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Neue Idee: Literatur am Telefon für Obdachlose im Gulliver, Kölner Hauptbahnhof

„Wer spricht schon mit Obdachlosen?“ fragt Karl-Heinz Iffland provozierend in die Runde. Der evangelische Obdachlosenseelsorger gibt die Antwort gleich dazu: „Niemand.“ Nun besteht die Möglichkeit, ihnen zumindest zuzuhören: Ab sofort ist die Telefonnummer 0 90 05 05 00 55 des „1. Kölner Literaturtelefons“ freigeschaltet. Jeder Anrufer wird von Höhner-Schlagzeuger Janus Fröhlich per Bandaufnahme begrüßt, danach lesen Obdachlose eigene und fremde Texte vor, die sich eindringlich mit ihrer Situation beschäftigen.


„Manchmal bin ich fröhlich. Manchmal bin ich traurig. Und manchmal gibt’s was aufs Maul“, ist da beispielsweise zu hören. „Die Texte ergänzen eine sinnliche Wahrnehmung, die negativ besetzt ist. Wir nehmen die Obdachlosen nur köttend auf der Straße liegend wahr. Die Stimme erweitert die Dimension“, erläutert Iffland. Jeder Anruf kostet zwei Euro, die nach Abzug von einigen Cent an die Deutsche Telekom dem „Gulliver“ zugute kommen. Initiiert wurde das Projekt von dem Düsseldorfer Künstler Karl Siewers, der auch bereits Ausstellungen gemeinsam mit den „Berbern“ vom Gulliver realisiert hat.

Seit Jahren für das Gulliver engagiert: Die „Höhner“
Das „Gulliver“ ist die Überlebensstation für Obdachlose in den Bahnbögen am Hauptbahnhof. Hier erhalten die Berber Frühstück und Abendessen, sie können hier duschen und ihre Wäsche waschen. Trägerverein ist das Kölner Arbeitslosenzentrum (KALZ). Die Höhner haben eine Patenschaft für das „Gulliver“ übernommen und ihm das Lied „Alles verlore“ geschenkt. „Es ist ein gutes Gefühl, wenn man Popularität in Solidarität umsetzen kann“, berichtet Janus Fröhlich vom jahrelangen Engagement der Band für das Obdachlosenprojekt.

Dr. Thomas Münch, Geschäftsführer des KALZ, hat für das Literaturtelefon eine Laufzeit von zunächst einem Jahr angesetzt. Er hofft auf viele Anrufe, „dann können wir mit der Telekom auch noch mal über die Gebühren sprechen.“

Mehr Infos rund um das Gulliver
Das Gulliver, beschrieben in einer WDR-Sendung aus Sicht der Innendesignerin, die 2002 die Möbel für die Obdachlosenstation baute. Hier.
Das KALZ ist eigentlich im Internet hier zu finden funktioniert nur momentan leider nicht….
Kurzinfos hier.

Text: Rahmann
Foto(s): ran