Im Juli wurde eine Reform des Sexualstrafrechts zur Anzeige- beziehungsweise Meldepflicht bei sexueller Gewalt vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Demnach gibt es KEINE Meldepflicht für sexuelle Strafttaten an Kindern, die geplante Anzeige- beziehungsweise Meldepflicht bei dem Verdacht auf sexuelle Gewalt an Kindern ist nicht in das Gesetz aufgenommen worden. Aus Sicht der Kinderschutz-Zentren ein richtiger Schritt, der „mit großer Erleichterung registriert“ wurde. Denn: Wenn es wirklich zu einer Anzeigenpflicht gekommen wäre, hätte dies „für eine Vielzahl der betroffenen Kinder dramatische Folgen. Statt zu mehr Hilfe kommt es zu mehr Vertuschen und zu zusätzlichem psychologischen Druck. Die Kinder stehen dann endgültig allein mit ihrem Problem,“ befürchtete bereits im Vorfeld der Gesetzes-Entscheidung Arthur Kröhnert, Geschäftsführer der Kinderschutz-Zentren Deutschland.
„Die Anzeigepflicht ist gut gemeint, wird aber die Lage der Kinder nicht verbessern,“ hatte auch Dr. Thomas Meysen, Fachlicher Leiter des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht vor allzu viel Aktionismus gewarnt. „Anzeigen bei Polizei oder Staatsanwaltschaft setzen eine Dynamik strafrechtlicher Ermittlungen in Gang, die im schlimmsten Fall zur Abschottung der Familie führt. Den betroffenen Kindern ist damit ungewollt der Zugang zur Hilfe versperrt.“
Aber auch die Arbeit von Jugendhilfe-Mitarbeitern wäre erschwert worden, hätte eine solche Meldepflicht gegriffen: „Dringend erforderlich ist es, Fachkräften in der Jugendhilfe ein Aussageverweigerungsrecht einzuräumen“, formulierten die Kinderschutz-Zentren schon Anfang des Jahres. Denn dies würde Betroffenen eher den Schritt aus ihrer persönlichen Isolation öffnen, da sie sicher sein könnten, hier den notwendigen Vertrauensschutz zu finden. Ein klar umrissenes Aussageverweigerungsrecht, wie es schon seit vielen Jahren für das familiengerichtliche Verfahren gilt, muss auch auf das Strafprozessrecht ausgedehnt werden“, lautete die Forderung der Kinderschutz-Zentren im Februar 2003.
Das bedeutet, dass in allen Bereichen des Kinderschutzes weiterhin auf Prävention und zielgerichtete Angebote gesetzt werden muß. So etwa in dem neuen Modellprojekt „Sexuell deviante Jugendliche“: Im Rahmen des Bundesaktionsplans zum Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt hat das Bundesjugendministerium eine Arbeitsgruppe gebildet, die ein Modelprojekt für die Arbeit mit sexuell aggressiven Jugendlichen entwickeln soll. In diesem Projekt sind VertreterInnen der Jugendhilfe, der Staatsanwaltschaft, der Polizei, der Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Projekte der Männer- und Jungenarbeit vertreten. Die Federführung der Projektgruppe liegt in der Verantwortung der Kinderschutz-Zentren.
Ein weiteres Projekt zur Vorbeugung ist die Gewaltprävention an der Grundschule, dessen Kurzbeschreibung einleuchtet: „Eltern und Kinder sind wegen der Gefährdung durch sexuelle Kindesmisshandlung beunruhigt.
Viele Eltern reagieren aus ihrer Besorgnis heraus mit Warnungen und Verboten. Manchmal erhöht sich dadurch die Angst der Kinder. Angst jedoch schränkt das Nachdenken über Hilfewege in gefährlichen Situationen ein. Kinder brauchen Mut und Vertrauen für ihren Weg ins Leben.“
Schließlich sei hier noch kurz ein weiteres neues Projekt der Kinderschutz-Zentren vorgestellt: Sie werden zu Ausbildungsbetrieben: 78.000 Jugendliche ohne einen Ausbildungsplatz halten Kinderschutz-Zentren für einen Skandal. Aus diesem Grund hat der Vorstand der Kinderschutz-Zentren beschlossen, sich um die Anerkennung als Ausbildungsbetrieb zu bemühen. Mit Erfolg. Im September 2003 wird die Bundesgeschäftsstelle einen Azubi einstellen. In der Zwischenzeit gibt es weitere Zentren und befreundete Verbände, die diesem Beispiel folgen wollen. Projekte, die sich anschließen möchten, können gerne auf die Erfahrung der Kinderschutz-Zentren zurückgreifen. Mailen Sie oder rufen Sie an: die@kinderschutz-zentren.org Telefon 0221/569753
Foto(s): Die Kinderschutz-Zentren