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Neubeginn zwischen Schuld und Trümmern – Vor 60 Jahren wurde die EKD gegründet

Mitten im zertrümmerten Deutschland wagten 120 Männer aus 28 Landeskirchen am 31. August 1945 in der diakonischen Behinderteneinrichtung „Hephata“ im nordhessischen Treysa einen Neuanfang. Die EKD trat an die Stelle der 1933 gegründeten, staatsfixierten „Deutschen Evangelischen Kirche“. Der neue Protestantismus sollte ein anderer sein – darin waren sich alle einig. Doch sie brachten Konzepte mit, die unterschiedlicher kaum sein konnten. So strebte Bischof Hans Meiser (1881-1956) aus München eine Konfessionskirche der Lutheraner an, in der die reformierten und unierten Protestanten nur am Rande vorkommen sollten. Martin Niemöller (1892-1984) dagegen plädierte für eine „Kirche von unten“: Von den Gemeinden her sollte sie sich aufbauen und ihre Schuld am Nazi-Unheil bekennen. Immer wieder gerieten Niemöller und Meiser aneinander, so dass die Konferenz zeitweilig zu platzen drohte.

Dass es nicht dazu kam, ist zum großen Teil dem Stuttgarter Bischof Theophil Wurm (1868-1953) zu verdanken. Wurm galt wegen seines Protests gegen das Euthanasie-Programm der Nazis zur Tötung geistig behinderter Menschen als moralische Autorität. Seit 1941 verfolgte er ein Kirchliches Einigungswerk: Er wollte die zerstrittenen Gruppen der kirchlichen Opposition zusammenführen. Dann einigten sich die Kirchenvertreter in Treysa auf einen Kompromiss: die Vorläufige Ordnung für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD). Darin wird die Eigenständigkeit der Landeskirchen betont. Auch auf ein eigenes Bekenntnis verzichtet die neue EKD. Sie soll in erster Linie die Interessen der Kirche nach außen vertreten und ihre politische und soziale Verantwortung wahrnehmen.

Eine Lektion aus den Erfahrungen des „Dritten Reiches“ war die neue Führungsstruktur mit einem zwölf Personen umfassenden Rat an der Spitze. Erster EKD-Ratsvorsitzender wurde Wurm, sein Stellvertreter Niemöller. Im Oktober 1945 bekannten die Protestanten in der Stuttgarter Erklärung ihre Mitschuld am Nazi-Unheil: «Wir klagen uns an, dass wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.» Dieses Bekenntnis ebnete dem deutschen Protestantismus die Rückkehr in die Ökumene. 1948 bekräftigte die neue EKD in Eisenach ihre Grundordnung.

Text: EKD
Foto(s): Markuskirche Stuttgart