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Mitten im Leben – Grabstätten in der Kölner Innenstadt. Neue Stadtführung von und mit Günter Leitner

Einen gewissen Bekanntheitsgrad sollte man schon erlangt haben, wenn die eigenen sterblichen Überreste auch nach dem Ableben in bester City-Lage zu finden sein sollen. Beispiele dafür lieferte der Stadtspaziergang „Mitten im Leben – Grabstätten in der Kölner Innenstadt“ mit Stadtführer Günter Leitner aus der Reihe „AntoniterCityTours„.


„Die Minoritenkirche hat zwei unsichtbare Türme“
Los ging es in der Minoritenkirche. Der verstorbene Papst Johannes Paul II. hatte in einer Predigt in Köln gesagt: „Der Dom hat zwei sichtbare Türme, die Minoritenkirche hat zwei unsichtbare.“ Damit waren die Grabstätten von Johannes Duns Scotus und Adolph Kolping gemeint. Beide sind in schlichten Sarkophagen beigesetzt.

Das Grab von Johannes Duns Scotus
Scotus war ein bedeutender Theologe des Franziskaner-Ordens  im 13. Jahrhundert. Er wurde um 1265 in Schottland geboren und kam über England und Frankreich nach Köln, wo er 1308 starb. Diesen Weg zeichnet auch eine Grabinschrift auf dem Steinsarg nach: „Schottland hat mich hervorgebracht, Gallien hat mich gelehrt, Köln hat mich gehalten.“ Der Denkansatz des Franziskaners beruhte darauf, dass der Heilsplan Gottes sich allein im freien Willen des Schöpfers begründet. Deutlich wird das in seiner Interpretation der Rolle Marias. Für Scotus hat sie nämlich nicht als „virgo“ sprich Jungfrau, empfangen, sondern als von Gott Auserwählte. „Er gefiel ihm, eine Frau auszuwählen, er konnte es auch als Gott und Schöpfer, und dann hat er es gemacht“, übersetzte Leitner eine weitere Grabinschrift. In jene Zeit fiel auch der für die Heutigen skurrile Streit darüber, ob der Leibrock Jesu dessen Eigentum war und wie es angesichts dieser Frage um die theologische Legitimation der Besitzlosigkeit der Franziskaner bestellt war.

Das Grab von Adolph Kolping
Erheblich später hat Adolph Kolping gewirkt, der 1813 geboren wurde und 1865 starb. Zum Zeitpunkt seines Todes zählte die von ihm gegründete Kolpingbewegung bereits 70.000 Mitglieder. Kolping war als Späberufener zum Priester geweiht worden. Er hat sich der Armut der Handwerkergesellen angenommen, die Mitte des 19. Jahrhunderts dramatische Formen angenommen hatte. Kolping predigte „Ausbildung statt Kneipe“ und die Integration der Armen. Und seine Nachfahren haben sich auch dieses Ziel auf die Fahnen geschrieben. Kolpingvereine betreiben zum Beispiel Lehrwerkstätten, und ihre Vertreter haben starken Einfluss auf die Handwerksorganisationen. Kolping war zunächst auf Melaten beerdigt, wurde dann aber umgebettet in die Minoritenkirche. Dabei stellte man fest, dass der Leichnam so gut wie unverändert geblieben war, was man als „wundersames Zeichen“ deutete. 1991 wurde Kolping auf Intervention von Katholiken aus München selig gesprochen. „Und seit damals wird dieses Grab heftig bepilgert“, erklärte Leitner.

Das Grab von Albertus Magnus: „Er ist ja nicht tot, er ist nur gestorben“
Zurück ins Mittelalter führte die Gruppe der Besuch am Grab von Albertus Magnus in der Kirche St. Andreas. Dort erläuterte Leitner die auch im Rheinischen weit verbreitete christliche Vorstellung von einem faktisch nicht vollendeten Tod: „Er ist ja nicht tot, er ist ja nur gestorben.“ Und so erlebe jeder eine Auferstehung, wenn sich jemand am Grab an ihn erinnere. So also auch im Fall des großen Albert. Der war ein maßgeblicher Theologe des 13. Jahrhunderts, hat als Dominikaner in Padua und Paris und schließlich im Kloster in Köln an der Stolkgasse gearbeitet . „Da findet man heute die Paketpost“, merkte Leitner an. Albertus Magnus war nicht nur Theologe, sondern Universalgelehrter und schrieb auch Bücher über Steine und Tiere und fand dabei naturwissenschaftliche Erklärungen für die Phänomene in der Natur. Das führte ihn aber keineswegs dazu, die Schöpfungskraft Gottes in Frage zu stellen. Für ihn war das Gegenteil richtig: Mit jeder naturwissenschaftlichen Erklärung lerne der Mensch einen kleinen Teil des göttlichen Schöpfungsplans kennen. Magnus‘ große Marienverehrung erklärt sich aus einer Begebenheit während seines Studiums in Padua. Er verstand nichts und wollte mit Hilfe einer Leiter über eine Mauer aus dem Kloster flüchten. Oben auf der Mauer angekommen, erschien ihm Maria und prophezeite: „Albert, ich mache Dich zum bedeutendsten Theologen des 13. Jahrhunderts, wenn Du zurück gehst. Aber kurz vor Deinem Tod wirst Du alles wieder vergessen, was Du weißt.“ Albertus Magnus ließ sich auf den Handel ein, sein Aufstieg war rasant. Und als er dann im Alter während einer Vorlesung vor seinen Studenten einen „gewaltigen Filmriss“ erlebte, wusste Albert, dass seine Stunde geschlagen hatte. Er ließ sich in seine Klosterzelle tragen, wo er 1280 im Alter von 80 Jahren starb.

Der Friedhof der Domherren: noch 88 Plätze frei
Der Spaziergang endet auf dem Friedhof der Domherren hinter der Kathedrale. Dort sind Erzbischöfe und Mitglieder des Domkapitels begraben. Und es gibt noch Platz, wie Leitner berichtete. „Hier wurde eine Gruft angelegt mit 88 Plätzen auf vier Etagen.“ Es gebe aber auch einen aktuellen Weihbischof, der seine Bestattung dort abgelehnt habe. Die Durchsagen auf dem Gleisen im Hauptbahnhof würden ihn nervös machen.

Tipp: Eine weitere Führung am 22. April
Am 22. April bietet AntoniterCityTours im Rahmen des
Stadtführungsfestivals Expedition Colonia eine weitere Führung an, wieder unter dem Titel „Mitten im Leben. Grabstätten in der Innenstadt.“ Mit Stadtführer Günter Leitner und Thomas Frerichs, die zum Abschluss der Führung kölsche Texte zum Thema Vergänglichkeit, untermalt an der Orgel, in der Antoniterkirche vorstellen. Start ist um 17 Uhr an der Minoritenkirche. Der Preis beträgt 11 Euro bei einer ungefähren Dauer von zwei Stunden. Tickets gibt es unter 2801 bei Köln Ticket und an allen bekannten Vorverkaufsstellen

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann