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Musik zum Totengedenken in der Wesselinger Kreuzkirche

„Die meisten Konzerte in dieser Jahreszeit finden im Advent und zu Weihnachten statt“, sagt Thomas Jung, Kirchenmusiker der Evangelischen Kirchengemeinde Wesseling. Aber auch der Ewigkeitssonntag steht jährlich auf seiner Agenda: Traditionell leitet er Konzerte an eben diesem Tag. Denn: „Abschied nehmen und gehen können – das braucht auch Platz“, betont der Kirchenmusiker. Und so gab der erst seit Juli 2012 in den Diensten der Gemeinde stehende Jung sein Debüt beim „Konzert zum Ewigkeitssonntag“ am 25. November in der Wesselinger Kreuzkirche.

Gedanken an die Verstorbenen
Das Konzert folgte in seiner äußeren Form der gottesdienstlichen Liturgie, was sich sehr gut in den Gedanken des Totengedächtnisses einfügte. Musikalisch-inhaltlich spiegelte es sowohl die Unvermeidbarkeit des Sterbens wider als auch die Perspektiven von Trost und Hoffnung. Zum Ein- und Ausgang erklangen zwei Gamben mit „Tombeau pour Ms. de Meliton“ und „Tombeau Les Regréts“ aus der Feder Marin Marais‘ bzw. seines Lehrers Sainte Colombe aus dem 17./18. Jahrhundert.

Gamben spielen zum Trost
Gamben wurden in dieser Zeit gern in Trauer- und Trostmusiken eingesetzt – „Tombeau“ bedeutet „Grabmal“. Und so stimmten auch jetzt die beiden Gambistinnen Kerstin Olfe und Katja Dolainski in ihrem ruhigen und sehr fließenden Spiel die Zuhörer auf das Konzert ein bzw. begleiteten sie zum Schluss. Die Gamben blieben unbegleitet, was eine eher puristische Atmosphäre vermittelte. „Aus der Stille kommen und in die Stille zurückgehen“, wie Jung es formuliert.

Chorchoreografie: Raumklang durch Teilung
Die Ordinariumsteile Kyrie, Gloria und Credo wurden dreigeteilt. Zum Auftakt sang der Chor „Kyrie, Gott Vater in Ewigkeit“ eines anonymen Komponisten. Dabei hatte Jung die Kantorei auf beide Seiten des Kirchraums platziert: links vom Altar die Frauen, rechts die Männer, die sich so gegenseitig zusangen und dabei einen besonderen Raumklang erzeugten, der auch die hintersten Reihen der außerordentlich gut besuchten Kirche erfüllte.. Diese Aufstellung behielt Jung bei mehreren Chorbeiträgen bei. Er selbst spielte an der Orgel Johann Sebastian Bachs gleichnamige Choralbearbeitung des Kyrie aus dem „III. Teil der Clavierübung“ des Barockmeisters, dem „Herr, sei gnädig“ von Felix Mendelssohn Bartholdy folgte – gesungen vom Chor und diesmal ganz „traditionell“ von vorne.

Gloria mit gelungenem Abschluss
Wieder auf beide Seiten der Kirche verteilt sang der Chor Nicolaus Decius‘ „Allein Gott in der Höh“, gefolgt von dem deutlich beschwingteren Orgelsatz Bachs. Der Gloria-Teil wurde von den beiden Solistinnen Nadine Balbeisi (Sopran) und Dina Berowska (Alt) sehr gelungen abgeschlossen mit Heinrich Schütz „Ihr Herren, lobsinget dem Herrn“.

Florian Löffler dynamisch und kraftvoll
Das „Credo“ begann mit Martin Luthers Chorsatz „Wir glauben all an einen Gott“, wiederum gefolgt vom Orgelsatz Bachs – nach der stilleren Musik sehr prächtig und kraftvoll. Im Anschluss erklang Bachs Kantate BWV 106: „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“, der sogenannte „Actus Tragicus“. Sie stand im Zentrum des Konzerts und wurde von Chor – diesmal in klassischer Aufstellung vorn am Altar -, Solisten und einem Instrumentalensemble wiedergegeben: Letzteres bestand aus zwei Blockflöten (Sophie Berke, Dina Grossmann) – aufgrund des Tonumfangs der Komposition in der seltenen „es-Stimmung“ (mit dem tiefsten Ton „es“) -, Violoncello (Olga Aseeva), Kontrabass (Cornelia Roth) und Continuo (Iris Rieg). Sowohl Chor, Solisten (neben den genannten Balbeisi und Berowska mit Jens Lauterbach im Tenor und Florian Löffler im Bass) als auch Instrumentalisten harmonisierten sehr gut miteinander. Dabei war Florian Löffler erst im letzten Moment für seinen Bass-Kollegen eingesprungen. Das war jedoch keinesfalls negativ zu bemerken, denn Löffler ragte mit seiner vollen und dynamischen Stimme noch unter den Solisten heraus. Nach einem Moment der Stille, in dem eine Kerze für die Verstobenen entzündet wurde, waren noch einmal die Solisten mit Michael Praetorius‘ „Vater unser“ zu hören, bis die Gamben das Ausgangsstück spielten.

Projektchor eigens für das Konzert
Das Konzert jedenfalls bot eine in sich schlüssige, abgerundete und stimmungsvolle musikalische Interpretation des Totengedenkens. Die Auswahl der Komponisten und ihrer Beiträge zeugte vom Kenntnisreichtum und musikalischen Gespür des Kirchenmusikers Jung. Der gab sich dann auch zufrieden, besonders mit der Kantorei. Diese hatte er in Form eines Projektchors auf das Konzert seit Oktober vorbereitet – also in sehr kurzer Zeit. Dabei war die „Stammbesetzung“ des Chors noch um einige Gäste erweitert worden, die eigens für das Konzert mitgeprobt hatten. Wie Thomas Jung nach dem Konzert erklärte, dürfen diese Gäste aber auch gern weiter dabei bleiben.

Spendengelder für Anneliese Schöneberger
Ermöglicht wurde das Konzert durch Spendengelder anlässlich der Trauerfeier der im März verstorbenen langjährigen Kirchenmusikerin Anneliese Schöneberger, die Großes für die Wesselinger Kirchenmusik geleistet hat und auch über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt war.

Text: Melanie Krötz
Foto(s): Klaus Selinger