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Ökumenischer Gottesdienst mit Pfingstfeuer in Köln-Bayenthal

Es dämmerte bereits leicht, als sich die rund fünfzig Teilnehmerinnen und -teilnehmer im Park an der Reformationskirche um das lodernde Feuer versammelten. Im benachbarten Martin-Luther-Haus hatten sie den traditionell vor dem Geburtsfest der Kirche stattfindenden ökumenischen Pfingstfeuer-Gottesdienst der Evangelische Kirchengemeinde Köln-Bayenthal und der Pfarreiengemeinschaft „Köln – Am Südkreuz“ begonnen. Unter freiem Himmel, in grünem Ambiente und mit Blick auf die Flammen beschlossen sie ihn mit Fürbitten, Vaterunser, Segen und dem Lied „Vertraut den neuen Wegen“. Danach genossen die meisten Gäste Gespräche, Gegrilltes und Getränke im Kirchpark.

 

„Liebe ökumenische Pfingstgemeinde“, begrüßte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Bayenthal, im großen Saal des Gemeindehauses. Gemeinsam mit ihm fungierte als Liturg Andreas Brocke, Leitender Pfarrer des katholischen Pfarreienverbundes „Köln – Am Südkreuz“. Diakon Jens Freiwald, im katholischen Stadtdekanat Köln zuständig für die Ökumene und den Interreligiösen Dialog, hielt die Predigt. Den Gottesdienst feierten wir auf Einladung des ökumenischen Arbeitskreises der beiden Gemeinden, informierte Seiger. Und man feiere ihn im Martin-Luther-Haus, weil das Dach der Reformationskirche bis November saniert werde. „Wir sind dabei, uns an diesen Raum als Gottesdienstraum zu gewöhnen“, stellte er hoffnungsvoll fest.

 

Das Gemeindehaus habe bereits nach dem Zweiten Weltkrieg bis zur Wiedereinweihung der Reformationskirche 1961 als Predigtstätte gedient. Seiger zeigte eine schöne Verbindung zwischen den beiden Gebäuden auf: Hier wie dort blickten wir auf großartige Glasfenster von Eugen Keller. Seigers besonderer Dank galt Thomas Jung. Der Kantor der Evangelische Kirchengemeinde Wesseling war kurzfristig eingesprungen, um am Flügel den breiten musikalischen Part zu übernehmen. Die Kollekte, warb Brocke, sei für die Unterstützung von Hilfslieferungen in die Ukraine bestimmt, insbesondere für medizinisches Material, etwa Inkubatoren für Säuglingsstationen.

 

Seiner Predigt zu Matthäus 5,1-12 (Bergpredigt) schickte Jens Freiwald voraus, dass er als Ökumenebeauftragter im Stadtdekanat Köln in diesem ökumenischen Gottesdienst auch über Ökumene reden wolle. Die Bergpredigt charakterisierte er als beispielhaft sowohl für die Heilszusage als auch für die Weisung Jesu, die uns als Christinnen und Christen besonders verpflichte. Deshalb stehe sie auch dafür, „nach welchen Kriterien wir, vielleicht heute mehr denn je, unsere ökumenischen Bemühungen ausrichten sollten“. Freiwald stellte fest, dass wir unter uns Kirchen offenbar ein Stadium einer Einheit in versöhnter Verschiedenheit erreicht hätten. Dennoch beklagten wir bei ökumenischen Anlässen immer wieder die Spaltung der Christenheit. Denn diese widerspreche dem Gebot Jesu, dass alle eins seien.

 

„Müssen wir also nicht um unser aller Glaubwürdigkeit willen alle verbliebenen Unterschiede überwinden und eine wirklich sichtbare Einheit der Kirchen anstreben“, fragte der Diakon in den Raum. Denn eine Einheit in versöhnter Verschiedenheit sieht er auch bei uns noch nicht vollständig erreicht. Gleichwohl erteilte er einer alternativen sichtbaren und auch institutionellen Einheit eine entschiedene Absage. „Denn es gab eine solche sichtbare Einheit nie.“ Zudem entspreche sie auch nicht dem Wesen unserer Religionen und unseres Glaubens. Dass Vielfalt schon zu den Ursprüngen des Christentums gehört habe, belegte er mit der Existenz von vier Evangelien mit jeweiligen theologischen Schwerpunkten. Selbst innerhalb der Kirchen und Konfessionen würden heute schnell Grenzen einer sichtbaren Einheit erkennbar. „Vielfalt gab es schon immer und Vielfalt gibt es auch heute.“

 

„Das sichtbare Leitbild einer Einheit im Sinne einer einheitlichen Erscheinungsform von Kirche ist eine Vorstellung, die der historischen und theologischen Vielfalt christlichen Glaubens nicht gerecht wird“, erklärte Freiwald. Es sei zu fragen, worin denn eine Einheit in der Vielfalt liegen könne, die der Glaubwürdigkeit unserer Verkündigung nicht schade und damit der Weisung Jesu gerecht werde. Er schlug vor, nicht das Trennende, sondern die bereits bestehende Einheit der Christinnen und Christen als Ausgangspunkt aller ökumenischen Überlegungen zu nutzen. „Vereint sind wir durch die Taufe in der einen Kirche Jesu Christi. Gemeinsam glauben wir daran, dass Jesus für die gesamte Menschheit sein Leben am Kreuz hingegeben und uns durch seine Auferstehung die Hoffnung geschenkt hat, dass uns selbst der Tod nicht von Gottes Liebe trennen kann.“ Unsere Kirchen hätten gemeinsam vor allem die Aufgabe, die Erlösungstat Christi durch das Zeugnis der Liebe und der Selbsthingabe bekannt zu machen.

 

Wir lebten in einer alles andere als heilen Welt. Daher existierten leider Gründe genug dafür, als Christinnen und Christen die sich verschenkende Liebe Gottes zu bezeugen. Der Diakon appellierte, dass sie im Einsatz für eine bessere Welt, im Großen und im Kleinen, tatsächlich sichtbar vereint sein sollten. „Der gemeinsame Auftrag für diese Welt sollte der Maßstab sein, an dem sich die Einheit unserer Kirchen auszurichten hat, damit wir in den Augen der Welt tatsächlich glaubwürdig sind.“ Freiwald forderte Kriterien dafür, „wie wir zu unseren Prioritäten und Entscheidungen für unser christliches Engagement kommen“. In diesem Zusammenhang legte er den Fokus auf die Bergpredigt. Sie stehe sowohl für die Heilszusage als auch für die Weisung Jesu. Dieser preise selig unter anderem die, die Frieden stiften, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit. Ebenso die Sanftmütigen und Barmherzigen, die Verschmähten und Verfolgten. Jesus spreche alle an, denen es um Gottes Reich gehe. Und er schließe niemanden aus. Auf diese Weise stifte er Einheit unter den Menschen und Einheit mit Gott. Alles Trennende müsse sich vor dessen Wort und Willen verantworten.

 

Freiwald plädierte „für den Primat der Herausforderung unserer Zeit. Für den Primat unseres Auftrags für diese Welt als Ausgangspunkt auf dem Weg zu einer versöhnten Einheit in der Vielfalt der Kirchen.“ Das erfordere, die Zeichen der Zeit im Lichte der Bergpredigt und der ganzen frohen Botschaft richtig zu deuten. Für ihn bleibt es bedeutsam, „auch auf der theologischen Ebene weiter am gegenseitigen Verständnis zu arbeiten“. Wenn wir unsere gegenwärtigen Herausforderungen und unserer unterschiedlichen konfessionellen Perspektiven ernst nähmen, befänden wir uns laut Freiwald auf einem guten Weg zu einer vertieften Einheit in einer wirklich versöhnten Verschiedenheit. Die Vielfalt theologischer, spiritueller und liturgischer Sichtweisen und Ausdrucksformen müsse unter dem Leitbild einer vertieften Einheit in Vielfalt auch nicht leiden, meinte Freiwald. Eine solche Vielfalt könne sogar viel unvoreingenommener als ein Schatz betrachtet werden, an dem wir uns gegenseitig bereichern könnten. Denn wir müssten keine Angst mehr vor Vereinnahmung von anderen haben, versicherte der Diakon.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich