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NEIN zu Gewalt: Ökumenischer Gottesdienst in der Fußgängerzone in Frechen

Zum fünften Mal schlossen sich in Frechen die Evangelische Kirchengemeinde und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) zusammen, um zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen auf die Straße zu gehen. Sie zeigten nicht nur mit Infoständen am Klüttenbrunnen Flagge, sondern hielten mitten im geschäftigen Treiben der Fußgängerzone einen ökumenischen Gottesdienst ab. Bevor Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul und die katholische Pastoralreferentin Regina Oediger-Spinrath um 12 Uhr die Feier begannen, stellten Frauengruppen entlang der Hauptstraße pantomimisch Szenen von Gewalt und Abwehr nach.

In Standbildern führten die engagierten Frauen drei der häufigsten Situationen vor Augen, in denen Frauen körperlicher und psychischer Gewalt ausgesetzt sind. Eine Angestellte weiß im Büro nicht, wie sie sich gegen die sexuellen Übergriffe ihres Chefs wehren soll. Wegschauen in der Öffentlichkeit, wenn eine Frau angegriffen wird, trägt dazu bei, dass sie zum Opfer wird. Ein Kind wirft sich zwischen die Eltern, die sich handgreiflich streiten. Die Szenen wurden im Gottesdienst wiederholt. Danach reihten sich die Darstellerinnen auf und riefen mehrmals laut: „Nein!“

Hinschauen statt Wegsehen
„Weh denen, die das Recht in bitteren Wermut verwandeln“, zitierte Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul eine Warnung des Propheten Amos vor 2500 Jahren, die hochaktuell ist. Den Weckruf des Amos „Das Recht ströme wie Wasser, die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach“ bezog die in Frechen und Kerpen wirkende Pfarrerin auf die Silvesternacht 2015 in Köln. „Ich habe den Eindruck, manche Behörden beschäftigten sich zum ersten Mal mit der Gefahr, der Frauen in vielen Lebensbereichen ausgesetzt sind, Opfer von sexualisierter Gewalt zu werden.“ Ebenso ging ihr Blick zu denen, die vorschnell beschuldigt werden. „Weiterhin habe ich den Eindruck, dass übergriffiges Verhalten zuerst bei Einwanderern vermutet und ihnen zugeschrieben wird“, kritisierte sie.

Pfarrerin Koch-Torjuul prangert Gewalt gegen Frauen und Kinder an
Beistand für alle gefordert
Das gesprochene Wort untermalte Barbara Bannasch, evangelische Kirchenmusikerin in Köln-Zollstock, mit Klängen von Cajon, Blockflöte, Klangschalen, Mundharmonika, Steinen, die sie aufs Straßenpflaster warf, und Hammerschlägen auf Holz. „Die Täter sind in allen Schichten und Kulturen zu finden, hinter den glatten Fassaden der deutschen Leitkultur genauso wie im Kongo, wo blutig um das Coltan für unsere Handys gekämpft wird“, sagte Almuth Koch-Torjuul. Sie zitierte Carola Moosbach, ein Missbrauchsopfer. Sie könne Gott nicht Vater nennen, schrieb die Kölner Schriftstellerin. Denn „Vater ist der, der mir die Seele gemordet hat.“ Doch sie ließ nicht ab, bei Gott Gerechtigkeit zu suchen.

„Nein zu Gewalt und Ja zum Leben"
Vom Staat forderten Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul und Pastoralreferentin Regina Oediger-Spinrath Schutz, gleiches Recht und Respekt für alle Menschen, die friedlich in Deutschland zusammenleben wollen. Beide baten um die Kraft, mithelfen zu können, dass sich Opfer aufrichten und Solidarität erfahren – auch für muslimische Frauen, die wegen ihres Kopftuchs angepöbelt werden. Das Schlusswort war ein klares „Nein zu Gewalt und Ja zum Leben.“

Text: Ulrike Weinert
Foto(s): Ulrike Weinert