Ein Projekt mit Zukunft soll es sein, das betonen die Verantwortlichen vom Planungsausschuss der Evangelischen Kirchengemeinde Ehrenfeld. Und Zukunft hat das Vorhaben am Fröbelplatz: Ein neues Gemeindezentrum entsteht dort bis zum Herbst 2010. In dem Neubau sind darüber hinaus 25 Wohnungen untergebracht, die für die Gemeinde auch in Zukunft ein stabiles finanzielles Standbein darstellen. Mit der Grundsteinlegung wurde jetzt ein wichtiges Etappenziel auf dem Weg zum „Ernst-Flatow-Haus“ erreicht.
Gemeinde investiert rund sechs Millionen Euro
Knapp 4.000 Quadratmeter ist das Grundstück an der Ecke Vogelsanger Straße/Fröbelplatz groß. Früher standen dort das Pfarr- und Küsterhaus samt großem Garten, direkt gegenüber der evangelischen Friedenskirche. Jetzt schauen Passantinnen und Passanten dort in ein tiefes Bauloch. Tief hinab mussten auch die rund 50 Teilnehmenden bei der Grundsteinlegung steigen, bevor sie von Pfarrerin Andrea Mathé, Vorsitzendes Presbyteriums der Gemeinde, der zu der Zeremonie begrüßt wurden. Doch schon bald soll es deutlich in die Höhe gehen: Fünf Geschosse und ein Staffelgeschoss umfasst der Neubau, der bis zum Herbst 2010 fertig sein soll und die Gemeinde rund sechs Millionen Euro kostet.
Räumliche Beziehungen zur Friedenskirche betont
„Das ist gut für das Veedel, es wächst und gedeiht“, freute sich Pfarrer Siegfried Kuttner über den guten Verlauf. Im Oktober begannen die Ausschachtungen auf dem Gelände. Im Keller wird die Tiefgarage untergebracht, die Platz für 33 Fahrzeuge bietet. Das eigentliche Gemeindezentrum wird 245 Quadratmeter groß und im Erdgeschoss eingerichtet. Eine einladende Glasfront entlang des Fröbelplatzes entsteht in direkter optischer Verlängerung der Friedenskirche. „Wir haben die Bezüge zwischen der Kirche und diesem Grundstück aufgegriffen und in die Pläne eingearbeitet“, erklärt Architekt Reinhard Lepel, der gemeinsam mit seiner Frau Monika das neue Gemeindezentrum entworfen hat. Da die Lage des Grundstücks von städtebaulich besonderer Bedeutung ist, wurde 2007 ein Architektenwettbewerb durchgeführt.
25 Wohnungen in verschiedenen Größen
Die 25 Wohnungen, die neben und über den Gemeinderäumen errichtet werden, bieten in Größen von 44 bis 150 Quadratmeter Platz für Singles, Paare und Familien mit Kindern. Jung und Alt, so die Vorstellung der Gemeinde, sollen hier unter einem Dach leben. Dabei sind die Wohnräume zum begrünten Inneren des Grundstücks ausgerichtet. Ein großer Durchgang von diesem Innenhof zur Vogelsanger Straße betont noch einmal die direkte Beziehung zur Friedenskirche. Alle Wohnungen sind über einen Aufzug zu erreichen, der gesamte Komplex ist barrierefrei gestaltet, die Wohnungen verfügen zudem über Gärten, Balkone oder Dachterrassen.
Mieteinnahmen sichern der Gemeinde finanziellen Spielraum
Die rund 7.200 Mitglieder starke Gemeinde will mit dem Neubauprojekt aber nicht nur neue Gemeinderäume schaffen, sondern sich auch finanziell für die Zukunft „ein weiteres Standbein“ aufbauen, so Pfarrer Kuttner. Mit den Mieteinnahmen werden zunächst die Kredite abbezahlt, später sind sie eine stetige Einnahmequelle, die der Gemeinde auch in Zeiten sinkender Zuweisungen aus Kirchensteuermitteln einen finanziellen Spielraum sichert. Nicht zuletzt deshalb betonte auch Pfarrer Markus Zimmermann, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord, dass „der Kirchenkreis nicht nur mit wohlwollender Zustimmung, sondern mit Begeisterung“ auf diese Idee reagiert habe. „Dieses innovative Projekt hat urbiblische Motive: die Wohnungen im Hause Gottes.“
Fröbelplatz hat protestantischen Charakter
Neben den finanziellen Aspekten bedeutet der Bau aber auch Vorteile für das Gemeindeleben: „Zurzeit sind wir über den ganzen Stadtteil verstreut“, so Kuttner: Die Konfirmanden treffen sich im Kolpinghaus, die Seniorenarbeit findet im „Hotel Imperial“ statt und die Gemeindepädagogen machen ihre Angebote in der Engel-Apotheke.“ Er selbst lebt zurzeit vorübergehend in der Fridolinstraße und wird im nächsten Jahr die neue Pfarrerwohnung in dem Neubau beziehen. Das alte Gemeindehaus, das direkt an das Grundstück angrenzt, wurde bereits umgebaut und wird nun vollständig vom Familienzentrum der Gemeinde genutzt. Der Fröbelplatz behält durch den Neubau auch seinen protestantischen Charakter: Bis in die 60er Jahre hinein prägte das evangelische Kinderheim Anna-Stift den Platz im Herzen Ehrenfelds.
Erinnerung an das Martyrium von Ernst Flatow
Mit der Bezeichnung „Ernst-Flatow-Haus“ erinnert die Gemeinde auch an ein weniger ruhmreiches Kapitel protestantischer Vergangenheit. Ernst Flatow war jüdischer Herkunft, ließ sich dann aber taufen und wurde evangelischer Pfarrer. In Köln wirkte er an der Ehrenfelder Friedenskirche und als Krankenhausseelsorger. 1933 war er der erste jüdischstämmige evangelische Pfarrer, der von der Kirche entlassen wurde. Nach einem langen Leidensweg mit vielen Schikanen wurde er schließlich 1942 ins Warschauer Ghetto deportiert, wo er noch im selben Jahr starb.
Foto(s): Jörg Fleischer