Haushaltsplan für 2008 beschlossen
58 von 72 stimmberechtigten Delegierten trafen sich am Freitag, 9. November, und am Samstag, 10. November, im Haus der Evangelischen Kirche zur Herbstsynode des evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte. Unter den Gästen begrüßte Superintendent Rolf Domning auch den Oberkirchenrat Georg Immel von der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR), der als Dezernent für die vier Kölner Kirchenkreise an der Synode teilnahm. Die Synodalen nahmen die Jahresrechnung für das Jahr 2006 zur Kenntnis und erteilten allen am Haushalt Beteiligten Entlastung. Im vergangenen Jahr wurde ein Haushaltsüberschuss in Höhe von 103.276,11 Euro erwirtschaftet. Finanzkirchmeister Joachim Morawietz führte dieses deutliche Plus hauptsächlich auf Mehreinnahmen aus der Kirchensteuer zurück. Die Synodalen beschlossen, 88.276,11 Euro der allgemeinen Ausgleichsrücklage des Kirchenkreises zuzuführen. 15.000 Euro werden für die Vorbereitung eines Partnerschaftsprojektes mit der Chinesisch-rheinischen Kirche (CRC) in Hongkong zur Verfügung gestellt. Für das kommende Jahr beschlossen die Synodalen einen Haushalt mit einem Volumen von 430.224 Euro. Größter Posten ist wieder das Jugendreferat, für das 109.000 Euro eingeplant sind. Auf der Einnahmenseite stehen allein 259.000 Euro, die aus Kirchensteuern erwartet werden. Insgesamt rechnet der Kirchenkreis für 2008 mit Einnahmen in Höhe von knapp 463.000 Euro, was einen Überschuss von rund 32.000 Euro zur Folge hätte. Die so genannten 5-Prozent-Mittel des Kirchenkreises werden wieder anteilig an die Gemeinden weitergereicht.
Superintendent Rolf Domning: Kirchentag als herausragendes Ereignis mit vielen Impulsen
Rolf Domning, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte, begann seinen Jahresbericht mit einem Rückblick auf den 31. Deutschen Evangelischen Kirchentag (DEKT) in Köln 2007. Seine Schilderungen von dem beeindruckenden „Fisch“-Symbol an der Hohenzollernbrücke (ein spätantikes Zeichen für „Christus“) und den zahlreichen Veranstaltungen verknüpfte er mit einem Dank an die freiwilligen Helfer: „Ohne das vielfältige Engagement, in den Schulen, beim Abend der Begegnung und auch in einigen Programmsegmenten wäre das alles nicht denkbar gewesen.“ Die besondere Atmosphäre beim DEKT wurde laut Domning in einer Zeitungsüberschrift treffend zum Ausdruck gebracht: „Protestantismus in Rhein-Kultur“! Als Beispiel führte er an, dass das Thema Liebe bei vielen Veranstaltungen im Zentrum stand. Der DEKT war nach Ansicht des Superintendenten aber nicht nur ein herausragendes Ereignis, sondern habe auch viele nachhaltige Impulse für die Zukunft gegeben. „Der Kirchentag war innerhalb des Kirchenkreises, aber auch in ökumenischer Hinsicht zwischen unseren Gemeinden ein wirklich sehr verbindendes und tragendes Ereignis. Er hat auch unüberhörbare und deutliche Signale gesetzt in den wichtigsten gesellschaftlich relevanten Fragestellungen.“
Protestantismus und Europa
Einen „Hauch von Kirchentag“ verspürte Domning wieder bei der zentralen Reformationsfeier in der Trinitatiskirche. Hier habe sich der Protestantismus sehr profiliert dargestellt, was aber nicht fälschlicherweise mit einem Missionsanspruch verwechselt werden dürfe: „Wir begrüßen die europäische Gesetzgebung, die sich gegen jede Form der Diskriminierung wendet. Zu unserem Wunsch, als Kirche deutlich und klar zu sprechen, gehört es nicht, unser eigenes Profil gegen andere zu wenden. Auseinandersetzung ist notwendig, darf jedoch nicht zur Stigmatisierung und Ausgrenzung führen. Neuen Lebensformen begegnen wir mit Offenheit und Respekt“, zitierte der Superintendent eine der „9.5 protestantischen Thesen zu Europa“, welche die Melanchthon-Akademie anlässlich der Reformationsfeier verfasst hat. Das eigene Profil will Domning auch verstärkt in den Mittelpunkt stellen, wenn es um Anmerkungen des Kölner Erzbischofs Joachim Kardinal Meisner zu verschiedenen Themen geht. „Selbstbeherrschung ist auch eine Kunst. Es fällt zwar manchmal schwer, doch warum sollten wir die verlieren?“, meinte der Superintendent und plädierte für den Verzicht auf offizielle reflexartige Reaktionen auf „kardinale Provokationen“.
Zusammenleben der Religionen als Herausforderung
Zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts – auch das wurde bei der Reformationsfeier 2007 betont, erinnerte Domning – zählt das Zusammenleben der unterschiedlichen Religionen. Gerade in Köln sei das am Beispiel des geplanten Baus einer Zentralmoschee deutlich zu erkennen, sagte er. Der Superintendent wandte sich in diesem Zusammenhang gegen eine Schwarz-Weiß-Malerei: „Die in Umfragen feststellbare Angst vor dem Islam muss ernst genommen werden. Menschen, die diese Angst haben, dürfen nicht pauschal ins Unrecht gesetzt oder in die rechtsradikale Ecke gestellt werden. Gleichzeitig müssen wir stereotypen Darstellungen und Diffamierungen, der Islam wolle uns überrollen, die Scharia einführen und unsere Gesellschaft islamisieren, klar entgegentreten.“ Die Auseinandersetzung gerade mit dem Islam habe aber auch bei vielen Menschen zu einer Klärung der eigenen religiösen Position geführt, was laut Domning auch an der Zahl von Wiedereintritten in die Kirche abzulesen sei.
Klein, aber sexy
Das Zusammenleben verschiedener Religionen gestalte sich hauptsächlich in den Städten. Dennoch wollte der Superintendent nicht so weit gehen, dass sich die Zukunft der Kirche in den Städten entscheide. „Wir müssen in unseren Konzepten mehr in regionalen Zusammenhängen denken“, forderte Domning und sah im Kirchenverband Köln und Region ein Vorbild für diesen Prozess, „sind wir doch gewissermaßen ein Vorläufer dieser Entwicklung, eine Metropolregion kirchlicher Ausprägung“. Und als städtischster der vier Kölner Kirchenkreise habe der Kirchenkreis Köln-Mitte schon lange seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, über den Tellerrand hinaus zu schauen. Wahrscheinlich dachte er an den erotischen Gottesdienst als er zum Schluss seines Berichtes feststellte: „Der Kirchenkreis Köln-Mitte, ja, der ist zwar klein, aber sexy.“
Ökumene – Wir sind Kirche!?
Das Hauptthema der Synode hieß „Ökumene – Wir sind Kirche!?“ und beschäftigte sich mit dem Miteinander der christlichen Religionen nach den jüngsten Verlautbarungen der vatikanischen Glaubenskongregation, die der Evangelischen Kirche das „Kirche sein“ absprach. „Stolpersteine und notwendige Klärungen“ sollten zwei Referenten liefern: der katholische Theologe Pater Werner Holter, Leiter der Karl-Rahner-Akademie, und der Ökumenebeauftragte des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Dr. Martin Bock. Holter gestand durchaus zu, dass die ökumenische Zusammenarbeit zwischen Evangelischen und Katholiken an der Basis gut funktioniere und wünschenswert sei. Aber: „Der theologische Klärungsprozess, was Ökumene eigentlich bedeutet, stockt seit Jahren.“ Auch über das Ziel der Ökumene sei bislang keine tragfähige Einigung erzielt worden. Die Sicht der katholischen Kirche zu der theologischen Fragestellung sei klar: Aufgrund der sogenannten apostolischen Sukzession der Bischöfe und Priester in der Nachfolge Petri, die mit dem Papstamt selbst und der Eucharistie eine „unauflösliche Einheit“ bilde, könne eine Kirche, der das geweihte Priesteramt und die Eucharistie fehle, nicht „Kirche“ im eigentlichen Sinne sein. Und gerade das Wissen über diese konfessionellen Unterschiede sei gravierend zurückgegangen. Dem Argument, dass evangelisch und katholisch nur verschiedene Konkretisierungsformen der einen Kirche Jesu Christi seien, hielt er schmunzelnd den Unterschied zwischen qualifizierter Partnerschaft und Vollmitgliedschaft entgegen, ein Verweis auf die Argumentation zum EU-Beitritt der Türkei. Generell forderte Holter, dass „Ökumene wieder seriöser werden muss“.
Konfessionen nur eine Hilfskonstruktion
Für Martin Bock dagegen sind Konfessionen nur eine Hilfskonstruktion, keine festen Gebilde. „Die Kirche ist ein Geschöpf aus Gottes Wort und Geist.“ Der evangelische Theologe erinnerte an das Elementare des katholischen und des evangelischen Glaubens: „Aus der Bibel lesen, das Brot brechen, die Taufe.“ Ein evangelischer Aspekt von Kirche sein sei aber, dass der Mensch auch von seinem Glauben einen Schritt zurück machen könne, um auf das Ganze und die Verheißung Gottes zu schauen. „Die Evangelische Kirche entbehrt das Maß an Sichtbarkeit, die zu Kirche nach römisch-katholischem Verständnis dazugehört“, nahm Bock die Vorlage von der „unauflösbaren Einheit“ auf und stellte die evangelische Antwort klar heraus: „Die Evangelische Kirche hat immer schon Institutionenkritik betrieben und sich als Anwalt des Individuums gesehen.“ Dazu gehöre auch die ständige Bereitschaft zu Veränderungen und Verbesserungen. Diesen „schmerzhaften Prozess“ sehe er eher auf Seiten der Evangelischen Kirche vertreten, weshalb er die Äußerungen der Glaubenskongregation auch als „katholisches Selbstgespräch“ bezeichnete. Ziel der Ökumene, so die evangelische Position, sei eine „Gemeinschaft in versöhnter Verschiedenheit“.
Georg-Fritze-Gedächtnisgabe geht nach Pirna
Die Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe geht an die „Aktion Zivilcourage“ im ostdeutschen Pirna. Einstimmig beschlossen die Synodalen, den mit 5.000 Euro dotierten Preis an die von rund 30 jungen Menschen ins Leben gerufene Initiative zu vergeben. Die „Aktion Zivilcourage“ engagiert sich für Menschen mit Migrationshin-tergrund und bekämpft trotz großer Schwierigkeiten rechtsextreme Tendenzen in dem 40.000-Einwohner-Städtchen in der sächsischen Schweiz. Die Pfarrer-Georg-Fritze-Gedächtnisgabe wird im Frühsommer 2008 überreicht.
Irente-Restmittel für AIDS-Patienten
Die Irente Farm in Tansania war ein Partnerschaftsprojekt des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte, das viele Jahre lang erfolgreich gelaufen ist und mittlerweile auf eigenen Füßen steht. Von den dafür gesammelten Spenden und Kollekten sind aber noch Restmittel in Höhe von 13.277,66 Euro vorhanden. Einstimmig wurde auf der Synode beschlossen, diese Restmittel in Anlehnung an den ursprünglichen Spendenzweck für das Programm der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania zur anti-retroviralen Therapie von AIDS-Patienten zu verwenden. Bei dem von der Vereinigten Evangelischen Mission (VEM) vorgeschlagenen Projekt werden die Patienten unter anderem in Ernährungsfragen geschult und erhalten Hilfestellungen bei der Anlage von Hausgärten.
Kontroverse um Zukunft des Eine-Welt-Ladens
Das Presbyterium der Evangelischen Gemeinde Köln hat beschlossen, den Mietvertrag für den Eine-Welt-Laden in der AntoniterCityKirche Ende Juni 2008 auslaufen zu lassen. Danach will die Gemeinde die Räume selber nutzen. „Hier sollen die Evangelische Informationsstelle, die ab Januar nur noch mit einer halben Stelle sowie mit Ehrenamtlern besetzt ist, und das Präsenzteam zusammengefasst werden, um die erheblich gestiegene Zahl an Anfragen beantworten zu können“, begründete Citypfarrer Dr. Bertold Höcker die Entscheidung. Der Verkauf von „Glaubensartikeln“, Postkarten und anderen Produkten soll die Einnahmen für die Citykirchenarbeit verbessern. Kritik an der Aufgabe des Eine-Welt-Ladens kam aus den Reihen der Synodalen. Viele Mitglieder empfanden den Laden und sein Konzept des fairen Handels als sinnvollen Gegenpunkt zum „kommerziellen Einkaufstempel Schildergasse“. Auch der Verkauf von „Devotionalien“ passe nach Ansicht einiger nicht zum evangelischen Glauben. Dr. Heinrich Rasokat, Finanzkirchmeister der Evangelischen Gemeinde Köln, hielt der Kritik finanzielle Fakten entgegen: „Die Citykirchenarbeit ist dramatisch unterfinanziert!“ Um allen Anforderungen, auch dem Erhalt des Eine-Welt-Ladens, gerecht zu werden, bedürfe es der finanziellen Solidarität aller Gemeinden. Superintendent Rolf Domning kündigte die Möglichkeit an, das Thema auf der Frühjahrssynode 2008 noch einmal intensiv zu diskutieren.
Thesenpapier geht in die Gemeinden
Die „9.5 protestantischen Thesen zu Europa“, die die Melanchthon-Akademie anlässlich der zentralen Reformationsfeier 2007 in der Trinitatiskirche verfasst hat, wurde trotz einiger Kritikpunkte von den Delegierten begrüßt. Mit dem Thesenpapier wird die Rolle der Evangelischen Kirche, vor allem in Köln, bei der Gestaltung der europäischen Zukunft thematisiert. Die Synodalen beschlossen, das Thesenpapier jetzt in den einzelnen Gemeinden zu diskutieren und zu bearbeiten.
Stichwort Kirchenkreis Köln-Mitte
Der evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte setzt sich zusammen aus den sechs Gemeinden Köln, Riehl, Nippes, Lindenthal, Klettenberg und Deutz/Poll. Das „Parlament“ des Kirchenkreises ist die Kreissynode. Ihr gehören im Kirchenkreis Köln-Mitte zurzeit 72 stimmberechtigte Vertreterinnen und Vertreter – Theologinnen , Theologen, und Laien – aus den sechs evangelischen Gemeinden an. Geleitet wird der Kirchenkreis Köln-Mitte von Superintendent Rolf Domning gemeinsam mit dem Kreissynodalvorstand.
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