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Nachrichten von der Kreissynode Köln-Mitte vom 18. März 2006 – Fulbert Steffensky über „Graubrot-Gottesdienste“ und „Schwarzbrot-Spiritualität“

Fulbert Steffensky zur Zukunft der Kirche
53 von 73 stimmberechtigten Mitglieder trafen sich am Samstag, 18. März, im Haus der Kirche zur Frühjahrssynode des evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte. Pfarrer Rolf Domning, Superintendent des Kirchenkreises, begrüßte einen prominenten Gastredner: Fulbert Steffensky, Theologe und emeritierter Professor für Religionspädagogik aus Hamburg und bis zu ihrem Tod verheiratet mit der bekannten Theologin Dorothee Sölle. Steffensky sprach zum Thema „Kirche(n) in der Stadt: Orte der Besinnung, Ermutigung und Begegnung – theologische Perspektiven in Zeiten knapper werdender Mittel“.


Kirche der Zukunft: „kleiner und ärmer“
Laut Steffensky wird die evangelische Kirche der Zukunft „kleiner und ärmer“ sein. Das biete die Chance der Konzentration auf das Wesentliche. Er sprach sich für weitere Fortschritte im Prozess der Ökumene aus, die Konfessionen „können einander dienen mit ihren verschiedenen Charismen“. Allerdings sollten die Katholiken Katholiken bleiben wie die Protestanten Protestanten. Letztere warnte Steffensky, „zu viel mit Weihwasser herumzuspritzen“. Frauen werden nach Ansicht des Theologen die Zukunft der Kirche stärker bestimmen als die Gegenwart. Das mache die Aussagen der Theologie in vielen Bereichen riskanter, weil es dann nicht wie heute in erster Linie um die theologische Irrtumsvermeidung gehe. Die Kirche in ihrer jetzigen Form werde nicht sterben, sie werde sich wandeln. Was die Protestanten derzeit erlebten, seien die Geburtsschmerzen dieses Wandels. Steffensky wies aber auch hin auf die Segnungen der Traditionen. Deren Überlieferung des normativen Wissens sorge dafür, dass Werte wie Solidarität und Gerechtigkeit erhalten blieben. Ohne solche Verwurzelung bleibe der Mensch ein traditonsfreies Subjekt, „das immer nur Selbstzitat ist“.


Der Mensch ist „allein nicht abendfüllend“
Und selbstverständlich brauche der Glaube die Kirche, so Steffensky, „Denn allein bin ich nicht abendfüllend“. Die Kirchenräume voller Patina von Zweifeln, Enttäuschungen und Hoffnungen, voller Gebete, deren Sprache die „Toten für uns vorgewärmt haben“, schafften eben das Umfeld für die wichtigen „Graubrot-Gottesdienste“ (Steffensky spielte damit auf den Titel seines letzten Buches an: „Schwarzbrot-Spiritualität“, Radius-Verlag, ISBN: 3-87173-324-5) in denen man nicht an seiner eigenen Authentitizität verhungern müsse: „Dort gehe ich Sonntag für Sonntag hin und erlebe mehr Welt als sonst. Ich verlasse die Enge meines eigenen Kreises und sehe die, die ich sonst nicht sehe, die Behinderten, die Zukurzgekommenen und die Verlierer. Dort bin ich nicht allein auf meinen eigenen windschiefen Glauben angewiesen und kann in aller Ruhe auf meine magersüchtige Authentizität verzichten.“ Diese Gottesdienste gäben den Menschen Gewohnheiten, die die Freiheit schützten, aus ihnen als „Freigeistdenker“ auszubrechen.


Mission: „gewaltlose Werbung für schönen Lebensentwurf“
Steffensky empfahl den Synodalen, mit ihren Kirchenbauten in der „säkularen“ Stadt deutlich hervorzutreten. Wer sich deutlich machen wolle, müsse sich zeigen. Und „Mission“ dürfe auch kein Problem sein. „Kirche ist Kirche nur, solange sie auch Kirche für andere ist.“ Mission sei die gewalt- und ressentimentlose Werbung für einen schönen Lebensentwurf. Und der müsse auch nicht unter allen Umständen protestantisch sein.

Fulbert Steffenskys gesamten Vortrag können Sie hier nachlesen.

Stichwort „Kirchenkreis Köln-Mitte“
Der evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte setzt sich zusammen aus den sechs Gemeinden Köln, Riehl, Nippes, Lindenthal, Klettenberg und Deutz/Poll. Das Parlament des Kirchenkreises ist die Kreissynode. Ihr gehören im Kirchenkreis Köln-Mitte zur Zeit 73 stimmberechtigte Vertreterinnen und Vertreter – Theologinnen, Theologen und Laien – aus den sechs evangelischen Gemeinden an. Nach der Kirchenordnung dürfen Theologinnen und Theologen dabei nicht mehr als fünfzig Prozent der Sitze innehaben. Geleitet wird der Kirchenkreis Köln-Mitte von Superintendent Pfarrer Rolf Domning gemeinsam mit dem Kreissynodalvorstand.

Text: Stefan Rahmann
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