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Oase – der andere Gottesdienst in der Refrather Kirche am Vürfels

Oase – wer verbindet diesen Begriff nicht mit Wüsteninsel, Wasserstelle, allgemein mit einer Zufluchtsstätte? „Oase“, so heißt auch der regelmäßige andere Gottesdienst in der Refrather Kirche am Vürfels (Vürfels 26). Nach seiner Premiere im Januar 2005, findet „der Gottesdienst, den die Gemeinde für die Gemeinde macht“, am 4. Advent (18. Dezember, 11 Uhr) zum vierten Mal statt.


Ein Ort zum Auftanken und Ausruhen
„Der Titel ´Oase´ ist kein Zufall“, erklärt Pfarrer Wolfgang Pöttgen. „Er hängt ein bisschen zusammen mit dem Leitbild des Gemeindebezirks, in dem von Kirche als ´einem Ort zum Auftanken und Ausruhen´ die Rede ist.“ Als Pöttgen 1986 sein Amt im Bezirk Vürfels der Evangelischen Kirchengemeinde Bensberg antrat, bestand hier bereits eine zusätzliche, (etwas) andere Gottesdienst-Form. Der Samstagabend-Termin, 18 Uhr, konnte sich aber auf Dauer nicht durchsetzen. „Die Konkurrenz, etwa die ARD-Sportschau, war mächtiger. Am Ende zählten wir gerade noch zwanzig Besucher“, blickt Pöttgen zurück. Die Konsequenz: Man ließ das erste alternative Angebot auslaufen. Nach einer kurzen Unterbrechung starteten die Refrather einen Wiederbelebungsversuch. Nun wurden einmal monatlich, jeweils Sonntagabends, Gottesdienste zu bestimmten Themen gehalten. Konzipiert wurden sie von einer kleinen Gemeindegruppe. „Am Anfang – alles war neu – gab es eine gute Resonanz“, erinnert Pöttgen. „Aber irgendwie war das auch nicht das Richtige. Der Besucherkreis blieb überschaubar. Aufwand und Ergebnis standen in keinem Verhältnis.“ So wurde auch dieses Unternehmen eingestellt. Das war 2004. Doch die Idee eines anderen, lebendigen Gottesdienstes existierte weiter.

Für Menschen, die „ihren Glauben neu ausdrücken wollen“
So fanden sich aus dem früheren Vorbereitungskreis zehn Ehren- und Hauptamtliche der Gemeinde zusammen. Sie bilden seither, ergänzt um einige Musiker und andere Interessierte, das „Oase“-Team. „Es geht vor allem darum, Menschen anzusprechen, die mit dem traditionellen Gottesdienst wenig oder nichts anfangen können, die etwa die Orgel als Element der Tradition empfinden“, so Pöttgen. Dabei gehe es nicht vordringlich um Kirchenferne. „Wir möchten Menschen erreichen, die irgendwo noch eine Affinität zur Gemeinde haben, die eine Vergewisserung in ihrem Glauben suchen“, betont der Pfarrer. Der Oasengottesdienst wende sich an Menschen, „deren Glaube und Bild von Gott sich verändert haben, und die ihren Glauben neu ausdrücken wollen“. Auch an Menschen, die neue, moderne Lieder bevorzugen, die meditative Phasen und Symbole schätzen.

„Wir investieren viel Zeit“
War der frühere Sonntagabend-Gottesdienst noch mit Orgel und teils Gitarre gestaltet, verzichtet man nun bewusst auf die Orgel. Zudem ist die Zahl der Musikern erhöht worden. Es gibt nun eine extra zu diesem Zweck gebildete kleine Instrumentalgruppe, die besetzt ist mit Klavier, Geige, Gitarre und Saxophon. Der Aufwand für die ein Mal im Quartal stattfindenden Oasengottesdienste sei weitaus höher, als für die häufiger angebotenen Vorgänger, so Pöttgen. „Wir investieren viel mehr Zeit. Jedem Gottesdienst gehen mindestens acht Treffen in der großen Gruppe oder in Kleingruppen voraus.“ Dabei gehe es um die Themenfindung, die Auswahl der dazu passenden biblischen Texte, Musikstücke und Ausstattung. Letztlich um Inhalt und Ablauf. In der Regel beginnt ein Oasengottesdienst mit einem Anspiel oder einer Bildbetrachtung. Er enthält stille Momente, Musik zum Mitsingen und Zuhören. Eine Predigt im herkömmlichen Sinn gibt es eher nicht. Und der Pfarrer, der sich als einer unter vielen Mitwirkenden versteht, trägt auch keinen Talar. „Ich bringe mich mit ein. Bin aber nicht der, der die Hauptlast trägt“, verdeutlicht der Theologe. So übernahm er beim dritten „Oase“-Gottesdienst zum Thema „Hauptsache: Gesund!?“, in dem der Kirchenraum beispielsweise mit Röntgenbildern, Gipsbeinen und Verbandsmaterial dekoriert war, lediglich die Begrüßung. Gleichwohl sieht er sich in der Vorbereitung in der Rolle des Moderators, der darauf achtet, „dass wir am Thema dranbleiben und die Richtung nicht verlieren“.
„Wir zählen regelmäßig siebzig Besuchende“, ist Pöttgen über das große Interesse erfreut. „Das entspricht etwa der Besucherzahl unseres normalen sonntäglichen Gottesdienstes.“ Leider sei es bislang nicht gelungen, neben den regelmäßigen Kirchgängern und den in der Gemeinde Engagierten andere Personen anzusprechen, bedauert Pöttgen. „Wir begrüßen in der Regel diejenigen, die auch sonst den Gottesdienst besuchen und/oder in Gemeindegruppen aktiv sind. Es ist nicht so, dass wir uns völlig andere Kreise erschlossen hätten. Vielleicht hängt dies auch zusammen mit unserer schlechten Werbung.“

Viel Herzblut und viel Arbeit
Zur Zeit sind die Mitarbeitenden im „Oase“-Team zwischen vierzig und sechzig Jahre alt. Eine Person ist über achtzig. Allein die im Gottesdienst auftretenden Musiker senken den Altersdurchschnitt. „Wir hoffen, dass sich das noch weiter öffnet. Ein Zuwachs an jungen Menschen bringt zugleich eine Erweiterung der Perspektiven. Vielleicht ist ja auch der eine oder andere jüngere wie ältere Mann an einer Mitwirkung interessiert“, verweist Pöttgen zudem auf das Missverhältnis von acht Damen und zwei Männern im Kern-Team. „Es ist schon ein Gottesdienst, in dem viel Herzblut und viel Arbeit stecken“, sagt Pöttgen. „Er hat viel mit der Lebendigkeit von Gemeinde zu tun.“ Schließlich biete er Raum für „neue Perspektiven, für Gottesbegegnungen und Gotteserfahrungen“.

Nächster Termin
„Wüste erleben“ heißt das Thema des nächsten „Oase“-Gottesdienstes am 4. Advent, 18. Dezember, 11 Uhr. Darin geht es in der etwa mit einem Wüstenbild, mit Sand und Steinen ausgestatteten Kirche am Vürfels um den Johannes-Spruch vom „Rufer in der Wüste“. Es geht um die Frage nach den Wüsten unseres Alltags: Wo erleben wir heute Wüsten, wie können wir darin Gott den Weg bereiten?

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich