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Neu und lecker: an der evangelischen Gnadenkirche Mittag essen

Gian-Marino Miglierina grübelt. Er nutzt das erste Mal den neuen Mittagsservice der Gnadenkirche, die bei ihm in Bergisch Gladbach um die Ecke liegt. An jedem Werktag kann er nun – und jeder andere auch – im Gemeindesaal ein warmes, frisch gekochtes Mittagessen zum günstigen Preis bekommen. „Leckeres am Dom“ heißt das Projekt, das mit Jahresbeginn startete. Allerdings – und deshalb grübelt der 65-Jährige vor einer Menü-Liste – gibt es täglich drei Gerichte zur Auswahl. Welches soll er wählen, da alles lecker klingt?

Leckeres zur Auswahl, zwischen 3,50 bis 4,50 Euro
Die zwei Damen am Tisch daneben sind einen Schritt weiter, sie haben bereits aufgegessen: Kohlrabi mit Kasslerrücken, Kräutersoße und Kartoffelpüree. Jetzt warten sie auf den Nachtisch. Der ist im Preis von 3,50 bis 4,50 Euro inbegriffen. Ein Getränk dazu oder ein Kaffee danach gibt es für kleines Geld extra – von Förderjobber Gültekin Düzgün am Tisch serviert. „Ein gut aussehender junger Mann“, freut sich Erika Meissner. Die 92-jährige Bergisch Gladbacherin ist derzeit ältester Mittagsgast. Sie kommt per Bus und kennt sich aus, schließlich habe sie „über 20 Jahre“ auf der anderen Straßenseite in der DRK-Altentagesstätte ihr tägliches Mittagessen eingenommen. Doch mit dem Jahresende 2004 wurde die Einrichtung dicht gemacht. Ein Schlag für die Senioren-Stammkunden und für Sozialarbeiterin Ulrike Pohl, die das DRK-Angebot 14 Jahre lang leitete. Obgleich jetzt formell arbeitslos, arbeitet sie de facto weiter: Sie betreut derzeit den Mittagsservice der Gnadenkirche ehrenamtlich – und sieht so zahlreiche bekannte Gesichter wieder. „Ich kann die alten Menschen doch nicht hängen lassen“, sagt sie.

Stilvolles Ambiente und guter Service
Pfarrer Thomas Werner hatte schon längere Zeit von einem mittäglichen Essensangebot geträumt. Die Schließung der DRK-Einrichtung war für ihn Anlass, das Projekt im Eilverfahren zu verwirklichen. Schließlich wollte er das DRK-Stammklientel nicht im Regen stehen oder gar hungrig lassen. Mit Gemeindehelferin Dagmar Pelz organisierte er einen Mittagstisch jenseits der Mensa-Welten: Serviert wird auf Porzellan, Tischdecken sind selbstverständlich und auch eine ansprechende Tischdekoration gehört dazu. „Das stilvolle Ambiente und guter Service versprechen eine erholsame Mittagspause“, sagt Thomas Werner, der sich mit seiner Familie auch gern selbst an den gedeckten Tisch im Gemeindesaal setzt. Denn gekocht wird nicht nur für Senioren, sondern auch für Alleinstehende, Alleinerziehende, Berufstätige und jeden, der seine Küche kalt lassen möchte.

Gesellschaft ist das beste Gewürz
„Das Kochen ist für mich kein Problem, aber für mich allein lohnt es sich nicht“, begründet Gian-Marino Miglierina, warum er künftig wohl „Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag“ im Gemeindesaal der Gnadenkirche speisen wird. Außerdem hat er festgestellt: „Die Gesellschaft ist das beste Gewürz.“ Erika Meissner sieht das genauso: „Sonst ist alles tote Hose zuhause!“ Aus diesem Grunde ist das Essen auch nur die Hälfte dessen, was Pfarrer Thomas Werner anbieten möchte. Genauso wichtig ist für ihn die Kommunikation, weshalb sich an die Essenszeit (11.30 bis 13.30 Uhr) meistens noch ein unterhaltendes Programm anschließt. Am ersten und dritten Montag jeden Monats gibt es Spielrunden und Gesprächskreis. An jedem Donnerstag sowie am zweiten und vierten Dienstag des Monats finden Spielrunden, Skat und Gesprächskreis statt. Alle 14 Tage donnerstags wird ein Englischkurs angeboten (bis 16.15 Uhr) und freitags ist Skat-Treff.

Ergebnis: Gemeinezentrum ist sympathisch
Deshalb geht die 86-jährige Gerda Vois nach dem Aufessen und dem Kaffee („Hmm, der ist frisch gekocht!“) auch noch nicht nach Hause, sondern beginnt mit Erika Meissner erst mal eine Partie „Mensch ärgere dich nicht“ – gespickt mit flapsigen Neckereien. Dagmar Pelz freut sich, dass das Angebot ankommt und erinnert daran, die Essenswünsche für die kommende Woche in der ausliegenden Speiseliste einzutragen. Gian-Marino Miglierina hat das inzwischen erledigt. Vielleicht bringe er demnächst auch noch andere mit, erzählt er. „Ich habe zwei Nachbarn. Denen soll ich Bericht erstatten. Die wollen vielleicht auch kommen. Das evangelische Gemeindezentrum war denen sympathisch.“

Text: Ute Glaser
Foto(s): Ute Glaser