Die Zielsetzung war klar: „Wir wollten den Corona-Blues bei den Bewohnerinnen und Bewohnern vertreiben“, sagt Elke Schaub. Und deshalb hat sie eine kleine Karnevalsandacht im Hermine-Vorster-Haus in Köln-Bayenthal organisiert. Zahlreiche Zuhörer und Zuhörerinnen hatten sich auf den Laubengängen im überdachten Innenhof des Hauses eingefunden freuten sich über den gelungenen Zeitvertreib. Ein Hauch von Skepsis hatte Elke Schaub bei den Vorbereitungen begleitet. Schließlich waren ihre Mitstreiter alles andere als kölsch sozialisiert. Leonie Stein, Vikarin der Kirchengemeinde Bayenthal, ist gebürtige Hamburgerin mit immerhin kölschen Eltern, und Kantor Samuel Dobernecker ist fern des Rheins in Ostdeutschland groß geworden. Allein die Organisatorin stammt aus Köln. Sie hat 50 Jahre lang in Bayenthal gewohnt.
Leonie Stein machte daraus auch kein Geheimnis: „Heute stehen hier für Sie ne Ossi, ne Fischkopp und ne Kölsche Kraat – un mir all fiere zesamme. Wat deiht dat jot – wat isset schön. Und das wissen wir alle: ‚Geteilte Freude ist doppelte Freude. Geteiltes Leid ist halbes Leid.‘ Und heute wollen wir als Anlass zur doppelten Freude nehmen – wir mit Ihnen, Sie mit uns“, sagte sie während ihrer Predigt op Kölsch. Und gleich nutzte sie die Chance für einen Appell an den Lokalpatriotismus: „Guido Cantz hat in seiner Rede von einer Begebenheit am Aschermittwoch erzählt, wohl letztes Jahr. Er ist am Aschermittwoch in Köln dem lieben Gott begegnet. Und da hat er ihn gefragt: „Wat mähst du dann he in Kölle?“ Und da hat der liebe Gott geantwortet: „Jung, Homeoffice. Wat soll ich mache?“ Ich finde das eine schöne Vorstellung, dass Gott von Köln aus lebt und arbeitet und sich um seine Welt kümmert.
„Dat Hätz vun de Welt, ja dat is Kölle.“ Und in ebendiesem Herzen der Welt muss doch auch Gott seinen Sitz haben. „Sein Büro irjendwo, und man sieht nur vom Balkon de Aussicht op dr Dom. Schön, das zu glauben!“ Leonie Stein erinnerte an das Sessionsmotto „Nur zesamme simmer Fastelovend“ und erklärte: „Ich möchte die Betonung auf das „Zesamme“ legen – denn das gilt nicht nur für den Fastelovend, sondern für jedes Feiern – gemeinsam ist es am schönsten, und das gilt auch und gerade für den Gottesdienst! Eine der wenigen Möglichkeiten im Moment, erlaubterweise zusammenzukommen. He hält man zesamme. Und das ist der Moment, in dem wir in jeder und auch in dieser Lebenslage spüren: „Gott ist immer hütend und schützend für uns da. Do isser dabei, un dat is prima.“
„Auch wenn es schwerfällt, das zu glauben. Aber wir dürfen an dem festhalten, was wir im Psalm 23 gebetet haben: Dr Här es mingen Heet. Hä hät mich jään, und dat es mingen Trus.“ Und auf die Frage, was Gott im Homeoffice in Köln am besten gefalle, hatte die Vikarin auch eine Antwort: „Kölle, dat is die Stadt – die Stadt mit vielen Gesichtern, wo Menschen lachen und weinen und einfach zu Hause sind. Denn he hält man zesamme, ejal, wat uch passeet. Man hält zesamme, Minsche wie mir, Lück wie ich un du – he in Kölle und he im Huus. Amen.“ Kölsche Lieder durften in der Andacht natürlich auch nicht fehlen. Eröffnet wurde die Andacht mit dem Klassiker schlechthin: „En unserm Veedel“. Auch Willi Ostermann wurde gehuldigt mit seinem „Heimweh nach Kölle“. Und Malte, der Sohn von Vikarin Stein, trug „Du bes die Stadt“ vor.
Das Hermine-Vorster-Haus ist nach der Witwe von Fritz Vorster, dem Gründer der Chemischen Fabrik Kalk, benannt. „Sie war der Gemeinde sehr gewogen und deshalb hat sie das Haus nach ihr benannt“, weiß Elke Schaub. Sie war Presbyterin in der Evangelischen Gemeinde Bayenthal, ist Mitglied im Diakonie-Ausschuss und führt ehrenamtlich die Warteliste für das Hermine-Vorster-Haus. Das ist ein Haus mit 45 Wohnungen für Menschen, die Schwierigkeiten haben mit den teuren Mieten im Kölner Süden. „In Bayenthal gibt es sonst kein Seniorenheim. Und es gibt auch keine Genossenschaftswohnungen zu erschwinglichen Preisen“, sagt Elke Schaub. Das Haus wird mittlerweile von der Antoniter Siedlungsgesellschaft verwaltet.
Die Bayenthaler Gemeinde hat aber sozusagen ein „Belegungsrecht“. „Wir haben Ein- und Zweizimmerwohnungen, die sehr schön geschnitten sind. Alle haben einen Balkon“, wirbt Elke Schaub für die Einrichtung. Bewerben für eine Wohnung können sich Menschen ab 50 Jahren. „Das ist ein guter Zeitpunkt für einen Umzug. Man kann sich kurz vor der Rente bewusst entscheiden und nach vorne blicken“, erzählt sie weiter. Aus den Wohnungen tritt man auf Laubengänge und blickt in den überdachten Innenhof. Dort wird die Gemeinschaft gepflegt. Spielenachmittage sind sehr beliebt. Kaffee und Kuchen natürlich auch. Dazu kommen Bingo, Geburtstagsfeiern, Diavorträge und Musikveranstaltungen, jahreszeitliche und kirchliche Feste sowie Gottesdienste. Alles getreu dem Motto: „Wohnen im Alter heißt hier: das Alter genießen und nicht allein sein.“ Dazu haben auch de Ossi, de Fischkopp und de kölsche Kraat ihren Beitrag geleistet und den Bewohnerinnen und Bewohnern ein wenig Frohsinn geschenkt.
Foto(s): Stefan Rahmann