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Nach dem Einsturz des Kölner Archivs: Evangelische Kirche beteiligt sich an der Gründung der „Stiftung Stadtgedächtnis“

Die Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR) beteiligt sich als Stifterin an der Gründung der „Stiftung Stadtgedächtnis“, die die nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs 2009 aus Trümmern geborgenen Bestände retten soll. 20.000 Euro gibt die rheinische Kirche in das Startvermögen der Stiftung. Die Stadt Köln legt zwei Millionen Euro ein, das Land Nordrhein-Westfalen eine Million Euro, schließlich gibt das Erzbistum Köln 100.000 Euro. Damit übt die EKiR vor allem Solidarität für den Erhalt wertvoller Archivalien, ohne selbst dezidiert evangelische Bestände im Kölner Stadtarchiv zu besitzen.

Mehr als 90 Prozent bereits geborgen
Vermutlich dem Kölner U-Bahn-Bau geschuldet, war das Archiv am 3. März 2009 eingestürzt. Zwei junge Männer sind dabei ums Leben gekommen. Unter den Trümmern des städtischen Gebäudes wurden Archivbestände aus mehr als 1.200 Jahren Stadt-, Regional- und Kirchengeschichte begraben. Sie machen rund 30.000 Regalmeter aus. Mehr als 90 Prozent sind geborgen, müssen jedoch restauriert und wieder ordentlich zusammen geführt werden. Die Kosten der Restaurierung wie auch der geplanten Digitalisierung von Dokumenten sollen durch die „Stiftung Stadtgedächtnis“ bestritten werden sowie zum größeren Teil aus erwarteten Schadenersatz- und Versicherungsleistungen.

Archivalien auch von evangelischer Kirche
Die rheinische Kirche als Stifterin wird auch dem Kuratorium angehören, benannt Präses Nikolaus Schneider. Der rheinischen Kirche sei es eine Ehre, zu den Gründungsmitgliedern der Stiftung zu gehören, so Vizepräses Petra Bosse-Huber beim offiziellen Gründungsakt im Historischen Rathaus der Stadt Köln. Denn: „Ein großer Teil der zu restaurierenden Archivalien betrifft im engeren oder auch im weiteren Sinn die Geschichte der evangelischen und katholischen Kirchen hier im Rheinland.“ Die Rettung der Archivalien bedeute, „dass Geschichte und Identität nicht völlig unter dem Schutt begraben“ bleiben. Es sei unterstützenswert, „dass Menschen ermutigt und befähigt werden, die Dokumente, Urkunden und Fotos kennen zu lernen, die zu ihrer Geschichte gehören“.

Trauer um Kassiber Adolf Clarenbachs
Christian Parow-Souchon, Archivar des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region zur neuen Stiftung: „Mit den Archivalien würdigen wir, was viele Menschen vor uns bereits gedacht oder getan haben.“ Besonders ein Schriftstück, das verloren gegangen und nur noch als Kopie vorhanden ist, liegt ihm am Herzen. „Ich freue mich, wenn zum Beispiel der Kassiber Adolf Clarenbachs wieder auftauchen würde“. In dieser geheimen und verbotenen Botschaft vom Oktober 1528, die Clarenbach aus dem Stadtgefängnis herausschmuggeln ließ, bestimmte er, wer ihn juristisch in seinem Prozess wegen Ketzerei verteidigen sollte. Parow-Souchon: „Dieses Schriftstück ist so bedeutend, weil es das Einzige ist, das wir von diesem ersten evangelischen Märtyrer haben“.

Text: Anna Neumann
Foto(s): Stefan Rahmann