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Nachrichten von der Herbstsynode 2017 des Kirchenkreises Köln-Nord

Seit dem großen Reformationsjubiläum sind gerade einmal drei Wochen vergangen, doch beim Evangelischen Kirchenkreis Köln-Nord verbindet man die Rückschau entschlossen mit dem Blick in die Zukunft. Liane Scholz, Pfarrerin der Kirchengemeinde Ichthys, zitierte im Gottesdienst zur Eröffnung der Kreissynode in der Auferstehungskirche Bocklemünd den Propheten Jesaja (9,2): „Das Volk das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht; und über die da wohnen im finsteren Lande, scheint es hell.“ Aber ist die Kirche noch ein Licht, fragte die Pfarrerin, eröffnet sie noch neue Wege und ungeahnte Möglichkeiten, erfüllen gerade die Protestanten noch ihren eigenen Anspruch, eine Kirche zu sein, die sich im Geiste Luthers beständig selbst reformiert?

Die Synode der Rheinischen Landeskirche hatte bereits im Januar zur Eröffnung des Jubiläumsjahres in Bad Neuenahr das Thema „neue Gemeindeformen“ auf die Tagesordnung gesetzt. Und auch der Gast aus dem Landeskirchenamt, Dr. Volker Haarmann, Referent für den christlich-jüdischen Dialog, erinnerte die 84 in der Auferstehungskirche versammelten Synodalen in seinem Grußwort an Jesus‘ Mahnung an Nikodemus im Johannes-Evangelium: Dass neu geboren werden müsse, wer das Reich Gottes zu sehen hoffe. Markus Zimmermann, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Nord und stellvertretender Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, betonte ebenfalls, das Motto der Rheinischen Landeskirche zum Reformationsjubiläum: „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit" habe zwar sein Berechtigung gehabt, doch: „Kirche darf und muss sich ändern, manche Formate wirken nicht mehr so anziehend wie noch vor einigen Jahren.“

Deshalb waren die „neuen Gemeindeformen“ auch das Schwerpunktthema auf der Herbstsynode des Kirchenkreises Köln-Nord. Landespfarrer Christoph Nötzel, Leiter des Amts für Gemeindeentwicklung und missionarische Dienste, forderte die Synodalen auf, sich zu fragen, ob die Kirche tatsächlich noch ein Licht sei, ob sie Orientierung biete vor Ort, in den Gemeinden und Stadtteilen. Oder ob sie vor allem damit beschäftigt sei, ihre bestehenden Strukturen – im Bereich des Personals oder der Gebäude etwa – zu erhalten und zu verwalten, statt aus Überzeugung Neues, Unerhörtes zu wagen. „Es macht ja gerade die Faszination der Luther-Erzählung aus, dass da jemand stand und sagte: ‚Ich kann nicht anders.“

So wünschte sich Nötzel von Protestanten den Mut, hinauszugehen und zuzuhören, auf die Marktplätze und in die Kneipen, dort wo Menschen heute miteinander kommunizieren und feiern, ob sie nun der Kirche nahestehen oder nicht: „Die Kooperationen mit Künstlern, Theatern, Unternehmen oder Arbeitern gehörten auch im Jubiläumsjahr zu den Veranstaltungen, die am besten angekommen sind.“ Positive Ansätze, die zeigten, dass die Kirche bereit ist, auf die Themen und Anliegen der Menschen einzugehen, hätten sich in den letzten Jahren durchaus entwickelt, Pfarrer Nötzel erwähnte in diesem Zusammenhang die City- und Kulturkirchen, die Schul- und Uni-Gemeinden. Er empfahl den Presbyterien der Gemeinden, weitere „Erprobungs- und Freiräume“ anzubieten, für Jugendliche oder Menschen mit Migrationshintergrund zum Beispiel, auch über finanzielle und personelle Unterstützung nachzudenken und diese „Gemeinschaften innerhalb der Gemeinschaft“ möglichst in die Gremienarbeit einzubinden.

Ein Brainstorming mit reger Aussprache in Kleingruppen bewies, dass den Synodalen tatsächlich eine Reihe von Themen auf den Nägeln brennt. Ganz vorne an stand dabei selbstverständlich die Frage von passenden Angeboten für die Jugend und die darauf folgenden Altersgruppen. Von Ausflügen und Freizeiten ging es bis zum Frühstück auf dem Aldi-Parkplatz oder der Tango-Kirche. Auch wurde vorgeschlagen, die „neuen Gemeindeformen“ sollten künftig ständiges Thema auf Presbyter-Sitzungen sein, was auf allseits große Zustimmung stieß.

In seinem Jahresbericht sprach Superintendent Zimmermann die Probleme offen an: „Wir sind eine deutlich kleiner werdende Kirche und die Kirchen verlieren in unserer Gesellschaft zunehmend an Bedeutung, gerade auch bei jungen Menschen, aber längst nicht nur bei ihnen.“ Das hänge nicht zuletzt mit dem anhaltenden Trend zur Individualisierung, mit der Vielfalt an Lebensentwürfen und den neuen Kommunikationswegen zusammen. Der Superintendent ermunterte die Synodalen aber, selbstbewusst, zuversichtlich und veränderungsbereit, manchmal trotzig zu sein, erinnerte auch daran, dass es schon viele einladende und kreative Gottesdienste in den Kirchengemeinden gebe. Ideen-Reichtum und Fantasie habe sich gerade im Jahr des Reformationsjubiläums gezeigt. „Was ist uns da nicht alles gelungen!“, sagte er erfreut. Und obwohl zahlreiche Veranstaltungen parallel liefen, sei der Zuspruch doch überall groß gewesen.

Zimmermann nannte als Beispiele für gelungen Veranstaltungen in diesem Jahr etwa den Kinderchortag in Bickendorf, das Konzert der Kreiskantorei in Longerich oder den Tag für Ehrenamtliche in Weiden/Lövenich. Gleichzeitig ermahnte er alle Beteiligten aber auch, bei allen Veranstaltungen stets das „spezifische eigene Profil“ zu zeigen: „Genau wie bei Parteien und vergleichbaren Organisationen muss klar sein, wofür wir stehen. Gemeinplätze reichen da nicht.“ Die biblisch fundierten Anliegen müssten klar benannt werden, ob es um das Engagement für Notleidende, Kranke und Flüchtlinge gehe oder um den Einsatz für die Ökumene.

Auch seien Fortschritte bei den notwendigen Veränderungen deutlich erkennbar: Die Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform mit der Fusion ehemaliger Ämter und der Gründung des Evangelischen Verwaltungsverbands Köln-Nord sei positiv verlaufen: „Die Kirchengemeinden wissen sich – das haben die Rückmeldungen übereinstimmend ergeben – von der Verwaltung gut betreut.“ Weitere Veränderungen seien aber unumgänglich: So hätten die vier Superintendenten der Kölner Kirchenkreise auf einer Klausurtagung Überlegungen angestellt, die Zahl der derzeit drei linksrheinischen Kirchenkreise bis Mitte des kommenden Jahrzehnts zu reduzieren – auf zwei, vielleicht auch nur einen Kirchenkreis. Die Verwaltung müsste dann zentral angesiedelt werden. Superintendent Zimmermann geht davon aus, dass der Kirchenverband dann nur noch etwa 260 000 statt derzeit rund 280 000 Mitglieder haben wird.

Finanzielle Einbußen könnte der Kirchenverband auch aufgrund von Überlegungen in der Landeskirche haben, die Kirchensteuereinnahmen künftig gleichmäßig auf alle angeschlossenen Kirchenkreise zu verteilen. Die Kölner gehören eher zu den mitgliederstarken Kirchenkreisen der Landeskirche und geben heute ohnehin schon einen Teil ihrer Einkünfte ab: „Das könnte aber erheblich mehr werden“, kündigte der Superintendent an, „aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.“

Von positiven Entwicklungen berichtete auch Synodalassessorin Monika Crohn, die im Zwischenbericht des Arbeitskreises für regionale Zuordnung erklärte, dass sich alle 18 Gemeinden des Kirchenkreises Köln-Nord zwecks Kosteneinsparung ernsthaft mit dem Thema Fusion beschäftigten, zumindest aber eine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Nachbargemeinden eingeleitet hätten, wenn es zum Beispiel etwa um Konfirmanden- oder Seniorenarbeit geht.

Nach längerer Vakanz ist auch die Stelle der Jugendreferentin des Kirchenkreises seit Oktober neu besetzt: Julia Langemeyer stellte sich auf der Synode vor und kündigte Angebote zur Förderung der Spiritualität von Jugendlichen an. Geplant ist unter anderem eine Taizé-Fahrt im kommenden Mai. Sie würde sich freuen, wenn sich Pfarrer, Diakone oder Presbyter zur Begleitung bereitfänden und hofft allgemein auf raschen Kontakt zu den Ansprechpartnern in den Gemeinden.

Hinsichtlich der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sei auch die 2010 gegründete „ev-angel- isch“ gGmbH ein voller Erfolg, erklärte Katrin Rehar, eine der beiden Geschäftsführerinnen, im Rahmen einer Präsentation. „Ev-angel- isch“ widmet sich der Jugend- und Bildungsarbeit in der Offenen Ganztagschule, bietet aber auch Ferienfreizeiten an. Ein gutes Beispiel sei die Mensa des Montessori-Gymnasiums in Bickendorf: Haben dort zuvor gerade einmal durchschnittlich 50 Schüler zu Mittag gegessen, so hat sich diese Zahl seit der Neueröffnung durch „ev-angel- isch“ auf mehr als 300 erhöht. Auch ist es der gGmbH gelungen, über Crowdfunding einen zweiten Bus zu finanzieren.Auch auf der Kreissynode konnte eine wichtige Stelle neu besetzt werden: Helmut Plücker aus der Gemeinde Weiden/Lövenich, der 16 Jahre lang Präsident des Finanzgerichts in Düsseldorf war, vertritt künftig den Kirchenkreis Köln–Nord im Rechnungsprüfungsvorstand der Evangelischen Rechnungsprüfungsstelle Köln-Bonn-Hessen. Die Wahl fiel einstimmig aus.

Um die Finanzen des Kirchenkreises ist es aktuell gut bestellt. Die Synodalälteste Gabriele Orbach konnte für 2016 einen Jahresüberschuss in Höhe von 155.774, 68 Euro verkünden. Der Großteil der Summe, 130.774, 68 Euro, wird auf die Gemeinden verteilt, 10.000 Euro werden für die Allgemeine Rücklage verwendet. Außerdem kommen drei Vereine und Institutionen in den Genuss einer Spende: 7000 Euro gehen an das Allerweltshaus, 4000 Euro an den Inklusion e.V. und weitere 4000 Euro an das Lobby Restaurant. Auch „Weltoffen im Veedel“, eine Initiative zur Willkommenskultur in Bickendorf und Ossendorf, darf sich über einen Zuschuss freuen: Sie erhält die Kollekte aus dem Eröffnungsgottesdienst in Höhe von 360,76 Euro. Drei weitere Kollekten im Verlauf des Jahres 2018 sind dem Café Bickolo, den Sorores Mundi und der Kölner Selbsthilfe am Heckweg zugedacht.

Text: Hans-Willi Hermans
Foto(s): Hans-Willi Hermans/APK