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Nachrichten von der Kreissynode Köln-Süd: „Die Evangelische Kirche und der Bildungsauftrag“. Superintendent Seiger: „Wir leisten in guter Weise konservative Bildungsarbeit“

Superintendent Dr. Bernhard Seiger begrüßte bei der Tagung der Kreissynode des Kirchenkreises Köln-Süd am Samstag, 29. Mai, 65 von 81 stimmberechtigten Mitgliedern im Berufsförderungswerk Michaelshoven.

Philipp Melanchthon und sein Postulat „Bildung für Alle“
Anlässlich des 450. Todestages des bedeutenden protestantischen Reformators Philipp Melanchthon hat der Evangelische Kirchenkreis Köln-Süd das Thema „Bildung“ in den Mittelpunkt seiner Kreissynode gestellt. Melanchthon ist vor allem wegen seiner Bildungsreformen eine der prägenden Persönlichkeiten der Reformation geworden. „Seine Forderung ,Bildung für Alle‘ war damals politischer Sprengstoff in einer Zeit massiver gesellschaftlicher Umbrüche – und ist es heute immer noch“, betonte Pfarrer Dr. Martin Bock, Leiter der evangelischen Melanchthon-Akademie, der gemeinsam mit seiner Kollegin Pfarrerin Dorothee Schaper die Bedeutung des Gelehrten und seine Beziehung zu Martin Luther in einem szenischen Vortrag erläuterte.

Superintendent Dr. Bernhard Seiger: „Wir leisten eine in guter Weise konservative Bildungsarbeit“
Bildungsarbeit heute, speziell evangelische Bildungsarbeit, das bedeutet für Pfarrer Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd, „den Mensch in den Mittelpunkt zu stellen“: „Unser Menschenbild orientiert sich an einem Individuum, das selbst urteilsfähig ist, das einen eigenen Kompass in sich hat, der ihm die Richtung vorgibt.“ Es sei geradezu ein Paradebeispiel evangelischen Denkens, auf den Einzelnen zu schauen. Durch Bildungsarbeit in verschiedenen Bereichen – Kindertagesstätte, Konfirmandenunterricht, Religionsunterricht und Erwachsenenarbeit – könnten Wege aufgezeigt und Alternativen vermittelt werden, „am Ende entscheidet aber jeder selbst, was für ihn oder sie christlicher Glauben bedeutet“. Damit sei die Evangelische Kirche auch ein Stück weit resistent gewesen gegenüber den zunehmenden Bestrebungen, den Bildungsauftrag rein ergebnisorientiert zu interpretieren. „Wir leisten eine in guter Weise konservative Bildungsarbeit“, so der Superintendent.

Impulsreferat: „Bildungsauftrag heute und Evangelische Bildungsverantwortung“
Zur Einführung in die Themenarbeit hielt Professorin Dr. Heike Lindner vom Institut für Evangelische Theologie an der Universität zu Köln ein Impulsreferat mit dem Titel „Bildungsauftrag heute und Evangelische Bildungsverantwortung“. Ausgehend von dem im Jahr 2000 in Lissabon formulierten Leitziel, die EU zum bildungsstärksten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, haben die Bildungssysteme einen Paradigmenwechsel von der „Input-Orientierung hin zur Output-Orientierung“ erfahren. Das Ergebnis zähle, was als Resultat ein lebenslanges Lernen, auch in Alltags- und Freizeitzusammenhängen, nach sich ziehe. „Die vereinfachte Formel, die dahinter steht, lautet: mehr Bildung plus mehr Kompetenzen gleich mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, so Lindner. Das betreffe auch zunehmend die Ausbildung von Religionslehrern, „bei der es mehr und mehr um anwenderorientierte Ausbildung als um die klassischen theologischen Disziplinen geht“, so die Wissenschaftlerin. Diese formale Ausrichtung der Bildung auf mess- und vergleichbare Ergebnisse und Standards entspreche der angelsächsischen Bildungstradition, stehe jedoch sehr oft im Widerspruch zum klassischen humanistischen Bildungsideal, das in Deutschland vor allem durch Wilhelm von Humboldt und Johann Gottfried Herder geprägt worden sei.

Melanchthon: Synthese zwischen Vernunft und Glauben
Bereits Melanchthon forderte in seinen Bildungsreformen die Orientierung am Individuum. „Bildung ist nicht Selbstzweck“, betonte Lindner. Durch die Begrenzung der Lerninhalte, die Ausrichtung dieser Lerninhalte an den Schülerinnen und Schüler sowie der intensiven, individuellen Förderung sollte diese Forderung umgesetzt werden. Melanchthon strebte eine Synthese zwischen Vernunft und Glauben an, „Vernunft, Bildung und Glauben tragen wesentlich zu einem guten, gelingenden Leben bei“, fasste Lindner diese Ideen Melanchthons in einer These zusammen. Eingegangen sind diese Bildungsideale in das Impulspapier „Kirche der Freiheit“, mit dem die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) im Juli 2006 Wegmarken für die weitere Entwicklung setzte. Eines der darin behandelten zwölf „Leuchtfeuer“ beschäftigt sich mit der evangelischen Bildungsverantwortung, wobei, so Lindner, klar gesagt wird, dass bildende Religion (Orientierungswissen) gebildeten Glauben (Glaubenswissen) braucht“. Damit biete die evangelische Bildungsverantwortung „ein Korrektiv und damit eine Befreiung gegenüber der Eindimensionalität des wissenschaftlichen Denkens (Verfügungswissens)“.

Bildungsarbeit heute: Diskussion in acht Arbeitsgruppen
Ob und in wieweit die Bildungsziele von Philipp Melanchthon auf die tägliche Arbeit in den Gemeinden und in Bildungseinrichtungen heruntergebrochen werden kann und in wieweit der ergebnisorientierte Bildungsumbruch Auswirkungen auf die evangelische Bildungsarbeit hat, darüber diskutierten im Anschluss acht Arbeitsgruppen. In erster Linie gehe es darum, „sich seines eigenen Selbstverständnisses zu erinnern und das Grundmaterial wieder zu lernen“, so Superintendent Seiger. Die Arbeitsgruppe „Kindertagesstätten“ betonte, dass in diesen Einrichtungen auch Bildungsarbeit geleistet werde. Es gehe um die Vermittlung sozialer Kompetenzen, Kommunikation oder Musik – diese dienten als „Geländer“, an dem sich die Kinder auf ihrem Lebensweg festhalten könnten. Für die Jugendarbeit wurde festgehalten, dass die informelle Bildung, die dort geleistet werde, wie etwa Orientierung oder Beziehungsarbeit, vielen Einflüssen von außen unterliege und dass durch die Ausweitung der Bildung in der Schule die Zeit für Jugendarbeit immer knapper werde. Für den Schulgottesdienst wurde die Vermittlung eines positiven Menschenbildes in den Vordergrund gestellt, was mehr sei als eine überprüfbare Wissensvermittlung, während für den Konfirmandenunterricht die drei wesentlichen Elemente „Grundvertrauen in das Leben vermitteln“, „Gleichheit ohne Leistungsdruck“ und „Selbstwertschätzung“ herausgearbeitet wurde. Für die Kirchenmusik gelte die Ganzheitlichkeit von Geist und Körper, die spirituelle Ausrichtung mit ihrer Wechselwirkung auf Geist und Körper sowie die Ansprache aller Altersgruppen, sowohl aktiv durch selbst Musizieren als auch passiv durch Zuhören. Die Arbeitsgruppe „Erwachsenenbildung“ betonte, dass sie sich von anderen unterscheiden müsse, etwa von der Volkshochschule, „damit ich nicht nur weiß, was ich mache, sondern auch, wer ich bin“. Bei der spezifischen Arbeit mit Frauen oder mit Männern wurde vor dem Bildungshintergrund festgestellt, dass man nicht viel muss, aber ganz viel darf. Konkrete Inhalte für die evangelische Bildungsarbeit in der Partnerkirche im Kirchenkreis Silindung auf Sumatra in Indonesien sind die Arbeit in Kindergärten und Schulen sowie die Bildungsarbeit.

Besuch aus Indonesien
Vier Besucherinnen und Besucher aus dem Kirchenkreis Silindung auf Sumatra in Indonesien verfolgten als Gäste die Kreissynode. Martoji Sitorus, Vorsitzender des Partnerschaftsausschusses im Kirchenkreis Silindung, Lamria Simajuntak, Leiterin der Schwesternschule, die Diakonisse Maida Siagian und Daniel Tambunan halten sich zu einem Besuch bei der Evangelischen Kirchengemeinde Frechen auf. Seit 15 Jahren besteht die Partnerschaft zwischen dem Evangelischen Kirchenkreis Köln-Süd und dem Kirchenkreis Silindung. Sie gestalten morgen, Sonntag, 30. Mai, ab 10.30 Uhr den Gottesdienst in der Evangelischen Kirche Frechen, Hauptstraße 209, mit.

Wahl von Synodalbeauftragter und für den Rechnungsprüfungsvorstand:
Zur Synodalbeauftragten für die Presbyterfortbildung wurde Ina Frank vom Kreissynodalvorstand einstimmig gewählt. Ebenfalls einstimmig wurden Joachim Dost aus der Evangelischen Kirchengemeinde Lechenich und Peter Pfannkuche aus der Evangelischen Kirchengemeinde Brühl in den Vorstand der Rechnungsprüfungsstelle Köln-Bonn-Hessen gewählt. Diese Rechnungsprüfungsstelle, zu der auch der Evangelische Kirchenkreis Köln-Süd gehört, ist eine von fünf Prüfungsstellen, die auf Beschluss der Kirchenleitung als Körperschaften öffentlichen Rechts eingerichtet wurden, um zukünftig die Rechnungsprüfungen der Evangelischen Kirche im Rheinland wahrzunehmen.

Termine der Kreissynode Köln-Süd:
Die Kreissynode Köln-Süd tagt im Jahr 2010 noch einmal: am Samstag, 6. November, im Berufsförderungswerk Michaelshoven.

Einführung des neuen Pfarrers in Köln-Raderthal:
Pfarrer Klaus Eberhard wird am Sonntag, 6. Juni, ab 15 Uhr, in einem Gottesdienst in die Pfarrstelle der Philippus-Kirchegemeinde Köln-Raderthal eingeführt. Die Einführung übernimmt Superintendent Dr. Bernhard Seiger.

Stichwort: Kirchenkreis Köln-Süd:
Der Kirchenkreis Köln-Süd umfasst insgesamt 17 Gemeinden: Brüggen/Erft, Brühl, Frechen, Horrem, Matthäus-Kirchengemeinde Hürth, Johannes-Kirchengemeinde Hürth-Gleuel, Kerpen, Köln-Bayenthal, Philippus-Kirchengemeinde Köln-Raderthal, Köln-Rodenkirchen, Köln-Zollstock, Lechenich, Liblar, Rondorf, Sindorf, Sürth-Weiß und Wesseling. Hier leben etwa 70.000 Gemeindeglieder.

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