You are currently viewing Mit Hanteln stärken Senioren ihre Muskeln: „Fit für 100″ geht in die zweite Runde“. Neue Gruppe der Antoniter Siedlungsgesellschaft startet in Köln-Ostheim

Mit Hanteln stärken Senioren ihre Muskeln: „Fit für 100″ geht in die zweite Runde“. Neue Gruppe der Antoniter Siedlungsgesellschaft startet in Köln-Ostheim

Es ist ein nicht gerade alltägliches Bild: Zehn Frauen und Männer im Alter zwischen 70 und 90 Jahren sitzen auf einem Stuhl und halten in jeder Hand eine Hantel. Die Armmuskeln sind angespannt, die Hände bewegen sich langsam nach oben und wieder zurück nach unten. Die Gesichter vollkommen konzentriert. Nach zehnmaligem Heben und Senken dürfen sich die Arme wieder entspannen. „Oh, wie schön“, „Ach, ist dat fein!“ klingt es aus den Reihen der Seniorinnen und Senioren während sie den Anweisungen der Seminarleiterin Pia Lödige für die nachfolgende Entspannungsübung folgen.


Krafttraining gegen den Muskelabbau
Wer sich an diesem Freitagmorgen in Köln-Ostheim zusammengefunden hat, nimmt teil an einem Bewegungsangebot für Hochaltrige. „Fit für 100“ heißt das Motto der Gruppe, die von der Antoniter Siedlungsgesellschaft mbh (ASG) seit November 2005 angeboten wird. Die Gruppe der ASG-Mieterinnen und -Mieter trifft sich zweimal in der Woche im Seniorenwohnhaus in der Henleinstraße. „Das macht nicht nur ein bisschen, das macht sehr viel Spaß“, betont Cäcilie Scherf, eine der Teilnehmerinnen, die von Anfang an dabei ist. Besonders der freundliche Umgangston innerhalb der Gruppe und insbesondere der von Pia Lödige, Gesundheits- und Massagetherapeutin, haben es ihr angetan. Und das sagt sie ganz offen: „Wer ruppig wäre, könnte gehen. Wir sind hier ja nicht im Gefängnis und nicht in der Schule!“ Obwohl sie zugeben muss, dass sie in den letzten drei Jahren eine Menge gelernt hat. Etwa, dass pro Jahr etwa fünf Prozent ihrer Muskeln abgebaut werden. Und, dass sie durch ihr fleißiges Trainieren schon viel dafür getan hat, diesen Prozess zwar nicht zu stoppen, aber ihn deutlich zu verlangsamen. Und das hat sie auch schon gespürt: Viele Bewegungen fallen ihr im Alltag wieder leichter. Treppen steigen zum Beispiel.

„Wir vermissen uns gegenseitig“
Auch die 86-jährige Hildegard Heibel ist stolz darauf, dass sie statt des Aufzugs nun wieder die Treppe benutzen kann. Und ihren Kindern sei aufgefallen, dass sie seit einiger Zeit wieder richtig aufrecht sitzen könne. Aber der gesundheitliche Aspekt ist nur einer von vielen, weshalb die zehn Seniorinnen und Senioren sich jeweils für eine Stunde treffen. „Wir kommen sogar, wenn es uns gesundheitlich nicht danach ist. Wir vermissen uns nämlich gegenseitig“, erklärt Cäcilie Scherf. Und sie weiß, dass niemand während einer Übung überfordert wird und falscher Ehrgeiz fehl am Platz ist. „Die einen müssen motiviert, die anderen gebremst werden“, erklärt Trainerin Lödige. Wer eine Übung im Stehen nicht mitmachen kann, der kann im Sitzen eine Alternativ-Übung machen. Alles geschieht so individuell wie möglich. Auch das Gewicht der Hanteln ist auf jeden Einzelnen abgestimmt: Los geht es bei 750 Gramm, wer es schafft, darf anderthalb Kilogramm stemmen. Bereitgestellt werden sie von der ASG. Übrigens: Auch für die Füße gibt es Gewichte in Form von Stäbchen, die auf die Füße gelegt werden. Hier darf es auch schon mal ein halbes Pfund mehr sein: bis zu zwei Kilogramm können aufgelegt werden.

Das Aufräumen ist ein soziales Event
Am Ende des Trainings wird gemeinsam aufgeräumt. Tische an ihren Platz geschoben, Stühle gerückt, und hier und dort ein kleines Schwätzchen gehalten. Der Abbau ist ein „soziales Event“ so Lödige. Da wird auch mal von zu Hause erzählt: „Ich mache meine Übungen immer während der Werbeblöcke vor unserem Fernseher!“, berichtet eine Teilnehmerin stolz ihrer Sitznachbarin. Stolz ist sicher auch die Ein oder Andere, dass sie während des Trainings ihre Bauchmuskeln ein bisschen straffen kann.

Zweite Gruppe soll demnächst in Köln-Ostheim starten
Nun will die ASG in Köln-Ostheim eine zweite „Fit für 100“-Gruppe starten, die zweimal wöchentlich dienstags und freitags von 11 bis 12 Uhr unter Leitung von Pia Lödige angeboten werden soll. Sobald sich dafür acht bis zehn Interessierte angemeldet haben, kann es losgehen. Eine 99-Jährige hat ihr Kommen bereits zugesagt. Lödige: „Sie wird im Oktober 100 Jahre alt. Sie will nicht so früh aufstehen und wartet nun auf die neue Gruppe, die um 11 Uhr beginnen wird“. Teilnehmen können ASG-Mieterinnen und -Mieter (sie zahlen 8 Euro pro Monat) und andere Fitnesswillige (sie zahlen 16 Euro pro Monat). Anmeldungen nimmt Kunigunde Thol unter 0221/93 12 11-99 (ASG) entgegen.

Entwickelt wurde das Programm an der Sporthochschule
Das Trainingsprogramm „Fit für 100“ wurde vor vier Jahren in der Sporthochschule Köln im Institut für Bewegungs- und Sportgerontologie unter Leitung von Professor Heinz Mechling entwickelt. Kooperationspartner sind die Landesseniorenvertretung NRW, der Landessportbund NRW und das Land NRW. Anlass war, dass es bis dahin keine Gymnastik für die Generation 80 plus gab. In einem speziellen Kräftigungsprogramm werden mit Hilfe von Gewichten wichtige Muskelpartien gestärkt. Durch die Förderung von Kraft und Koordination sollen Lebensqualität und Alltagskompetenz gefördert werden. Gedacht ist das Bewegungsprogramm auch zur Sturzprävention. Das Training soll den Teilnehmenden ermöglichen, bis ins hohe Alter die täglichen Aufgaben im Haushalt zu bewältigen. Die ASG bietet für ihre Bewohnerinnen und Bewohner jeweils in Köln-Höhenhaus, Köln-Ehrenfeld und Köln-Ostheim eine solche Gruppe an. Die Ostheimner Gruppe jedenfalls ist schon durch zahlreiche Medien „getourt“: MDR, 3SAT, WDR, Center-TV und Arte haben die „Forschungsgruppe“ bereits in ihren Sendungen vorgestellt.

Text: Angelika Knapic
Foto(s): Engelbert Broich