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„Mit Nazis und Wissenschaftsleugnern gehen wir nicht spazieren“ – Kampagne der Evangelischen Kirchengemeinde Hürth

„Die Corona-Pandemie hat uns alle seit nunmehr zwei Jahren fest im Griff. Auch als Kirche erleben wir zahlreiche Entbehrungen, können viele Gemeindeaktivitäten nicht so umsetzen, wie wir es gerne würden und gewohnt sind. Zugleich freuen wir uns aber, dass auch gerade in dieser Dürrezeit der Zusammenhalt in unserer Gemeinde stark ist und ein Miteinander auch auf neuen Wegen gelingt“, das schreibt das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Hürth in einer Erklärung auf ihrer Homepage zu den sogenannten Montagsspaziergängen in diesen Wochen und Tagen.

Mit mehreren Fotomotiven und kurzen Statements setzten Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinde ein öffentliches Zeichen für Freiheit und Verantwortung und gegen die Versuche von Rechtspopulistinnen und Rechtspopulisten, die Unsicherheit von Menschen für ihre Zwecke auszunutzen. „Die Sorgen unserer Mitmenschen möchten wir ernst nehmen“, schreibt die Gemeinde weiter. Gerade aus Rücksicht um Gemeindeglieder, die zu den Risikogruppen gehören, habe man das Gottesdienstangebot in den vergangenen zwei Jahren vor allen Dingen im digitalen Bereich stark ausgebaut und auf Präsenzveranstaltungen in unseren Kirchen verzichtet. Gerade letzteres schmerze sehr, besonders an hohen Feiertagen wie Weihnachten, Ostern oder dem Ewigkeitssonntag. Die Gemeinde wolle aber nicht, dass ihre Versammlungen zu Risikobegegnungen würden. Der Schutz unserer Besucherinnen und Besucher habe für sie oberste Priorität.

Zum Thema Impfungen sagt die Gemeinde: „Wir sind sehr froh darüber, dass es mittlerweile die Möglichkeit der Impfung gibt, die das Risiko einer lebensbedrohlichen Covid19-Erkrankung deutlich minimiert und uns in einigen Bereichen auch schon entsprechende Lockerungen gebracht hat. Wir unterstützen die Impfaktionen aus voller Überzeugung und sehen darin eine große Chance, die Pandemie beherrschbar zu machen. Gemeinsam schaffen wir das! – Ein Slogan, der auch im Hinblick auf einen sogenannten „Herdenschutz“ unserer Gesellschaft deutlich macht, dass es auf uns alle ankommt!“

Als Teil der Evangelischen Kirche im Rheinland verstehe sich die Evangelischen Kirchengemeinde Hürth als weltoffene, aufgeschlossene Gemeinde, in der Solidarität und gegenseitiger Respekt einen hohen Stellenwert haben. In den Presbyteriumssitzungen habe man durchaus auch kontroverse Meinungen diskutiert und versucht, einen guten Weg für die Gemeinde einzuschlagen. „Wir hören auch die Stimmen der Menschen, die ihre Angst und Sorge in Bezug auf eine Impfung oder die Corona-Regelungen und Schutzmaßnahmen zum Ausdruck bringen. Auch diese Meinungen nehmen wir wahr: Es gibt durchaus nachvollziehbare Argumente, warum man sich zum Beispiel nicht impfen lassen kann oder möchte.“

Was das Presbyterium in diesem Zusammenhang allerdings zunehmend Sorgen bereite, seien die verharmlost „Spaziergänge“ genannten Demonstrationen, die vielerorts stattfinden. Auch in Hürth sei diese Form des Protests mittlerweile angekommen. Für die Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinde steht fest: „Es ist ein gutes demokratisches Grundrecht, seine Meinung frei zu äußern, sei es in der politischen ebenso wie in der kirchlichen Gemeinde. Wenn dabei allerdings gegen geltende Regeln verstoßen wird und dadurch, gerade in der aktuell extrem angespannten Lage mit der sich rasant ausbreitenden Omikron-Variante, Menschen in unserer Gesellschaft gefährdet werden, bereitet uns das große Sorgen. Sowohl eine Aushöhlung von Schutzmaßnahmen als auch Verschwörungstheorien oder eine grundsätzliche Ablehnung wissenschaftlicher Erkenntnisse verunsichern Menschen und gefährden uns alle. Zunehmend beeinflussen zudem rechtsextremistische Gruppierungen diese „Spaziergänge“. In viele Telegram-Gruppen, die zum Protest gegen die Corona-Politik aufrufen, mischt sich rechtsextreme Meinungsmache. Menschen, die ihre Sorge in Bezug auf die Corona-Schutzmaßnahmen und Impfkampagnen kundtun wollen, werden von rechtsextremen und neonazistischen Gruppierungen instrumentalisiert, zum Teil ohne dies zu bemerken.“

Von Verschwörungstheorien und rechter Stimmungsmache distanziert sich die Gemeinde deutlich und appelliert an ihre Gemeindeglieder, Solidarität zu leben, miteinander ins Gespräch zu gehen und auch Sorgen und Ängste des Gegenübers ernst zu nehmen. Gleichwohl gelte es, ein waches Auge und Ohr zu haben, dass wissenschaftsfeindliche und rechtsextreme Entwicklungen in der Gesellschaft sofort gestoppt würden. Die Beiträge in den Sozialen Medien wurden mehrere hundert Male angeschaut. Die Evangelische Kirchengemeinde Hürth setzt mit der Kampagne ein starkes Zeichen in der Debatte um die Corona-Regeln in dieser Zeit.

Text: Ev. Kirchengemeinde Hürth / APK
Foto(s): Ev. Kirchengemeinde Hürth