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Sommerabend-Atmosphäre und großartige Live-Musik: Das grüne Sofa und ein paar Stühle im „Beymeister“ waren schnell besetzt. Der Rest der Gäste suchte sich Platz auf dem Fußboden oder hörte „Peak and Valley“ von draußen aus zu.

Nachts in Mülheim: „Das muss man mit Liebe planen.“

25 Stationen und ein Shuttlebus, der bis um 3 Uhr nachts jeden zu seinem Wunschziel fuhr, der nicht zu Fuß durchs Veedel wollte: Bei der 10. Mülheimer Nacht Anfang April mit Kunst, Live-Musik, Nachtflohmarkt, Cocktails, Snacks und Partys am ersten April-Samstag waren auch die Friedenskirche und die „Beymeister“ der Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim am Rhein dabei. „Die Gemeinde nach außen hin sichtbar machen und die Menschen hier zusammenbringen“, fasst Christiane von Scheven, Organisatorin und damalige Initiatorin der Friedenskirchen-Teilnahme vor acht Jahren, ihr Anliegen zusammen.

Klaus der Geiger

Bei der Auswahl ihrer Künstler achtet sie ausdrücklich darauf, einen Bereich zu haben, der alle anspricht. Klaus der Geiger erfüllte diese Anforderung spielend. Sein Programm „Immer dolla“ als Haupt-Act mit Marius Peter war sehens- und hörenswert: Mit Altersmüdigkeit oder Arthrose scheint er mit 79 Jahren wenig Schwierigkeiten zu haben und spielte – auch hüpfend und singend – virtuos mit Elan mehr als zwei Stunden lang im gedrängt vollen Kirchenraum. Als Straßenmusiker ist er aus Altersgründen allerdings nicht mehr unterwegs. „Wir haben uns beim Improvisieren kennengelernt“, stellte Marius Peters den älteren Musikerkollegen und sich vor, „und wie ein Auftritt wird, wissen wir immer noch erst hinterher. Auf jeden Fall sind wir die ungewöhnlichste Boygroup Kölns.“

Was Christiane von Scheven, die auch den Vorsitz des Kulturausschusses hat, darüber hinaus sehr an Klaus von Wrochem schätzt, ist seine bleibend unbequeme Art, die andauernde politische Kritik zwischen den Zeilen bzw. auch gerade heraus. „Als Kunsthistorikerin habe ich im Auktionshaus Lempertz in der Innenstadt gearbeitet und bin gerade in seinen politisch besonders jungen Jahren oft auf Klaus den Geiger gestoßen, sobald ich auf die Schildergasse hinausgetreten bin. Er beschrieb einfach die reale Welt und blickt auch heute noch, so viele Jahre später, mit Elan in die Zukunft!“

Den zweiten musikalischen Teil des Abends gestalteten Professor Michael Niesemann und Pablo Giw mit Jazz-Improvisation ab 22 Uhr. Während des Abends konnten die Gäste die Werke von Birgit Schlechtriemen aus der parallel stattfindenden Ausstellung „In der Erde blüht ein Traum“ auf sich wirken lassen.


Bei den Beymeistern: „Die, die was wollen“

Die – über den Abend fast 500 – Gäste der Beymeister waren bei der Mülheimer Nacht genau die, die es sonst auch dorthin und auf das kleine grüne Sofa an der Wand zieht, sagt Pfarrer Sebastian Baer-Henney: „Die, die was wollen.“ Unter den Gästen vor der Tür und im Beymeister selbst waren bekannte Gesichter, „… aber auch viele, die starteten mit: ‚Wir wissen gar nicht, wer ihr seid, standen aber schon oft vor eurem Laden‘“, sagt Sebastian Baer-Henney.

„Staunen, wer hier alles wohnt“

„Die Beymeister“ sind ein Projekt der Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim am Rhein, das die Menschen im Stadtteil enger miteinander vernetzen will. Es geht um Gemeinschaft, gute Gespräche über Kirche, Glauben, das Leben und alles, was sonst beschäftigt – und darum, sich einzubringen in das gemeinsame Stadtteil-Leben. Im Beymeister dreht es sich um Veedelsidentität – und bei solchen Events darum, zu staunen, wer hier alles wohnt.

Im Rahmen der Mülheimer 2019 waren „Peak und Valley“ schon von draußen zu hören und zogen die Nachtschwärmer-Gruppen zum Beymeister. Bis 23 Uhr spielte die Band, die zu zweit und damit reduziert unterwegs waren, zwei Sets. „Danach haben wir Eis geholt, zusammen aufgeräumt und viele Gespräche geführt“, freut sich Pfarrer Baer-Henney. „Klasse, dass so viele auf der Straße waren.“ Die eigentliche Besetzung von „Peak und Valley“ besteht aus Daniel Gentile, Simon Ritter und Jonas Heider – ist aber auch im Duo hinreißend. Daniel Gentile und Jonas Heider mischten ihre eigenen Songs klug unter ältere und neue legendäre Songs, und wenn vom Teenie bis zur älteren Dame alle mitsingen oder -summen, hat man alles richtig gemacht.

Als Kirchengemeinde bei der Mülheimer Nacht dabei zu sein, ist ein wertvoller Einsatz. Die Beymeister ziehen die an, die sonst vielleicht nicht die regelmäßigsten Kirchgängerinnen und -gänger sind, die das Thema Kirche aber mitgestalten wollen. Die Friedenskirche sammelt die Menschen der Umgebung und wird nach außen deutlich sichtbar. „Am Ende ist es einfach“, sagt Christiane von Scheven. „Man muss es mit Liebe planen, dann wird es auch gut.“

Infos zur Evangelischen Kirchengemeinde Mülheim am Rhein:
www.kirche-koeln-muelheim.de
www.beymeister.de

Text: Claudia Keller
Foto(s): Claudia Keller