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Neues Präventions-Projekt „Prahlhans & Geizkragen“

Unter dem Motto „Prahlhans & Geizkragen“ plant die Schuldnerberatung von Diakonie und Caritas im Rheinisch-Bergischen Kreis ein neues Präventionsprojekt: Um Kinder und Jugendliche möglichst frühzeitig den richtigen Umgang mit Geld zu lehren und sie vor Überschuldung zu bewahren, werden vor allem ältere lebenserfahrene Menschen gesucht, die in Kindergärten, Familienzentren und Schulen über das komplexe Thema „Finanzen“ informieren.

Jünger als 30 Jahre
„Überschuldung wird immer jünger“, sagte Andreas Reball-Vitt, Regionalbeauftragter des Diakonischen Werkes Köln und Region für den Kreis Rheinberg, bei der Vorstellung der Projektidee in Bergisch Gladbach. Laut Schuldenatlas ist ein Viertel aller überschuldeten Deutschen jünger als 30 Jahre. In den letzten Jahren hat sich die Verschuldung bei den unter 20-Jährigen sogar verdreifacht. Von einer Überschuldung sprechen die Experten, wenn der Schuldenberg auch in absehbarer Zeit nicht abgetragen werden kann und weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen – kurz gesagt: wenn die Gesamtausgaben höher sind als die Einnahmen.

Angebote zur Schuldenprävention
Die Projektidee „Prahlhans und Geizkragen“ baut auf einer mehrjährigen Erfahrung auf: Seit vier Jahren organisiert Karin Oberzier Angebote zur Schuldenprävention in Kitas, Familienzentren, Schulen und im Offenen Ganztagsbereich. Rund 1.500 Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene haben bisher an ihren Veranstaltungen teilgenommen. „Dabei ist es uns gelungen, viele unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen“, freut sich Oberzier, „von Vorschul- und Grundschulkindern über Jugendliche bis zu jungen Erwachsenen und Eltern.“ Ihre Teilzeitstelle ist in das Team der Schuldnerberatung integriert, die vom Diakonischen Werk Köln und Region und dem Caritasverband RheinBerg getragen wird. Finanziert wurde sie bisher von der „RheinEnergie-Stiftung Familie“, die Projekte im Versorgungsgebiet der RheinEnergie AG fördert, um das Familienleben zu stärken.

Nachfrage in Schulen steigt
„Die Nachfrage vor allem durch Lehrer an weiterführenden Schulen steigt“, berichtet Christiane Heger, Leiterin der Schuldnerberatung in Bergisch Gladbach. Da Karin Oberzier dies alleine kaum noch abdecken kann, ist eine Ausweitung auf ehrenamtliches Engagement geplant. Die Diakonikerin möchte ehrenamtlich Engagierte, die zum Beispiel aus dem pädagogischen Bereich oder der Finanzbranche stammen, zukünftig ausbilden und anleiten: „Dies bedeutet auch, den eigenen Umgang mit Geld zu reflektieren, sich mit Ein- und Ausgaben auseinanderzusetzen und Finanzdienstleistungen nutzen zu lernen.“

Hinweis auf Schuldenfallen
Erst dann sei ein glaubwürdiger Auftritt vor Jugendlichen möglich, zum Beispiel an Haupt- und Realschulen: Hier stellen die Jugendlichen Einnahmen und Ausgaben in einer praxisnahen Budgetplanung gegenüber. Sie befassen sich mit Handyrechnungen und Kreditkäufen und den Kosten einer eigenen Wohnung, inklusive Miete, Strom, Wasser, Telefon und Internet, GEZ-Gebühren und Versicherungen. Sie lernen verschiedene Kreditformen kennen und werden auf Schuldenfallen hingewiesen. Insbesondere Haupt-, Förder- und Berufsschulen mit sozialpädagogischer Betreuung zeigen großes Interesse an den Informationen der Schuldnerberatung. „Da gerade Schüler mit geringer Qualifikation potentiell gefährdet sind, sich über den Tisch ziehen zu lassen“, meint Oberzier. „Gerade bei den Jüngeren ist die Entwicklung von Überschuldung erschreckend.“

Schuldenprävention beginnt schon im Kindergarten
Darum möchte Karin Oberzier auch schon jüngeren Kindern vermitteln, „dass man für Geld nicht alles kaufen kann“ und „Geld nichts anderes als ein Tauschmittel für Waren oder Dienstleistungen ist.“ Nach ihrer Erfahrung wissen schon die Kleinen sehr wohl um den besonderen Stellenwert des Geldes, je nachdem, wie offen in der jeweiligen Familie über Geld und finanzielle Vorgänge gesprochen wird. „Es besitzen zu wollen, stellt auch für sie einen großen Reiz dar.“ Um das Thema auch in den Familien anzustoßen, organisiert die Sozialpädagogin Elternnachmittage und -abende zu „Konsumerziehung und Taschengeld“. Auch die Erzieherinnen lernen in speziellen Fortbildungen etwas über „Frühe Konsum- und Gelderziehung in der Kita“. Oberzier: „Warum Menschen in die Schuldenfalle hinein geraten, mag von Fall zu Fall ein sehr persönliches Schicksal sein.“ Grundlegende Ursachen sieht sie aber auch in der „Verführung der Werbeindustrie mit ihren vielfältigen Konsumanreizen.“ Die immer noch weit verbreitete Haltung „Über Geld spricht man nicht“ unterstütze zudem die Unkenntnis und im Umgang mit Geld und Finanzdienstleistungen. Dem will die Schuldenprävention entgegenwirken.

Text: Martina Schönhals
Foto(s): Karin Oberzier