Begegnungsstätten und Anlaufstellen für Menschen unterschiedlicher Altersstufen gibt es etliche in Köln. Welche überragende Bedeutung das einst von evangelischer Seite initiierte Café Bickolo für den Stadtteil Bickendorf hat, wurde einmal mehr deutlich auf dem bunten und von allen Generationen stark besuchten Jubiläumsfest zu dessen 30-jährigem Bestehen. Aus dem Westend-Viertel sei es nicht mehr wegzudenken, so die einhellige Meinung der Gratulanten. Das empfinden die jungen und älteren Menschen in der Nachbarschaft schon lange. Selbstredend auch diejenigen, die sich ehren- oder hauptamtlich in der Ökumenischen Begegnungsstätte Café Bickolo e.V. engagieren.
„Die Stärke des Stadtteilzentrums besteht darin, dass unsere Angebote für Kinder und Jugendliche, Familien, Frauen, Senioren und Menschen mit Fluchtgeschichte allen im Stadtteil offenstehen und durch die Schwerpunkte Begegnung, Bildung, Beratung, Freizeit und Kultur gekennzeichnet sind“, fasste Gudrun Alles in einem Interview die Arbeitsbereiche der Einrichtung sehr knapp zusammen. Die Diplom-Sozialpädagogin ist seit Anfang 2009 Geschäftsführerin des Trägervereins und Leiterin der Begegnungsstätte.
Bevor im Bickolo und auf dem Clemens-Hastrich-Platz gemeinsam gegessen und getrunken, gespielt, der Live-Musik gelauscht und sich ausgetauscht wurde, stand ein Festakt an. Diesen moderierte der katholische Diakon Tobias Wiegelmann angenehm wach und klar strukturiert. Er kündigte Grußworte aus der Politik an. Zudem sprach er mit Menschen, „die Verantwortung im Café übernommen haben“. Die Ehrenamtlichen bat er ausdrücklich, ihre Tätigkeiten ruhen zu lassen, um „dabei zu sein, denn es geht vor allem um euch“.
Grußworte aus der Politik
„Das Café ist gut für Bickendorf und ist insofern auch gut für ganz Köln. Einrichtungen wie Ihre haben eine hohe Bedeutung“, übermittelte Bürgermeisterin Brigitta von Bülow (Grüne) Grüße von Oberbürgermeisterin Henriette Reker, Rat und Verwaltung der Stadt Köln. „Sie schaffen es, für alle Menschen vor Ort da zu sein. Seit dreißig Jahren tragen sie zur Entwicklung des Veedels bei.“ Das Café sei zu einem festen Bestandteil Bickendorfs geworden. Von Bülow „findet großartig“, was hier alles laufe. Das Bickolo sorge mit seinen zahlreichen Angeboten für ein positives Miteinander. Mit ihnen hole es die Menschen vor Ort ab. Auf dieses Weise strahle das Café weit über die Nachbarschaft hinaus und sorge „für eine richtig gute Stimmung“. Besuchende spiegelten die ganze Vielfalt des Viertels wider.
Jede und jeder finde hier vertrauenswürdige Ansprechpartner. „Kein Problem ist zu klein, keines zu groß, das nicht ein offenes Ohr findet oder auf Hilfe stößt.“ Das Bickolo stehe für Offenheit, Toleranz, Gemeinschaft und Unterstützung. „Und das wird hier gelebt“, hob von Bülow hervor. Die Stadt Köln wisse um die Bedeutung dieser Arbeit. Von Bülow nannte das Café eng mit der Kommune verbunden. Es sei eingebunden etwa in Programme und Kooperationen mit Netzwerken der Stadt.
„Zentrum dieser Nachbarschaft“
Auch Volker Spelthann war voll des Lobes für die Akteure, Angebote und Aktivitäten des Bickolo. In beeindruckender Weise werde hier immer wieder Neues auf die Beine gestellt, so der Bürgermeister des Stadtbezirks Ehrenfeld. Hier würden eigenständig Probleme gelöst und bei Bedarf Unterstützung für das Veedel organisiert. Er bezeichnete das als etwas ganz Besonderes: „Weil so vereint gelingt, die gemeinsamen Interessen der Menschen vor Ort mit Nachdruck über Bezirk oder Rat in die Verwaltung oder die Stadtgesellschaft hinein zu kommunizieren.“ Etwas Außergewöhnliches sei es auch deshalb, „weil es so gelingt, die ganz besondere Nachbarschaft hier zu aktivieren“.
Man treffe in diesem Veedel auf so viele starke Menschen, die sich für andere einsetzten, würdigte Spelthann. „Das Café hat sich zum Zentrum dieser Nachbarschaft entwickelt“, dankte der Bezirksbürgermeister für die unermüdliche Arbeit. Das Bickolo bezeichnete er als einen „reichen Schatz“. Denn dieser Ort bilde für viele, gerade junge Menschen einen wichtigen Anker, ein lebendiges Zuhause in einem ohnehin lebendigen Veedel.
Anschließend bat Wiegelmann Pfarrer Torsten Sommerfeld aus der Evangelischen Kirchengemeinde Ehrenfeld und Ute Freisinger-Hahn, Pastoralreferentin der Katholischen Kirchengemeinde Bickendorf-Ossendorf und Leiterin des dortigen katholischen Familienzentrums, ans Mikrofon. „Ihr zwei seid aus gutem Grund hier vorne. Ihr beide spielt im Vorstand des Trägervereins des Bickolo eine Rolle.“ Sommerfeld bekleidet seit 2023 den Vorstandsvorsitz. Freisinger-Hahn fungiert seit 2024 als Stellvertreterin.
Segensreiche Arbeit für den Stadtteil
„Ich bin heute sehr, sehr erfüllt von Dankbarkeit und auch von Stolz“, antwortete Sommerfeld auf des Moderators Frage, was beide mit dem 30-jährigen Bestehen in Verbindung brächten. Dankbar, so der Pfarrer, dass dieses wahrlich nicht große und nicht über viele Ressourcen verfügende Café nach wie vor existiere und so eine sinnvolle, segensreiche Arbeit für den Stadtteil und die Menschen leiste. Möglich sei das nur, „weil sich hier viele, viele Menschen engagieren“. Das mache ihn stolz und glücklich, verwies er auf die Geschäftsführerin Alles und alle die Menschen, die hier im Café arbeiteten oder es anderweitig unterstützten.
„Dir Tür ist auf, du kannst einfach reingehen. Das ist der besondere Charme, der das Café für mich auch so liebenswert macht. Es ist zudem ganz niederschwellig.“ Es gebe tatsächlich keine Stufe. Jeder der kommt sei, „wie er oder sie ist, einfach willkommen“. Auch diese Einrichtung benötige eine tragende Organisation. „Hier ist es der 2008 gegründete Verein Ökumenische Begegnungsstätte Café Bickolo e.V. Wir kümmern uns gemeinsam mit Gudrun Alles darum, dass der Laden läuft, die Finanzen stimmen“, erläuterte Sommerfeld. Besprochen würden auch Strategien für den weiteren Weg. Und es gehe darum, welche Veranstaltungen man organisieren wolle: „Beispielsweise planen wir alle dreißig Jahre ein großes Jubiläum.“
„Ein Kirchort ohne Kirchturm“
Vor genau fünf Jahren habe sie hier ihre ersten Termine als neue Pastoralreferentin gehabt, erinnerte Freisinger-Hahn. Der damalige Pfarrer Klaus Kugler habe zu ihr gesagt: „Geh da mal hin, das ist wichtig.“ Auf dem Weg habe sie hier eine Vielfalt an Menschen, unterschiedlichen Kulturen und einfach an Eindrücken wahrgenommen. „Die letzten Jahre habe ich gemerkt, das sind hier wirklich ganz offene Menschen, egal welcher Herkunft, Religion oder Kultur. Mir wird immer gesagt, komm her und setz dich mit einem Kaffee dazu. Das macht den Charme hier aus.“ Mittlerweile sei sie im Bereich für Familien zur Einladenden geworden. „Ich finde es ganz wichtig, hier zu sein und auch mal was Besonderes zu gestalten.“ Dafür stehe das Café auch. „Im Alltag für die Menschen da zu sein“, das beeindruckt Freisinger-Hahn am Bickolo. Die Theologin in ihr sage: „Das ist wie ein Kirchort ohne Kirchturm.“ Einfach ein Ort, an dem man sich begegnen könne, an dem Gemeinschaft sei.
Erste Eindrücke
„Wie war der erste Eindruck vom Café?“, erkundigte sich der Moderator weiter. „1998 war das. Da gab es das Bickolo noch gar nicht so lange“, erinnert Sommerfeld. „Das war vier Jahre zuvor gegründet worden, als hier die roten Häuser entstanden sind und der evangelische Pfarrer Stephan Schmidtlein eine geniale Idee hatte: Wir brauchen hier nicht nur Läden und Praxen, wir brauchen auch einen Ort der Begegnung.“ Damals habe Schmidtlein gemeinsam mit Ehrenamtlichen auch aus der (2024 mit der Evangelischen Kirchengemeinde Ehrenfeld fusionierten) Evangelischen Kirchengemeinde Bickendorf die Idee des Café Bickolo entwickelt und das Projekt auf die Beine gestellt.
Seit 1998 habe er mit gemeinsam mit Pfarrerin Uta Walger einige Jahre das Café geleitet. „Ich bis 2001, Uta bis 2004, die Nachfolgerin war Pfarrerin Reinhild Widdig“, so Sommerfeld. „Das war damals vom Grundgedanken sehr ökumenisch, katholisch-evangelisch verbunden. Aber Personal und Finanzen kamen eher von der evangelischen Seite“, betonte der Pfarrer. Schön findet er nach all den Jahren, dass Menschen, die er damals kennengelernt habe, bis heute dem Café treu verbunden seien. „Das ist schon etwas ganz Besonderes.“
Freisinger-Hahns erster Eindruck „war ein genauso voller Platz wie jetzt“. Heute kenne sie ganz viele Gesichter, aber bei weitem nicht alle.
Wünsche für die nächsten dreißig Jahre
Auf Wiegelmanns Frage, was man in der Vergangenheit im Café Bickolo super gefunden habe und diesem für die nächsten drei Jahrzehnte wünsche, entgegnete Sommerfeld: „Dass beim nächsten Jubiläum eine Bürgermeisterin hier steht und sagt, es habe sich gelohnt, dieses Café sechzig Jahre lang so intensiv zu fördern. Und nicht nur die Stadt Köln.“ Seit Beginn habe die Einrichtung ihre Arbeit eigentlich nur in Zusammenarbeit mit anderen leisten können, mit Unterstützung Dritter. In den ersten Jahren sei der Arbeitskreis Westend ein prägendes Element gewesen. „Die Kooperation mit anderen Einrichtungen im Stadtteil und mit städtischen Ämtern sowie die Unterstützung durch die Kirchengemeinden, alles das war immer enorm wichtig.“
Für die Zukunft wünsche er sich weiterhin „sehr viele Menschen, die sagen: Wir machen mit, wir tragen das mit, helfen mit hier vor Ort. Menschen, die hier Angebote machen, die ehrenamtlich unterstützen, genauso wie Institutionen und Organisationen. Dass wir als Stadt sagen, uns ist dieses Café wichtig und wir unterstützen es weiterhin“, so Sommerfeld.
Ute Freisinger-Hahn wünscht dem Bickolo, „dass in dreißig Jahren hier die heutigen Kinder als Erwachsene sitzen, mit den eigenen Kindern“. Und überhaupt: Stets sollten alle Voraussetzungen für den Fortbestand der Einrichtung gegeben sein. Das betreffe einerseits die Menschen im Veedel, die sich hier haupt- und ehrenamtlich engagierten. Andererseits die zur Verfügung stehenden Mittel für alles, was gebraucht werde.
Foto-Wanderausstellung „Kleines Café mit großer Wirkung“
Zuletzt bat der Moderator Gudrun Alles nach vorne. Die Diplom-Sozialpädagogin verwies zunächst auf die zum Jubiläumsfest realisierte Foto-Wanderausstellung „Kleines Café mit großer Wirkung“. Angesichts der Vielzahl der Aufnahmen nannte sie die Auswahl einen schwierigen Prozess. Gegliedert sei die Präsentation in verschiedene Themen, beispielsweise die „Förderung von Kindern und Jugendlichen“. Bei der Sortierung der Fotos sei ihr aufgefallen, dass viele in jede Rubrik passen würden.
„Hier sind alle Menschen aus dem Viertel willkommen“
Alles erinnerte an Grundprinzipien der Arbeit im Café Bickolo. Wesentlich sei, dass „hier alle Menschen aus dem Viertel willkommen sind“. Aus Erzählungen wisse sie, dass früher bereits Länderabende stattgefunden hätten, bei denen Nachbarn aus verschiedenen Kulturen Dias gezeigt und landestypische Speisen zubereitet hätten. „Das ist bis heute geblieben, obwohl unsere Ressourcen nicht sehr groß sind.“ Am Anfang ihrer Tätigkeit habe sie sich gegen die Bezeichnung Café gewehrt. „Wir sind ein Café, aber mittlerweile eigentlich ein Stadtteilzentrum.“ Zahlreiche offene Angebote würden ergänzt um aufsuchende Hilfen, ein breites Angebot auch in den Stadtteil hinein.
Kein Bickolo ohne zahlreiche Ehrenamtliche, Finanzierung und Kooperation
Zwar sei die Zahl der Hauptamtlichen nicht sehr hoch. „Aber wir haben hier wahnsinnig viele Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Das ist eine große Hilfe, ebenso wie die Honorarkräfte, die ganz lange hier sind. Insgesamt haben wir tolle Nachbarn hier am Platz.“ Alles wies darauf hin, dass ohne Finanzierung und Kooperation „unsere Arbeit nicht möglich“ sei. Seit vielen Jahren werde man mit einem verlässlichen Betrag jeweils von der evangelischen und katholischen Kirchengemeinde finanziert. Die GAG Immobilien AG stelle dem Bickolo Räume zur Verfügung und helfe in der Projektarbeit. Insgesamt nannte Alles eine Vielzahl von Einrichtungen und Organisationen, von freien Trägern sowie städtischen Ämtern und Fachdiensten, mit denen man eine tolle Partnerschaft pflege. Schließlich bat Alles wertschätzend alle Anwesenden, „die schon mal hier gearbeitet haben“, auf die „Bühne“.
Bevor das Buffet eröffnet wurde, das musikalische Begleitprogramm startete und ein buntes Miteinander den Platz und die Umgebung erfüllte, dankte Vorstandsmitglied Sylvia Steinhauer-Lisicki im Namen des Trägervereins Gudrun Alles herzlich auch mit einem üppigen Blumenstrauß: „Du bist seit 15 Jahren hier. Du hast so vieles auf die Beine gestellt und das Bickolo zu dem gemacht, was es jetzt ist.“
Foto(s): Engelbert Broich