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Nachrichten von der Herbstsynode 2017 des Kirchenkreises Köln-Süd

Das Thema Reformation hat die Herbstsynode 2017 des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd stark geprägt. Dabei ging es zum einen um eine Rückschau, was alles in den einzelnen Gemeinden geschehen ist. Auf der anderen Seite wagten die Beteiligten aber auch eine Vorschau auf das, was die Gedanken der Reformation auch nach der Reformationsdekade weiter bewirken können. Die Synodalen des Kirchenkreises tagten im Berufsbildungswerk der Diakonie Michaelshoven.

Um 11.11 Uhr am Elften im Elften nahm Pfarrer Frank Drensler aus Sindorf das rheinische Motto des Reformationsjubiläum wörtlich: "Vergnügt, erlöst und befreit" setzte er sich eine Narrenkappe auf und eröffnete mit einem dreifach donnernden "Alaaf" die Karnevals-Session auch für die Abgeordneten der Herbstsynode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd. Nach dieser kurzen Unterbrechung verhandelten die Synodalen die anstehenden Themen wieder mit dem gebotenen Ernst.
Pfarrer Frank Drensler eröffnete auf der Synode die neue Karnevals-Session
Gott als Eck- und Grundstein
Im Eröffnungsgottesdienst in der Erzengel-Michael-Kirche hatte die Rodenkirchener Pfarrerin Kathinka Brunotte zuvor über den 2. Epheser-Brief gepredigt und das Bild des Hausbaus aufgegriffen mit Gott als Eck- und Grundstein. Dank Jesus Christus sei jeder eingeladen, "in die große Wohngemeinschaft der Kirche Gottes einzuziehen". Und mitbauen dürften an dem Haus auch jede und jeder. "Viele Generationen haben das Haus weitergeplant, gebaut, geändert, Teile abgerissen und neu gebaut", fuhr Brunotte fort: "Gut, dass die Arbeit auf dieser Baustelle nie ruht. Und dass Frieden herrscht, weil auch Gott in die WG zieht." Auch im 501. Jahr nach der Reformation sei die Kirche immer noch "semper reformanda". Der Abendmahlsgottesdienst wurde von jungen Theologinnen und Theologen des Kirchenkreises gestaltet.
Pfarrerin Kathinka Brunotte sprach in einem bewegenden Gottesdienst über den 2. Epheser-Brief
"Unvergessliches Reformationsjubiläum"
In seinem Jahresbericht widmete sich Pfarrer Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd, zunächst den Feiern zum Reformationsjubiläum. Sein Fazit: "Es war ein unvergessliches und mutmachendes Reformationsjubiläum, das unsere evangelischen Themen breit und selbstbewusst vertreten hat. Die Entwicklung unserer Kirche während der Dekade war so ökumenisch, international und dialogorientiert wie nie zuvor und damit für unsere heutige Gesellschaft angemessen und hilfreich." Nachdenken müsse man darüber, wie man die evangelischen Inhalte der jüngeren Generation kommuniziert werden kann. Das Reformationsjubiläum hat aus Seigers Sicht starke Akzente in der Ökumene gesetzt. Der Superintendent erinnerte an die Vesper, die der rheinische Präses Manfred Rekowski und der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki am Reformationstag im Altenberger Dom gefeiert haben: "Präses Rekowski beschrieb in seiner Predigt den bisherigen und künftigen Weg der Kirchen: ‚Unser Leben ist zusammengeführt mit dem, der stärker ist als alle Zerwürfnisse und der Tod. Jesus Christus lebt, und stirbt nicht mehr. Durch ihn erfahren wir Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt.' Die Christen sollten befreit sein von allen Bemühungen um konfessionelle Besitzstandswahrungen. ‚Wir sind unumkehrbar vom Konflikt zur Gemeinschaft unterwegs'", habe Rekowski gesagt. Die alten Zerwürfnisse seien zwar noch da. Aber auf ihnen liege, so der Präses, kein Segen. "Präses und Erzbischof haben mit Bestätigung der versammelten ökumenischen Gemeinde in diesem Sinne ein ökumenisches Bekenntnis abgegeben, das eine Selbstverpflichtung für die Zukunft ist. Die fünf Schlüsselworte für das gemeinsame Leben lauten: Taufe, Verkündigung, Dienst, Lernen und Hoffnung", sagte Seiger weiter. Darauf müsse man in der Ökumene aufbauen. Überfällig sei eine Entscheidung der katholischen Kirche, konfessionsverbindenden Ehepaaren das gemeinsame Abendmahl zu gestatten: "Aus katholischer Sicht kann meines Erachtens das Sakrament der Ehe theologisch und seelsorglich nicht mehr vereinbar sein mit der Aufrechterhaltung des Ausschlusses eines Ehepartners von der Eucharistie."
Superintendent Dr. Bernhard Seiger bei seinem Bericht über das Jahr 2017 im Kirchenkreis Köln-Süd
Seiger: Kräfte bündeln für das Wesentliche
Der Superintendent rief dazu auf, Themenschwerpunkte zu setzen: "Ich bin überzeugt, dass es sich für uns als Kirche lohnt, in der Fülle der öffentlichen Debatten die Kräfte auf einzelne Themen zu bündeln. Einerseits besteht aus guten Gründen viel Freiheit, dass jede Gemeinde sich je nach lokalen Bedingungen Schwerpunkte setzt. Andererseits zeigt der Erfolg des Reformationsthemas, dass alle von einem gemeinsamen Thema profitieren." Im kommenden Jahr könnte die Friedensethik ganz oben auf der Agenda stehen. Dann jährt sich das Ende des 1. Weltkrieg zum hundertsten Mal: "Christen können als Botschafter der Versöhnung einen Beitrag zum respektvollen Zusammenleben in unserer Gesellschaft und zum friedlichen Interessenausgleich zwischen Staaten und Bevölkerungsgruppen leisten. Dazu ist der naheliegende Schritt, sich mit diesen Themen aktiv zu beschäftigen und in Erwachsenenbildung, Religionsunterricht und der Jugendarbeit friedensethische Fragen aufzugreifen", sagte der Superintendent, der anschließend auf die dramatischen Veränderungen der Pfarrerstellenzahl aufmerksam machte. 2030 werden wegen der zurückgehenden finanziellen Mittel auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland noch 1000 Pfarrer Dienst tun. Im Moment sind es 1800. Für den Kirchenkreis Köln-Süd bedeutet das eine Reduzierung der Pfarrstellen von derzeit 25,5 auf 16 oder 17. Der Superintendent rief die Gemeinden zu Kooperationen auf, wenn die Zahl der Gemeindeglieder pro Pfarrer oder Pfarrerin von jetzt 2700 auf 3800 steige. Die Stellenhaberinnen und Stelleninhaber müssten ihre "Zeit für das Wesentliche" einsetzen. Ein Modell, so hieß es auf der Synode, sei die Ausbildung von Ehrenamtlichen für seelsorgerliche Aufgaben. In den 60er Jahren sei es im Übrigen üblich gewesen, dass jeder Pfarrstelle bis zu 7000 Gemeindeglieder zugeordnet waren. Bei den Katholiken seien es im Moment sogar bis zu 15.000. Auf Rückfrage aus der Synode wies Seiger die Synodalen auf weitere Veränderungen hin, die den Kölner Protestanten in nicht allzu ferner Zukunft bevorstünden: "Die vier Kölner Kirchenkreise sind ja nicht für die Ewigkeit angelegt. Wir sind eine schrumpfende Organisation. In zehn Jahren wird es keine vier Kirchenkreise mehr geben." Deren Superintendenten stünden in Gesprächen.
Pfarrerin Simone Drensler stellte in ihrem Bericht über die Reformationsfeiern auch viele Luther-Produkte vor
Evangelische bei der Fronleichnamsprozession
Die Berufsschul-Pfarrerin Simone Drensler, Scriba im Kreissynodalvorstand, nahm sich in einem gesonderten Vortrag des Reformationsjubiläums an. Und beschrieb zunächst einmal die Schwierigkeiten: "Solus christus – sola scriptura – sola gratia – sola fide. Die Konzentration auf Christus als dem einen Wort Gottes, die Bibel als Maß und Richtschnur allen christlichen und kirchlichen Redens und Handelns, die Gnade Gottes als Basis unserer Befreiung und der Glaube, der vertrauend diese Gnade annimmt. Das war natürlich hineingedacht und hineingesprochen in das ausgehende Mittelalter mit seinen Gegebenheiten. Und wir müssen ihn nun bewerkstelligen: den Brückenschlag von 1517 nach 2017: Wie können wir die zentralen Einsichten der Reformation heute verstehen, in unsere Gegenwart sprechen und für die Zukunft, für kommende Generationen, fruchtbar machen?" Drensler ging auf die öffentliche Wahrnehmung des Jubiläums ein: "Hohe Synode, das Jubiläumsjahr hat noch nicht ganz seinen Odem ausgehaucht, da beginnt auch schon die Schlacht um die Deutungshoheit, ausgetragen in kirchennahen und -distanzierten Medien: Top oder Flop? Kein Konzept! Zu viel Event, zu wenig Botschaft! Das Reformationsjubiläum und die Ökumene: Hasenfüßig, schlaff, fantasielos! Theologische Leerstelle – die geistliche Bilanz des Reformationsjubiläums ist bescheiden! Museal! Vertane Chancen! Luther ist die Pleite des Jahres, Kunstausstellungen machen das Rennen! Hoher Bildungswert! Zu viel eingesetztes Geld! Und bezogen auf die gesamte Phalanx von Merchandisingprodukten: Die Evangelische Kirche betreibt Selbstbanalisierung!" Mit diesem Deutungswirrwarr im Kopf und einem dezenten Gefühl der Enttäuschung habe sie dann begonnen, die Berichte der Gemeinden aus dem Kirchenkreis über ihre Veranstaltungen zum Jubiläum zu lesen: "Und was soll ich sagen, das dezente Gefühl der Enttäuschung verflüchtigte sich ziemlich flott: Denn diese Berichte fällen keine Urteile, sondern sie erzählen. Sie reden nicht über das Jubiläum, sondern sie sprechen von diesem Ereignis. Sie schlagen keine intellektuellen Kapriolen, sondern erzählen, was Menschen zusammen mit Menschen bewegt haben." Große Fortschritte habe es in der Ökumene gegeben. In Sindorf hätten die Evangelischen an der Fronleichnamsprozession teilgenommen, für Protestanten eigentlich undenkbar. In Frechen hat die Gemeinde ihr 300-jähriges Bestehen gefeiert. Ein katholischer Priester habe ein "bemerkenswertes", so Drensler, Grußwort gesprochen: "Wir Katholiken sind evangelisch und ihr Protestanten seid katholisch: Wir sind als Katholiken evangelisch, weil auch wir das Evangelium, die frohe Botschaft verkünden und ihr Evangelischen seid auch katholisch – nicht im Sinne von römisch-katholisch -, sondern weil es euch auch um das allumfassende des Christentums geht. Katholikos, wie wir es gemeinsam im Glaubensbekenntnis bekennen." Und zum Thema Ökonomisierung von Luther und Reformation hatte Drensler auch etwas zu sagen: "Es gab ja nicht nur diese Playmobil-Lutherfigur, sondern auch noch: Brillenputztücher, Einkaufschips, Badewannen-Enten, Teelichthalter, oder sogar Lutherol-Tabletten… – klar, alles Geschmackssache. Und dass da viele auf den Zug aufsprangen, um ihr Stück vom Reformationskuchen abzubekommen, wer wollte das verhindern?

In einem Gemeindebericht wurde angesichts von 1,1 Millionen verkauften Figürchen natürlich die Frage gestellt: Was macht diese Figur in den Zimmern unseres Nachwuchses? Was würde Luther in diese Kinderzimmer hinein sprechen? Ich hab lange drüber nachgedacht und versucht, die Chance zu finden, die in all diesen Dingen liegt. Und vielleicht ist es diese: Das sind alles mögliche Gesprächsanlässe. Ich laufe seit einem Jahr mit diesem Schlüsselanhänger durch die Schule. Drauf steht das Reformationsmotto. Wie viele Schüler haben mich gefragt, was da drauf steht, warum hängen sie genau da ihren Schlüssel dran. Und schon ist es da, das Gespräch über Luther, Reformation, Evangelisch sein, Christ sein."

Haushalt einstimmig verabschiedet
Die Synodalen einigten sich einstimmig auf einen Haushalt für das Jahr 2018 mit Erträgen in Höhe von 677.322 Euro und Aufwendungen in Höhe von 716.500 Euro. Finanzkirchmeister Lothar Ebert schlug vor, die Verringerung von Rücklagen, die nicht zur Finanzierung von Investitionen dienen, zum Ausgleich des Haushalts auf 46.440 Euro festzulegen. Dem schloss sich die Synode an.

Aufmerksamkeit gegenüber Antisemitismus gefordert
Die Synodalbeauftragte für das christlich-jüdische Gespräch, Pfarrerin Andrea Döhrer, hatte einen Antrag an die Synode gestellt, sich bei der künftigen Bundesregierung über die rheinische Kirchenleitung für die Einrichtung eines/einer Antisemitismus-Beauftragten im Kanzleramt einzusetzen. Dazu stellte sie aktuelle Beispiele konkreter antisemitischer Vorfälle vor. Die Synode teilte die Sorge um wachsenden Antisemitismus und stimmte dem Antrag einstimmig zu.

Stichwort: Kirchenkreis Köln-Süd
Der Kirchenkreis Köln-Süd umfasst insgesamt 16 Gemeinden: Brüggen/Erft, Brühl, Frechen, Horrem, Friedenskirchengemeinde Erftstadt, Hürth, Kerpen, Köln-Bayenthal, Philippus-Kirchengemeinde Köln-Raderthal, Köln-Rodenkirchen, Köln-Zollstock, Lechenich, Rondorf, Sindorf, Sürth-Weiß und Wesseling. Hier leben etwa 66.500 Gemeindeglieder.

Den vollständigen Bericht für die Kreissynode Herbst 2017 von Superintendent Dr. Bernhard Seiger finden Sie hier.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/APK