Ihre verhältnismäßig neue Rolle als Kulturkirche erfüllt die Kölner Trinitatiskirche nach Ansicht von Rolf Domning wahrlich nicht schlecht: „Ich denke, die Königin der Instrumente kann zufrieden mit uns sein“, sagte der Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region augenzwinkernd mit Blick auf die Orgelempore des Gotteshauses, als der Presse vor Ort das neue Programmheft für 2016 vorgestellt wurde.
Noch 2009 hatten hier gerade einmal eine Handvoll Veranstaltungen vor insgesamt rund 1000 Besuchern stattgefunden. „2015 sind bislang schon über 20.000 Menschen zu mehr als 80 Veranstaltungen gekommen“, so Domning.
Herausragende Organisten aus der Region
Mit dem 2010 beendeten Einbau der Klais-Orgel hatte die Trinitatiskirche einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem renommierten Ort der Kulturpflege in Köln gemacht. Die Orgel wird, so Wolf-Rüdiger Spieler, Programm- und Organisationsleiter der Trinitatiskirche, auch im kommenden Jahr wieder eine wichtige Rolle spielen. Denn ein Programmschwerpunkt ist der 100. Todestag des spätromantischen Komponisten Max Reger. „Wir veranstalten jeweils am letzten Donnerstag des Monats ein Orgelkonzert, in dem stets auch Musik von Max Reger erklingen wird.“ Das Publikum kann herausragenden Organisten aus der Region, aber auch aus Berlin und Hamburg, dabei direkt auf die Finger und Füße schauen, denn es wird eine Video-Übertragung vom Spieltisch in den Orgelraum organisiert.
Auftakt in das 500. Jubiläumsjahr der Reformation
Konzertanten Anspruch haben aber auch die Orgelvespern am Samstagabend, die laut Spieler „zu einer spirituellen Atempause einladen“ sollen: „Ihre Zahl haben wir von vier auf sechs erhöht.“ Die Orgelvespern sind jeweils in einen „sparsamen“ liturgischen Rahmen gestellt, denn die Trinitatiskirche soll weiterhin auch als Predigtstätte erkennbar bleiben. So finden neben den seit Jahren hier beheimateten Thomasmessen 2016 erstmals vier internationale Gottesdienste von christlichen Gemeinden aus Finnland, Indonesien, Nigeria und dem arabischen Raum statt, auch. Für Karsamstag ist ein feierlicher Kantatengottesdienst zur Osternacht angesetzt, und den Reformationstag, 31. Oktober 2016, sollte man sich auch vormerken: „Dann lädt der Kirchenverband zur zentralen Reformationsfeier und zum Auftakt in das 500. Jubiläumsjahr der Reformation ein“, so Spieler.
Szenische Bachkantate „Ich habe genug“
Ein Höhepunkt des Jahresprogramms wird sicher die szenische Aufführung der Bach-Kantate „Ich habe genug“ am 12. März sein. Die Mitwirkenden wollen dem aktuellen Umgang mit der provozierenden Thematik um Lebensüberdruss und Todessehnsucht nachgehen: „Jugendliche der Offenen Schule Köln und Senioren des Experimentalchors 70 plus werden mitmachen und jeweils eigene Texte zu der Problematik verfassen“, erklärte Frauke Meyer, verantwortlich für Buch und Regie. Es handelt sich um ein gemeinsames Projekt des Evangelischen Kirchenverbandes und des Katholikenausschusses in der Stadt Köln in Zusammenarbeit mit dem Kölner Fest für Alte Musik.
Traditionelle und experimentelle javanische Musik
Auch 2016 wird ein Großteil des Programms wieder von Kooperationspartnern und Gästen bestritten, darunter der WDR-Rundfunkchor, das Forum Alte Musik oder das Collegium musicum der Universität zu Köln. Mit Spannung erwartet werden die beiden Termine im Rahmen des „Acht Brücken-Festivals“ für zeitgenössische Musik, das in diesem Jahr unter dem Motto „Musik und Glaube“ steht. Louwrens Langevoort, Intendant der Kölner Philharmonie und künstlerischer Gesamtleiter des Festivals, machte für den 3. Mai neugierig auf die Aufführung des selten gespielten Streichquartetts Nr. 4 von Horatiu Radulescu. Es wird in einer Fassung gegeben, bei dem das live auftretende Asasello-Quartett von acht weiteren Quartett-Aufnahmen begleitet wird, die vom Band zugespielt werden. Zwei Tage später führt das Gamelan Taman Indah Ensemble traditionelle und experimentelle javanische Musik auf: „Dabei geht es auch um die Verbindung von Musik und Glauben, allerdings mit außereuropäischer Herkunft“, so Langevoort, der die gute Akustik der Kirche und ihre Eignung speziell für Kammermusik ausdrücklich hervorhob.
Fünf der besten Chöre aus Köln und Umgebung
Das ganz dem christlichen Glauben zugewandte Ökumenische Kirchenmusikfestival Köln, das mit etwa 120 Veranstaltungen vom 18. November bis zum 4. Dezember 2016 unter der Überschrift „Stirb und Werde“ steht, wird seinen Höhepunkt am 26. November mit der „Langen Chornacht“ in der Trinitatiskirche feiern: „Ab 19 Uhr bis etwa 1 Uhr nachts wird der Bogen des ‚Stirb‘ mit Requiemvertonungen von André Campra und Johannes Brahms bis zum ‚Werde‘, unter anderem mit der Adventskantate ‚Wachet auf‘ von Bach, gespannt“, erklärte Wilfried Kaets, katholischer Regionalkantor und Projektleiter des Kirchenmusikfestivals. Fünf der besten Chöre aus Köln und Umgebung sind daran beteiligt.
CD-Produktion in der Trinitatiskirche
Als besonderer Beitrag zum Reformationsjubiläum schließlich ist eine CD-Produktion in der Trinitatiskirche im kommenden Jahr zu verstehen, die einen repräsentativen Querschnitt der protestantischen Chor- und Orgelmusiktradition bietet und wiederum hervorragende Chöre und Instrumentalisten aus der Region versammelt. Bei rund 80 Veranstaltungen im Jahr und den jeweils notwendigen Probetagen ist die Trinitatiskirche mittlerweile nahezu täglich belegt. Ein schöner Nebeneffekt des regen Interesses von Kooperationspartnern und Gästen: „Wir haben dadurch Einnahmen, mit denen wir die gesamten anfallenden Kosten des Programms decken können“, sage Superintendent Domning.
Foto(s): Hans-Willi Hermans