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Nachrichten von der Frühjahrssynode des Kirchenkreises Köln-Süd

„Dass wir Entscheidungen treffen dürfen, das haben wir der Barmer Synode 1934 zu verdanken“, erklärte Pfarrer Michael Miehe den Synodalen im Gottesdienst zur Eröffnung der Synode des Kirchenkreises Köln-Süd am Samstag, 24. Mai. Auch wenn die damalige Synode über keine rechtliche Grundlage verfügt habe, habe sie doch zu einer wirksamen Gegenbewegung geführt, zu einer Bewegung gegen „eine Zerstörung der Kirche von innen heraus durch die eigene Leitung. Und ohne diesen Mut säßen wir heute nicht hier“, betonte Miehe.
Die Predigt – die sich auch auf die aktuelle Mitgliedschaftsuntersuchung bezieht – hier im Wortlaut.

Zur Auswahl standen zwei Jubiläen
Das Jubiläum „80 Jahre Barmer Theologische Erklärung“ war nicht nur Thema des Gottesdienstes, sondern auch Grundlage der nachfolgenden Beratungen im Berufsförderungswerk Michaelshoven in Köln-Rodenkirchen mit 68 anwesenden Synodalen. Im Vorfeld hätten zwei Jubiläen zur Auswahl als Schwerpunktthema gestanden: „50 Jahre Kirchenkreis Köln-Süd“ und die theologische Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen vom 31. Mai 1934. Man habe sich für Letzteres entschieden, so Superintendent Dr. Bernhard Seiger, da „die Strukturen unserer Kirche einem Wandel unterworfen sind“. Den Kirchenkreis könne man als ein „vorübergehendes Phänomen“ sehen und schließlich wolle man sich nicht selbst feiern. In einem kurzen Abriss erinnerte Seiger an das Jahr 1964, das Gründungsjahr aller vier Kirchenkreise des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. Damals habe es in Köln-Süd nur 42 Synodale gegeben, heute seien es 82 ordentliche Mitglieder. „Damals trafen sich am 11. Juli 1964 alle vier Synoden an einem Tag, zwei am Vormittag und zwei am Nachmittag.“ Schwerpunkte der frühen Synoden seien das Verteilen von Aufgaben, das Erstellen von Satzungen und die Wahlen gewesen.

Eine neue Sekretärin und Ansprechpartnerin gibt es in der Superintendentur: Kristin Beringhoff. Neben ihr und schon lange im Dienst: Dietrich Schmidt, der Leiter der Superintendentur.


Begrüßung, Verabschiedung, Wiedervereinigung
Superintendent Dr. Bernhard Seiger, Vorsitzender und Leiter der Synode, begrüßte Pfarrer Claus-Jörg Richter, seit Anfang des Jahres Leiter des Evangelischen Militärpfarramts Köln I, als neues Synodenmitglied. Ebenfalls zum ersten Mal mit dabei war Kristin Beringhoff, die nun neue Ansprechpartnerin im Sekretariat der Brühler Superintendentur ist. Verabschiedet wurde Pfarrer Christoph Rau, der in Kürze eine neue Stelle in Dinslaken antreten wird. Bekanntgegeben wurde, dass die Wiedervereinigung der beiden Kirchengemeinden „Evangelische Matthäus-Kirchengemeinde Hürth“ und „Evangelische Johannes-Kirchengemeinde Hürth-Gleuel“ zum Jahr 2015 von der Landeskirche genehmigt worden sei.

„Menschenwürde – was ist das eigentlich?“
„Die Barmer Theologische Erklärung war eine Zeitansage“, formulierte Skriba Almuth Koch-Torjuul die Überlegungen des Kreissynodalvorstandes (KSV), den Theologen Professor Dr. Wilfried Härle mit der Fragestellung „Menschenwürde – was ist das eigentlich?“ einzuladen. „Es erschien uns überzeugend, in dem weiten Feld der politischen Arbeit, heute die Menschenwürde in den Mittelpunkt zu stellen“. Der Vortrag des emeritierten Professors für Systematische Theologie an der Uni Heidelberg war Ausgangspunkt für die anschließende Gruppenarbeit mit Fallbeispielen zum Thema „Menschenwürde“.

Definition von Menschenwürde als Abgrenzung und Einordnung
Seit einem Wiener Kongress im Jahr 1999 beschäftige er sich mit dem 1. Artikel des Grundgesetzes, so Dr. Härle. Die Unantastbarkeit der Menschenwürde sei ihm bis dahin unstrittig erschienen, "aber sie gilt vielen als Leerformel, eine Hülse, in die jeder reinpackt, was ihm gefällt“, stellte das ehemalige Mitglied der Enquete-Kommission fest. 15 Jahre habe er sich mit der Definition und der Konkretisierung des Begriffes „Menschenwürde“ beschäftigt. 2010 hat er das Buch „Würde. Groß vom Menschen denken“ geschrieben, in dem er eine Definition als Abgrenzung und Einordnung vornimmt. Laut Härle bauten Definitionen von Menschenwürde durch das Bundesverfassungsgericht maßgeblich auf Ausführungen des Philosophen Immanuel Kant auf. Dieser habe unterschieden zwischen „Preis“ und „Würde“ („Im Reich der Zwecke hat alles entweder einen Preis oder eine Würde.“). Was einen Preis habe, könne auch ein Äquivalent erhalten, nicht so die Würde, die stehe über allen Preisen, und eine solche Würde habe nur der Mensch.

Professor Dr. Wilfried Härle


„Das Anrecht auf Achtung als Mensch“
„Worin konkretisiert sich Menschenwürde?“ fragte der Vortragende, und wendete sich einer mittlerweile „landläufigen“ und oft aus Kant abgeleiteten Forderung zu: „Menschenwürde ist das Recht auf Selbstbestimmung“. Diese Definition von Menschenwürde sei „ruinös“. Härle: „Alle, die keine Selbstbestimmungsmöglichkeit haben oder hatten, haben dann nie eine Menschenwürde!“ Er nannte als Beispiel die Demenz. Menschenwürde werde hier ersetzt durch Autonomie und Selbstbestimmung – und genau die fehle dem dementen Menschen. Sodann wird Härle konkret: Zur Menschenwürde gehöre, dass niemand bloßgestellt werden dürfe, dass der Wille eines Menschen nicht durch Gewalt gebeugt oder gebrochen werden dürfe, und dass alle einen Anspruch auf Gleichbehandlung vor dem Gesetz haben müssten. Diese und weitere Feststellungen führten den Professor zu der Definition „Menschenwürde ist das Anrecht auf Achtung als Mensch“. Dieses Anrecht sei objektiv, selbst wenn es ignoriert oder „mit Füßen getreten“ werde. „Jedes Kind hat ein Anrecht auf liebevolle Erziehung. Das Anrecht bleibt, selbst wenn sie nicht erfolgt“, erklärte er. So gehe dieses Anrecht (die Menschenwürde) nie verloren. Der Mensch habe eine Bestimmung, die über dieses Leben hinausreiche, und diese Bestimmung sei von Gott gegeben, der eben nicht nach „Leistung und Beschaffenheit“ urteile. In der heutigen Zeit sei die Diakonie die „Lebensäußerung der Kirche, durch die das Anrecht jedes Menschen auf Achtung“ unübersehbar zum Ausdruck gebracht werde.
Der Vortrag erhielt großen Applaus, daran schloss sich ein intensiver Austausch mit zustimmenden Äußerungen im Plenum an. Gefragt wurde unter anderem, ob die Menschenwürde über den Tod hinaus bestehe, was Härle umgehend mit einem klaren "Ja!" beantwortete.

„Keinen neuen Bürokratie-Tiger aufbauen“
„Wir wollen keinen neuen Bürokratie-Tiger aufbauen“, stellte Superintendent Dr. Bernhard Seiger seinem Bericht über die künftige Personalplanungen im Kirchenkreis Köln-Süd voraus. Ziel der Personalrahmenplanung sei, die Qualitäts- und Zukunftssicherung gemeindlicher Arbeitsfelder in den Blick zu nehmen. Er berichtete, dass das vorgelegte Rahmenkonzept des Kreissynodalvorstandes, das die Personalplanung als übergemeindliche Aufgabe vorsieht, von 16 der 17 Kirchengemeinden „durchgängig befürwortet“ wurde. Geplant sei, die Aufteilung der Fläche des Kirchenkreises in sechs Regionen als Kooperationsräume und damit die Wahl des Mischmodells. Die Kreissynode im November 2014 solle das Konzept beschließen.

Fleißarbeit des Kreissynodalvorstandes
Von einer echten Fleißarbeit des Kreissynodalvorstandes berichtete Synodalassessor Ralph-Rüdiger Penczek: Der Kreissynodalvorstand hat alle 27 Synodalbeauftragten mit Fragebögen versehen „und eine 100prozentige Rückmeldung“ erhalten. Der Aufwand der Auswertung sowie die damit verbundenen intensiven Gespräche mit allen Beauftragten hätten sich gelohnt. „Wir haben ein sehr differenziertes Bild von den Synodalbeauftragungen erhalten“. Penczek schlug sogenannte „Cross-over-Projekte“ vor: So könne man zum Beispiel darüber nachdenken, dass eine Konfirmanden-AG zusammen mit dem Partnerschaftsausschuss einen Jugendaustausch mit ökumenischen Partnern organisiere. Darüber hinaus wurden die Synodalbeauftragten gebeten, eine Liste mit möglichen Vortragsthemen zusammenzustellen. Und wer eine Fortbildung wünsche, solle einen Antrag an den KSV einreichen.

Neues Verwaltungsamt im Genehmigungsverfahren
Auch den aktuellen Stand der Arbeit des Arbeitskreises „Verwaltungszusammenführung Köln-Süd und Köln-Mitte“ erläuterte Dr. Bernhard Seiger und schickte voraus: „Keiner aus dem KSV hat sich diese Aufgabe als Hobby ausgesucht, so viel Papier wie wir bereits erstellt haben“. Dennoch seien die Beratungsprozesse „sehr fruchtbar“. Der Arbeitskreis wurde mit der Umsetzung der Verwaltungsstrukturreform im südlichen Kölner Bereich beauftragt und kümmert sich um künftige Aufgabenzuschnitte, um Personal und Verwaltungsräume der von der Strukturreform betroffenen Einheiten. „Natürlich nehmen wir die Interessen aller Betroffenen wahr“, versicherte Seiger. Schon jetzt stehe fest, dass das neue Amt „Süd/Mitte“ zuständig sei für alle 17 Gemeinden des Kirchenkreises Köln-Süd, für die Gemeinden Köln-Lindenthal und Köln-Klettenberg sowie für die Kirchenkreis-Verwaltungen der Kirchenkreise Köln-Süd und Köln-Mitte. Es gebe zustimmende Signale der Landeskirche zu diesem Zuschnitt, dessen Umsetzung bis zum 1. Januar 2017 erfolgt sein müsse. Wo der Sitz der neuen Verwaltung liegen werde, stehe heute noch nicht fest.

Lob für neue Website „500 Jahre Reformation“
Von einem Lob der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) berichtete Superintendent Dr. Bernhard Seiger bei der Vorstellung der neuen Website „500 Jahre Reformation“. Man könne von den Kölnern lernen, wie man eine solche Seite aufbaut und führt, habe er von der Landeskirche gehört. Strukturiert sei die Seite ähnlich wie die Seite der EKiR, das sehe man schon am Namen der Website: 2017.kirche-koeln.de. Mit der neuen Homepage wolle man eine „Informationsplattform für die Gemeinden bieten“, so der Superintendent. „Und wir wollen zu Ideen anregen“. Entstanden ist die neue Seite aus der Arbeit des Arbeitskreises „Reformationsdekade“, dessen Vorsitz Seiger übernommen hat, und die sich zusammensetzt aus Pfarrern und Superintendenten der vier Kirchenkreise, dem Leiter der Melanchthon-Akademie, dem Citykirchen- und dem Studierenden-Pfarrer, aus Kölner Professoren und anderen. Weitere Informationen zur neuen Homepage lesen Sie hier.

Termine:
"50 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Köln-Raderthal" werden gefeiert am Mittwoch, 1. Oktober 2014. Die nächste Tagung der Kreissynode des Kirchenkreises Köln-Süd beginnt am Samstag, 8. November 2014, um 8.30 Uhr.

Text: Angelika Knapic
Foto(s): Angelika Knapic