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Oekumenische Choralschola singt seit 15 Jahren in Köln

In diesem Jahr feiert die Oekumenische Choralschola Köln ihr 15-jähriges Bestehen. Angesiedelt ist das Ensemble an der evangelischen Antonitercitykirche. Dort gestalten die Sängerinnen und Sänger jährlich bis zu acht Gottesdienste. Zuletzt ließen sechs der acht Mitglieder gregorianischen Gesang im von Pfarrer Markus Herzberg geleiteten Abendmahlsgottesdienst am Geburtstag von Johannes dem Täufer erklingen. In Corona-bedingt gebührendem Abstand zueinander sangen sie „stellvertretend“ für die Gemeinde, wie Herzberg in seiner Begrüßung der vierzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer formulierte.

Seit vielen Jahren leitet Manfred Loevenich die Choralschola. Im Gottesdienst, so Loevenich, „eröffnen die über tausend Jahre alten Gesänge einen geistlich-sinnlichen Erfahrungsraum, in dem die Freude an der Begegnung mit Gott hörbar wird, in dem Gott selbst uns seine Nähe erleben lässt – auf unmittelbar berührende Weise, tief, geheimnisvoll, fremd und vertraut – ´nicht von dieser Welt´“. Die Leitung der Schola ist für ihn mehr als nur eine musikalische oder pädagogische Herausforderung: „Das gemeinsame Erarbeiten von Gesängen, die Gestalt angenommen haben aus der Lebenserfahrung und dem Gebet von Menschen, die mehr als tausend Jahre vor uns gelebt haben, transportiert etwas über Jahrhunderte in unsere Zeit, das in meinen Augen absolut unbezahlbar ist.“

Ins Leben gerufen und vier Jahre geleitet hat die Schola 2005 der damalige Citykirchenpfarrer Dr. Bertold Höcker. Höcker ist seit 2009 Superintendent des Kirchenkreises Berlin Stadtmitte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Er entdeckte früh sein großes Interesse an der Kirchenmusik und speziell an der Gregorianik. Er ist ausgebildeter Orgelbauer, studierte Kirchenmusik und war als Organist tätig. Außerdem lehrte er an der Musikhochschule in Lübeck Evangelische Liturgik und Gregorianischen Choral. Im Fach Theologie promovierte Höcker über das Thema „Gregorianischer Choral im lutherischen Gottesdienst“.

„Der Gregorianische Choral gibt dem biblischen Wort einen Klangleib“, so Höcker. „Diese Musik geht die innigste Verbindung mit den Inhalten des Wortes Gottes ein. Daher war es für mich Ausdruck protestantischer Identität, mit der Hochschätzung des Wortes Gottes Gregorianischen Choral auch in der Antoniterkirche zu Gehör zu bringen“, erläutert er seine Motivation zur Errichtung der Schola. „Das Musizieren und Hören geistlicher Musik schafft Zugang zu biblischen Texten und Themen“, stellt er grundsätzlich fest. Sie lasse Ausführenden wie Hörenden Freiraum zur persönlichen Aneignung. „Damit trauen wir in evangelischen Gottesdiensten der Musik eine gemeinschaftsstiftende Funktion zu, die durch Sprechakte Einzelner so kaum erreicht wird.“

Der Gregorianische Choral begleite ihn schon sein ganzes Leben, berichtet Schola-Mitglied Daniel Rösler, Pfarrer der Evangelischen Gemeinde Köln-Brück-Merheim. Diese Musik habe ihn die Liturgie der Benediktiner gelehrt, zum Studium nach Rom geführt und staunend erfahren lassen, dass es für die frohe Botschaft Gottes nur wenige Worte brauche. „Worte, die am besten auswendig gesungen werden können, damit sie inwendig gebetet werden“, sagt Rösler, der von 2009 bis 2011 Leiter der Schola war. In dieser Weise sei der Gregorianische Choral als gesungenes Bibelwort in seiner Theologie aus Wort, Ton und Neumenzeichen deutungsoffen. Er lade ein, ohne eine Botschaft festzuschreiben. „Er verlangt jedoch von mir eine innere Haltung zu dem, was er mir über die Heilsvergangenheit, Heilsgegenwart und Heilszukunft Gottes singend verkündigt“, sagt der Theologe weiter. „Überzeitlich geradezu, und darin ein Abbild der Fülle Gottes für unsere Welt, die mich immer wieder nährt und mein Leben beschenkt.“

Seit vielen Jahren gehört Rösler zur „Restitutionsgruppe“ der Internationalen Gesellschaft für Studien des Gregorianischen Chorals (AISCGre). Sie widmet sich der Aufgabe der authentischen Wiederherstellung der mittelalterlichen Melodien. „Damit fließen neueste Erkenntnisse zur melodischen Interpretation der Gesänge auch in das gemeinsame Singen unserer Kölner Schola ein“, betont Loevenich. „Trotz seiner vermeintlichen Einfachheit wohnen dem Gregorianischen Choral eine außerordentliche spirituelle Tiefe und Energie inne“, berichtet Schola-Mitglied Carolin Wildgrube. „Eine transzendente Kraft, die mich immer wieder durchströmt, in meinem Innersten berührt und mich in die Gegenwart Gottes stellt.“ Die Kraft dieses gesungenen Gebetes entspringe einem umfassenden Verbunden-Sein – zunächst dem Verbunden-Sein „innerhalb der Oekumenischen Choralschola Köln, wo wir in all unserer Unterschiedlichkeit und Vielfalt von Lebens- und Glaubensgeschichten zusammenfinden und zur Ehre Gottes unsere Stimmen vereinen“. Und letztlich, so Wildgrube, „dem Verbunden-Sein mit der Quelle beziehungsweise dem Rückgebunden-Sein an sie, an den dreieinen Gott, den Vater, Sohn und Heiligen Geist“.

Die Schola probt in der Regel donnerstags von 18 bis 20 Uhr. Interessierte Sänger und Sängerinnen können Manfred Loevenich unter kontakt@antonitercitykirche.de kontaktieren.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich