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Mozarts Zauberflöte bei den 7. Heidkamper Kulturtagen: Die Puppen tanzten, dass es Federn regnete

Schon in der Ouvertüre hörte man sie – klar und deutlich wie in den nächsten knapp drei Stunden eigentlich immer: Die Flöte. Eine Stimme im Mozart-Orchester Heidkamp unter der grandiosen Leitung von Susanne Rohland-Stahlke. Und Zauber, der Zauber der Zauberflöte war überall. In den wunderbaren Marionetten, der Professionalität der Sängerinnen und Sänger, den märchenhaften Bühnenbildern und Kostümen der Puppen, dem Mienenspiel der Stimm-Darsteller und den Bewegungen der Puppen. Rappelvoll war die Kirche zum Frieden Gottes bei der ersten Aufführung von Mozarts Zauberflöte mit Menschen und Marionetten bei den 7. Heidkamper Kulturtagen, zweifellos ein Highlight in diesem pickepacke vollgepackten Kulturprogramm von Bergisch Gladbach.


Die Herausforderungen der Inszenierung
Zur Entstehungsgeschichte dieser ungewöhnlichen Aufführung – die übrigens gleich am Montag danach noch einmal zu sehen war – ist im Programmheft zu lesen: „Immer schon wollte Heide Heesen Marionetten anfertigen…“ Nun ja, das wollen andere Menschen vielleicht auch. Aber wie viel dann dazu gehört, diesen Wunsch auch in die Tat umzusetzen, das erzählt die Genese von Mozarts Zauberflöte mit Marionetten zu den 7. Heidkamper Kulturtagen, entstanden aus dem Wunsch einer Gemeindehelferin: „Aus einem kleinen Kammerspiel wurde mit der Zeit die immer größere Fassung bis hin zur Oper. Der kleine Klavierauszug erweiterte sich um ein Streichquartett, dann… entschlossen wir uns, die ganze Oper zu spielen.“ Ja. Die ganze Oper. Und das ist nicht gerade wenig: „Je weiter die Arbeit voranschritt, umso mehr wurden uns auch die Herausforderungen der Inszenierung bewusst: Raum, Beleuchtung, Bühne, Kulisse, Requisiten, Bühnenablauf, Regie, Regieassistenz und musikalische Gesamtleitung“.

Susanne Rohland-Stahlke dirigierte „mit links“
Nun, um es gleich zu sagen: Die musikalische Gesamtleitung lag bei Susanne Rohland-Stahlke in den allerbesten Händen. Die immer schon umtriebige Musikerin schaffte es diesmal im wahrsten Sinn des Wortes, ein ganzes Orchester „mit links“ zu dirigieren. Denn sie hatte nicht nur die musikalische Gesamtleitung, stand am Dirigentenpult, lotste den Chor über die Bühne und wieder zurück, gab sozusagen mit dem Rücken den Einsatz für die Orgel, führte mit Blicken die Auftritte der Sängerinnen und Sänger – nein, sie hatte auch gleich noch selbst einen Gesangspart übernommen: Eine der drei „Damen“ in Mozarts Märchenspiel. Und so stand Rohland-Stahlke denn eben auch mal neben den beiden anderen Sängerinnen, sang mit ihnen, das Gesicht zum Publikum, den Rücken zum Orchester – und dirigierte gleichzeitig die Musiker. Mit der linken Hand.

Alles in Handarbeit
Normalerweise ist bei einer Oper ja die Musik, oft sogar der Gesang das Wichtigste. Ob das bei dieser Zauberflöten-Aufführung auch der Fall war, sei mal dahin gestellt. Völlig unstrittig dagegen ist, dass die Sängerinnen und Sänger durch die Bank durch jeden spontanen, begeisterten Szenenapplaus verdient haben, den sie reichlich bekamen. Doch sie hatten starke Konkurrenz: Die agierte auf der kleinen, überaus liebevoll mit jedem Szenenbild neu dekorierten Bühne – in der Regel lautlos.

Die Marionetten, in monatelanger Arbeit selbst gefertigt, hatten sozusagen jede zwei Paten: Eine Patin, die sie gefertigt hatte, und einen Paten, der ihre Stäbe und Stricke zur Musik in Bewegung hielt. Das Mondkleid der Königin der Nacht, Paminas funkelnder Schmuck, Taminos schmucke Kleidung, Papagenos Vogelkäfig – alles Handarbeit wie die Puppen von der Nasenspitze bis zur nackten kleinen Zehe – bei Papageno barfuß, bei Pamina in niedlichen Schuhen, bei Tamino in sicherlich regenfesten Stiefeln. Und allein das war eine Arbeit, die kaum einer der Beteiligten je vorher gemacht hatte. Im Gemeindehaus lassen Fototafeln erahnen, wie langwierig das alles gewesen ist. Ja, und auch Tiere kommen in Mozarts Oper vor: „Eine weitere Herausforderung… aus Hasendraht geformte Tierkörper mussten mit Pappmaché und Farbe ihre Gestalt erhalten“. Viele Arbeitsstunden kostete allein das. Und dann „proben, proben, proben.“

Die Puppen tanzten, dass es Federn regnete
Und alles gelang. Und nur mit der größtmöglichen Präzision waren dann Dinge möglich wie das neckische Duett der Papageno-Puppe mit Peter Kubik, der die Rolle immer mit der passenden Mimik sang, entspannt neben der Puppenbühne stehend wie alle Sänger – bis er sich dann gegen Ende auf die Puppenbühne setzte, um sich von „seinem“ Papageno quasi auf der Nase herumtanzen zu lassen.

Oder das furiose Puppenballett zwischen Papageno und seinem „Weibchen“ Papagena – ein Liebesduett im vollen Crescendo, bei dem die Puppen tanzten, dass es Federn regnete. Und auf der anderen Seite: Ohne die stimmliche Leistung der Sängerinnen und Sänger – wie beispielsweise die Sopranistin Chelsey Schill, die am Sonntag die Königin der Nacht mit exakt jener Präzision sang, die diese Rolle unabdingbar braucht – hätte das Zusammenspiel auf gar keinen Fall so wunderbar funktioniert. Sänger, „die uns schon lang verbunden sind“, freuten sich ebenso wie all die „Berufsmusiker, denen wir von unserem Projekt erzählten“ und „spontan bereit waren mitzumachen“, einmal eine ganze Oper in der Kirche singen und spielen zu dürfen. So steht es im Programmheft. Und man glaubt es, denn alle waren begeistert bei der Sache. Gebremst allein vielleicht manchmal durch den Sprecher, dessen zusätzlich witzige Texte mit Bemerkungen wie zum „Migrationshintergrund“ des Schwarzen aus Sarastros Gefolge Mozarts an sich schon witzige Oper eigentlich gar nicht nötig hatte.

Musikalische Sternstunden
Doch da waren immer wieder diese musikalischen Sternstunden, wie etwa das andere große Liebesduett, das zwischen Tamino und Pamina, wundervoll zart begleitet von der eingangs erwähnten zauberischen Querflöte, Schlagzeug und Orgel. Regie führte übrigens – natürlich – Heide Heesen, von ihr stammte neben Hans Heinrich und Gisela Werner auch das Bühnenbild, assistiert haben ihr Lilo Eder und Renate Lehmkuhler – eigentlich müssten hier alle Beteiligten aufgezählt werden, doch das wäre sicher zu viel, darum nur noch stellvertretend zwei der herausragende Stimmen: Jens Lauterbach als Tamino und Seon Young Cha als Pamina.

Nur zweimal?!
Ach ja, und da war noch die Bemerkung einer Besucherin in der Pause, im über und über liebevoll romantisch voller Rosen, mit orientalischen und anderen Kostbarkeiten dekorierten Gemeindehaus: „Schade, eigentlich – bei all dem Aufwand – dass diese Oper nur zweimal aufgeführt wurde. Sie müsste als Tournee quer durch das Bergische Land gehen.“ Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen.


Text: Maria Al-Mana
Foto(s): Al-Mana