You are currently viewing Nachtrag zur Reformationsfeier 2005: Pfarrer Dr. Rainer Stuhlmann predigte in Bonn

Nachtrag zur Reformationsfeier 2005: Pfarrer Dr. Rainer Stuhlmann predigte in Bonn

Die zentrale Feier zum Reformationstag in der Bonner Kreuzkirche hat Tradition. Zur Predigt wird jedes Mal ein Gast geladen, dieses Mal der Pfarrer Dr. Rainer Stuhlmann, heute Referent für Gymnasien und Gesamtschulen im Evangelischen Stadtkirchenverband  Köln und Vorsitzender des Theologischen Ausschusses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Seine Reformationspredigt sorgte für Aufsehen.
Motto der Predigt war: „Konzentriert Euch!“ und Stuhlmann verhehlte nicht: „Ich gestehe, dass ich Schwierigkeiten hatte, den vorgegebenen Bibeltext mit dem mir gestellten Thema in Verbindung zu bringen:’Konzentriert euch!‘ Dabei sehe ich den erhobenen Zeigefinger eines kirchlichen Oberlehrers, der seine Kleinen zur Ordnung ruft.  Im Hören auf die Worte Jesu kann ich allenfalls formulieren: ‚Lasst euch konzentrieren!‘ Oder besser: ‚Lasst euch zentrieren!‘ Lasst euch herauslocken aus der geschäftigen Zerstreutheit eures Alltags! „

Zunächst machte Stuhlmann den Protestantinnen und Protestanten Mut, rief ihnen beispielsweise zu: „Hört auf, eure Tage zuzubringen in Sitzungen und Besprechungen, bei der Erstellung von Listen und der Gestaltung von Gemeindebriefen und endlose Nächte vor dem PC! Lasst euch nicht einreden, in den nächsten Jahren ginge es darum, das marode Unternehmen ‚Kirche‘ abzuwickeln. Die sich durch das Evangelium zentrieren lassen, bekommen Lust, Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Statt sich von Krisen lähmen zu lassen, können sie Chancen entdecken, wie sich mit Freude Altes um- und neugestalten lässt.“ Er prangerte die diffusen Ängste unserer Zeit an und forderte dazu auf, in der „Zentrierung auf Gott“, aus „Ehr-Furcht vor dem Gott, der euch mit Liebe begegnet“ das Spannungsfeld zwischen Furcht und Liebe zu erkennen, in dem laut Stuhlmann „das Zentrum kirchlicher Präsenz “ liegt.

Doch dann ging es um den „kleinen Martin aus Eisleben.“ Dem hatten die „Theologen seiner Zeit ein Gottesbild vermittelt, das ihn in Angst und Schrecken versetzte“. Wie Luther in seinen jungen Jahren hat für Stuhlmann auch der Heidelberger Katechismus  „ein destruktives, infantiles Gottesbild“. Gott als „der Marionettenspieler, der die Fäden im Himmel zieht und die Puppen auf Erden tanzen lässt. Das namenlose Höhere Wesen. Die Vorsehung. Der Allmächtige. Die Projektion menschlicher Wünsche nach Unsterblichkeit, Allmacht, Allwissenheit, Allgegenwart.“ Für Stuhlmann seit Luther länsgt überholtes Gedankengut. Seit Luher sind wir frei: „aufrecht und mit erhobenem Haupt stehen sie unter der Kanzel. Mündige, erwachsene Christinnen und Christen“, sagte er.

Und dann die Kritik: „Eine Dreikönigswallfahrt, um sich einen Ablass zu verdienen? Was für eine Art von Katholizismus ist hier importiert worden, der in Deutschland durch ökumenisches Lernen seit Jahrzehnten überwunden ist! “ So beginnt sein Rückblick auf den Weltjugendtag in Köln. Die Kritik gipfelt in deutlichen Worten: „Wie groß muss die Angst des Kardinals vor dem evangelischen Bazillus sein“, fragt er und stellt fest: „Ich weiß, wie viele ökumenisch engagierte Katholiken enttäuscht und frustriert wurden, weil alle Versuche, den katholischen Jugendlichen aus aller Welt im Land der Reformation wenigstens an einer Stelle des offiziellen Programms ökumenische Begegnungen anzubieten, brutal von oben abgeschmettert wurden. Kein ökumenisches Zentrum, kein Ökumenetag, kein ökumenischer Brückenweg, keine ökumenischen Gottesdienste.“

Die komplette Reformationspredigt von Dr. Rainer Stuhlmann steht hier zum Nachlesen.

Text: AL/Stuhlmann
Foto(s): Stuhlmann