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Pfarrer Carl Wilhelm Jatho (1851-1913)

Nicht alle liebten ihn – Pfarrer Jatho und die evangelische Gemeinde Köln

Pfarrer Carl Wilhelm Jatho (1851-1913) zählt zu den weit über Köln hinaus bekanntesten Pfarrern der evangelischen Gemeinde Köln. Vor 170 Jahren wurde er in Kassel geboren. Nach Pfarrtätigkeiten in Bukarest (1876-1884) und Boppard (1884-1891) kam er 1891 nach Köln und übernahm den Pfarrbezirk der gerade fertig gestellten Christuskirche. Sein Wirken spaltete die evangelische Gemeinde, auch außerhalb Kölns. Als Konsequenz seines Tuns enthob ihn das Spruchkollegium am 24.06.1911 seines Amtes.

Doch wie kam es dazu?

Von Beginn seiner Tätigkeit in Köln begeisterte Jatho viele Menschen durch seine liberalen Predigten. Besonders auch jene, die bereits der evangelischen Kirche den Rücken gekehrt hatten. Für seine Verdienste wurde Jatho 1902 mit dem Goldenen Adlerorden ausgezeichnet. Doch seine liberal theologisch geprägten Ansichten, wie die individuelle Entwicklung des religiösen Bewusstseins sowie das subjektive Empfinden losgelöst von kirchlichen Institutionen, kamen nicht bei jedem Gemeindemitglied und kirchlichen Würdenträger gut an.

Beschwerden wurden innerhalb der evangelischen Gemeinde gegen ihn laut. Mehrere Male besuchte Generalsuperintendent Umbeck Jatho und mahnte ihn sich an die geltende Lehre zu halten. Jatho hielt jedoch an seinen Ansichten fest und tat diese auch bei verschiedenen Veranstaltungen kund.

Unvereinbarkeit der Lehre Jathos mit dem Bekenntnis der Kirche

So auch 1910 bei der Osterfeier der Freunde der Freiheit in Barmen. Der Inhalt des Vortrags ließ den Oberkirchenrat endgültig am Glaubens- und Lehrstandpunkt Jathos zweifeln und es wurden 1911 offiziell Ermittlungen gegen ihn eingeleitet. Seine Popularität nahm hingegen nicht ab. Immer mehr Menschen besuchten seine Gottesdienste und Vorträge. Die Zahl der liberalen Mitglieder der evangelischen Gemeinde wuchs stetig und auch bei kirchlichen Wahlen, wie die Repräsentantenwahlen 1907 und 1911 gewannen die Liberalen.

Währenddessen übergab der Oberkirchenrat dem Spruchkollegium den Fall Jatho im März 1911. Am 24.06.1911 fällte das Spruchkollegium sein Urteil, die Lehre Jathos sei nicht mit dem Bekenntnis der Kirche vereinbar und enthob ihn seines Amtes. Trotz dieses Ergebnisses blieb Jatho in Köln und hielt weiterhin Gottesdienste, Bibelstunden und Vorträge an verschiedenen Orten.

Bis zu seinem Tod am 11.03.1913 blieb Jatho eine umstrittene Person in der evangelischen Kirche. An seinem Grab auf dem Melaten-Friedhof versammelten sich Gegner und Befürworter, um dieser hervorstechenden Persönlichkeit die letzte Ehre zu erweisen. Nach Jathos Tod und den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges verloren die liberalen Kräfte in Köln immer mehr an Bedeutung.

Text: Stefanie Schensar
Foto(s): Stefanie Schensar