über die Evangelische Bibliothek Köln

2004 übergab der Evangelische Kirchenverband Köln und Region die Evangelische Bibliothek Köln in einer Schenkung an die Universitäts- und Stadtbibliothek Köln. Zum 31. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Köln präsentierte die Universität gemeinsam mit der Kreissparkasse Köln in deren Zentrale am Neumarkt ausgesuchte Objekte aus dem Bestand.

Der wertvolle Buchbestand steht weiterhin einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung
Nach der Begrüßung durch Alexander Wüerst, Vorsitzender des Vorstandes der Kreissparkasse Köln, ergriff Ernst Fey das Wort. „Ohne die Erfindung des Buchdrucks und die damit verbundene Möglichkeit, vielen Menschen Bücher zugänglich zu machen, hätte die Reformation gar nicht stattfinden können“, stellte der Stadtsuperintendent fest. „In der reformatorischen Tradition stehend, war und ist dem Evangelischen Kirchenverband Köln und Region der öffentliche Zugang zu Wissen und Erfahrungen in Form von Büchern immer wichtig gewesen“, so der Pfarrer. „Der Aufbau einer eigenen Bibliothek war da eine nahe liegende Konsequenz.“ Auf rund 70.000 Bücher sei sie in den 147 Jahren ihres Bestehens gewachsen. „Als wissenschaftliche Spezialbibliothek für evangelische Theologie und Randgebiete hat sie über die Grenzen unserer Stadt hinaus einen besonderen Stellenwert erlangt.“ Bei der Schenkung sei dem Kirchenverband wichtig gewesen, dass der wertvolle Buchbestand auch weiterhin einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stehe. Als einen Glücksfall charakterisierte Fey daher dessen Integration in eine der großen deutschen Universitätsbibliotheken. Zudem seien dort Pflege und Ausbau garantiert. Fey, der den Wermutstropfen ob der Aufgabe des Standortes der Bibliothek im Haus der Evangelischen Kirche nicht verhehlte, sprach von einer partnerschaftlichen Lösung. Sie zeige, „dass Kirche und Wissenschaft eine konstruktive Allianz eingehen“. Und angesichts der besonderen Objekte, die hier nun eine Wertschätzung erführen, sei er auch von Stolz erfüllt.

Dank an Dr. Isolde Dumke und deren MItarbeiterinnen
Mit der Übergabe des Bestandes 2004 habe der Evangelische Kirchenverband Köln und Region einen qualitativ bemerkenswerten Beitrag zur Förderung der Studien an der Universität zu Köln geleistet, betonte Professor Dr. Wolfgang Schmitz in seiner Einführung. Seinen Dank münzte der Leitende Direktor der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln ausdrücklich auch auf Dr. Isolde Dumke, seit 1979 Leiterin der Evangelischen Bibliothek in der Kartause, und ihre Mitarbeitenden. 2006 sei dann die Bibliothek der Evangelischen Gemeinde Köln hinzu gekommen, zollte Schmitz auch hierfür Dank.

Handschriftliche Tradition
Innerhalb der Evangelischen Bibliothek mache der historische Bestand nur einen kleinen Teil aus, der größte sei Forschungsliteratur, sagte Schmitz. „Die Bibeln, auch wenn sie verziert sind, haben stets die Botschaft Gottes im Mittelpunkt.“ Der Körper Buch bilde nur die Hülle. Das gelte ebenso für die Werke der Theologen, die die Bibel erklärten. Gegenüber heute habe man früher sehr kleine Auflagen hergestellt, hundert, fünfhundert, vielleicht mal tausend Exemplare. „Die handschriftliche Tradition ist an vielen Stellen erkennbar“, verwies Schmitz auf zunächst noch gemalte figürliche und pflanzliche Darstellungen. Angesichts von damals zehn Prozent Lesefähigen und geringen Auflagenhöhen könne mit der Erfindung des Buchdrucks eine frühe Demokratisierung nicht verbunden werden, meinte Schmitz. Gleiches habe für die Preise gegolten. „Selbst günstige Bücher waren für den Großteil der Bevölkerung wenig erschwinglich. Sie verschlangen den Jahreslohn einer Magd.“ Dies habe sich erst im 19. Jahrhundert geändert, mit Einführung der Schulpflicht sowie den technischen Innovationen, die ganz andere Auflagen ermöglichten.

„Bücher haben Geschichte und spiegeln Geschichte“
Für den frühen Bruchdruck müsse man sich von der Vorstellung einer uniformen Auflage verabschieden. Immer wieder seien Korrekturen eingeflossen und Texte ergänzt worden. „Damals wurden die Bücher geheftet“, so Schmitz. „Das Binden oblag dem Käufer.“ Durch die Beauftragung unterschiedlicher Werkstätten erkläre sich das individuelle Gepräge der kunstvollen Einbände. Mit dem Buchdruck habe auch bei der Obrigkeit unerwünschte Literatur schnell verbreitet werden können, ging Schmitz auf die zunehmende Bedeutung der Zensur ein. Sie habe versucht, „schädliche“ Literatur zu verhindern, Auflagen zu stornieren.
Universitätsbibliotheken seien auch Buchmuseen, meinte Schmitz angesichts tausender ehrwürdiger Schätze. „Bücher haben Geschichte und spiegeln Geschichte“, verwies er auf die aussagekräftigen Buchkennzeichen, Herkunfts- und Nutzereinträge, Einträge über familiäre Ereignisse oder handschriftliche Kommentare.

Großzügige Geschenke
Mit der Ausstellung danke man für die großzügigen Geschenke, für die Evangelische Bibliothek Köln sowie Bibliothek der Evangelischen Gemeinde Köln. Gleichzeitig wollten die Unibibliothek und Kreissparkasse mit der Präsentation das herausragende evangelische Ereignis in Köln, den Kirchentag, ehren.
Abschließend wandte sich Schmitz an Fey, stellvertretend für die Evangelischen im Kirchenverband: „Ihrer Bibliothek und Ihren Büchern wird bei uns der höchste Genuss zuteil, der Büchern zuteil werden kann, sie werden genutzt.“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich