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Pfarrer Christoph Nötzel, Leiter des Missionale-Trägerkreises, und Simone Enthöfer, Landespfarrerin für Missionale Kirche in der EKiR.

Missionale 2022: mittendrin – neues Konzept für großes Mutmacher-Fest

Die Kirchen gehören dahin, wo die Menschen sind. Das ist die Botschaft der Missionale, die 2022 – nach drei Jahren Corona-Pause – erstmals wieder stattfindet. Das Leitwort „mittendrin“ gibt den Ton an für das große ökumenische Glaubensfest, das am Samstag, 18. Juni, von 14 bis 19 Uhr veranstaltet wird. Erstmals wird die Missionale nicht auf dem Kölner Messegelände stattfinden, sondern dezentral, mit einem Schwerpunkt rund um den Gürzenich.

Neun Themenforen laden dazu ein, sich mit der Gegenwart und Zukunft von Kirchen und christlichen Gemeinschaften zu befassen – und mit ihrer Relevanz für die Gesellschaft. Bei Podiumsveranstaltungen und in Gottesdiensten sowie bei spirituellen und kreativen Angeboten geht es etwa um Kirche im Umbruch, um das Christsein in einer kulturell vielfältigen Gesellschaft, um Kirche und Digitalisierung sowie um die Zerbrechlichkeit des Lebens.

Im Interview nehmen Pfarrer Christoph Nötzel, Leiter des Missionale-Trägerkreises, und Simone Enthöfer, Landespfarrerin für Missionale Kirche in der EKiR, Stellung dazu, was Mission und missionarisches Wirken heute für sie bedeutet. Und sie geben einen Ausblick auf das, was die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Missionale erwartet.

Die Missionale findet erstmals dezentral und mitten in der Stadt statt. Welche Hoffnungen und Erwartungen verbinden Sie damit? 

Simone Enthöfer: „mittendrin“ lautet ja auch das Motto und davon erhoffe ich mir zweierlei: zum einen, dass hier und da Menschen, die in der Stadt unterwegs sind, auf die Veranstaltung aufmerksam und neugierig werden und einfach dazu kommen. Noch mehr drückt es aber für mich die Haltung einer zukunftsorientierten Kirche aus. Glaube und die gute Hoffnungsbotschaft gehören nicht nur hinter dicke Kirchenmauern, sondern mitten auf die Alltagswege unseres Lebens und das räumlich und im übertragenen Sinne. Jesus ist vielen Menschen auf ihren Alltagswegen begegnet. Hoffnung, Aufmunterung, Stärkung und Liebe brauchen wir mitten in unseren Lebensthemen, Kirche muss in allen Facetten ihres Verkündigens und Handelns verstärkt auf Alltagswegen und in Alltagsthemen sichtbar und spürbar sein.

Christoph Nötzel: Nach einer langen Pause – die letzte Missionale fand 2019 statt – schauen wir gespannt auf den Neustart. Es fühlt sich wirklich wie ein Neustart an – nicht nur wegen der langen Unterbrechung, sondern auch wegen vieler Veränderungen im Konzept. Die Missionale fand bisher in der Kölner Messe statt, nun erstmals mitten in der Stadt in und um den Gürzenich. Bisher fand Missionale im Februar statt, jetzt im Sommer. Bisher fand Missionale zentral an einem Ort statt, jetzt coronagerecht an verschiedenen Orten – neben dem Gürzenich im Domforum, in der Antoniter- und in der Trinitatiskirche. Das erlaubt auch im Programm mehr Vielfalt. Wir sind also gespannt, wie Missionale nach drei Jahren Unterbrechung und an neuem Ort nun angenommen wird.

Der Begriff Mission wird in den Kirchen und in der Gesellschaft sehr unterschiedlich betrachtet. Jemand, der sich einer Mission verschreibt, wird oft positiv gesehen, etwa Aktivistinnen und Aktivisten für Klimaschutz. Steht der Begriff im Zusammenhang mit den Kirchen wird er oft eher kritisch betrachtet. Für welches Missionsverständnis steht die Missionale? Wie wollen Sie zeigen, dass missionarisches Wirken etwas Gutes ist und will?  

Enthöfer: Missionale steht für ein Missionsverständnis im Sinne der Missio Dei. Das heißt, Mission ist nicht unser, sondern Gottes Wirken in die Welt hinein. Aber unsere Aufgabe ist es, durch unser Leben, unser Reden und unser Handeln, dem Heiligen Geist eine Landebahn zu bauen.  Und das eben so bunt und vielfältig wie die Menschen sind, die sich daran beteiligen mögen. Darum kann die Missionale nur eine partizipative Veranstaltung sein. Es gibt viele offene Formate, in denen es Impulse, Ideen und (In)Fragestellungen gibt, die dann gemeinsam diskutiert oder weiterentwickelt werden können. Es gibt Zeiten zum Kraft tanken und geistliche Zusprüche, also eine Menge Mitgestaltungsangebote für Herz, Geist und Verstand.

Was heißt Mission für Sie persönlich? Und was ist Ihre persönliche Mission mit der Missionale?

Nötzel: Eine Kirche in Mission ist für mich eine Kirche in der Sendung Jesu, die sich aufmacht mit dem Evangelium zu den Menschen. Eine Kirche, die sich von ihrem Auftrag her versteht, nämlich Liebe Frieden, Gerechtigkeit, Versöhnung, Heilung in das Zusammenleben der Menschen zu tragen. Keine selbstgefällige und selbstgenügsame Kirche, sondern eine Kirche die am Evangelium Maß nimmt und es auf Hoffnung hin wagt. Die Missionale will dafür ein ökumenisches Sammelbecken sein: die Vielfalt des christlichen Engagements und der missionalen Möglichkeiten im heutigen gesellschaftlichen Kontext sichtbar zu machen. Diese Missionale wird die letzte sein, die ich als Missionalepastor verantworte. Mir war es wichtig, die Missionale ökumenisch plural und kommunikativ aufzustellen. Mit der Beteiligung der Gemeinden fremder Sprache und Herkunft sowie der Mitwirkung der römisch-katholischen Kirche sind wir da wirklich weitergekommen. Die Foren dieser Missionale sind über zwei Jahre von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Kirchen vorbereitet worden. Sie sind in Gespräch und Zusammenarbeit entstanden und sie wollen in Gespräch und Beteiligung führen.

Enthöfer: In einem Buch „Annette, ein Heldinnenepos“ von Anne Weber las ich zu Beginn den Satz: „Sie glaubte nie an Gott, aber er an sie.“ Dieses Zitat macht meine Haltung deutlich, die ich anderen Menschen gegenüber habe. Ich weiß nicht, ob der Mensch mir gegenüber an Gott glaubt und wenn ja, wie. Aber ich weiß, Gott glaubt an jeden Menschen. Daher habe ich kein Recht zu beurteilen, wie andere Menschen leben, lieben oder glauben. Mission bedeutet für mich immer ein ehrlicher Austausch auf Augenhöhe. Ich erzähle gerne von meinem Glauben an Gott, was mir Kraft und Mut und Hoffnung gibt, aber auch von meinen Fragen und Zweifeln. Genauso interessiere ich mich für die Sichtweise meines Gegenübers, die mich ermutigt, bestärkt, segnet oder infrage stellt.

Warum braucht es gerade in diesen Zeiten so ein Format wie die Missionale?

Nötzel: Nach zwei Jahren Pandemie brauchen wir es alle, wieder zusammenzukommen, uns miteinander zu erleben, Gemeinschaft zu erfahren. In den Gemeinden ist über die zwei Jahre vieles zerbrochen, da tut es gut, bei Großveranstaltungen wie Missionale zu erleben: wir sind gemeinsam mit vielen unterwegs. Es braucht gerade jetzt diese Mut machenden Impulse des Aufbruchs, des Miteinanders und des gemeinsamen kritischen Nachdenkens: was geht noch in Gemeinde, was geht nicht mehr – wo müssen wir uns in Neuland hinein aufmachen.

Was ist – außer dem Format – neu bei der Missionale 2022?

Enthöfer: Ich freue mich sehr, dass die Missionale deutlich ökumenischer, interkultureller und interreligiöser ausgerichtet ist. Die Evangelische Kirche im Rheinland hat die Federführung übernommen, aber wenn wir auf der Missionale von Kirche sprechen, meinen wir Kirche Jesu Christi, in der wir uns mit evangelischen und katholischen, landeskirchlichen und freien Gemeinden und Gemeinschaften, Werken und Verbänden versammeln. Die Missionale ist deutlich kleinformatiger konzipiert. Wir hoffen, dass dadurch ein intensiverer und individuellerer Austausch möglich ist. In vielen Angeboten atmet deutlich Pioniergeist, der hoffentlich auch mitgenommen und weitergetragen wird.

Worauf freuen Sie sich besonders? Und zu welchen Programmpunkten möchten Sie besonders einladen? 

Nötzel: Ich freue mich besonders auf die Begegnung mit vielen Menschen, auf schöne Musik und andächtige Augenblicke, auf irritierende Impulse, die mir Anstöße in eine neue Richtung geben können. Hochinteressant finde ich das interreligiöse Gespräch unter jungen Menschen „Was mir mein Glaube bedeutet“. Je eine muslimische, jüdische, evangelische und katholische Jugendreferentin führen im Antonitersaal ein Gespräch miteinander, wie sie glauben, was sie spirituell anspricht und wie sie sich mit ihrem Glauben in unserer Gesellschaft erleben. Kreative Inspiration erhoffe ich mir von dem Forum „Kirche mitten in der digitalisierten Welt“ im Isabellensaaal des Gürzenich. Geistliche Vertiefung suche ich in der Trinitatiskirche, wo sich zwei Foren dem Christsein mittendrin in einer zerbrechlichen Welt stellen. Und gespannt sein darf man auf das persönliche theologische Leitprogramm unseres Präses Thorsten Latzel, der sich im Großen Saal des Gürzenich der Frage stellt „Warum ich evangelisch bin!“.

Enthöfer: Ich möchte gar nicht für einzelne Punkte werben. Es ist so ein buntes und reichhaltiges Buffet, dass ich glaube und hoffe, dass jede und jeder etwas nach eigenem Geschmack findet. Wenn größere Gruppen aus einer Gemeinde anreisen, ist es gewiss ratsam, sich aufzuteilen und nachher auszutauschen, was man für die eigene Gemeinde mitnehmen möchte. Ich freue mich jedenfalls über das bunte Angebot und hoffe, viele Impulse werden von denen, die kommen mit nach Hause genommen und mitten in den Gemeindealltag transportiert.

Was erwartet Teilnehmende, die zum ersten Mal zur Missionale kommen?

Nötzel: Missionale ist wie ein Kirchentag im Kleinen: Bibelarbeit, Lieder und Musik, Thematische Podien, Gespräche untereinander – und ein gemeinsamer Abendsegen mit viel Musik um 18 Uhr im Gürzenich. Man kann kommen und gehen, wie man mag – und sich so sein eigenes Programm zusammenstellen. Missionale kostet keinen Eintritt. Wir sind aber für jede Spende dankbar.

Die Missionale

Hinter der Missionale stehen Christinnen und Christen aus evangelischen und katholischen, baptistischen, methodistischen und freien sowie deutsch- und anderssprachigen Gemeinden. Die Intention ist es, den Teilnehmenden Vergewisserung für den eigenen Glauben zu geben, Ermutigung für ihr Engagement und Inspiration für die Gemeindeentwicklung. Nicht zuletzt geht es darum, die große Gemeinschaft der Glaubenden aus verschiedenen Kirchen und Traditionen zu erleben und zu feiern. Der Eintritt zur Missionale ist frei. Für Verpflegung muss selbst gesorgt werden, Kinderbetreuung wird angeboten.

www.missionale.de

Das gesamte Programm finden Sie hier: EL-Missionale2022-D.pdf (ekir.de)

Text: Hildegard Mathies
Foto(s): Enthöfer / Jenny Taenzer