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„Menschen ohne Papiere sind nicht kriminell“ – aber ihre Lebensbedinungen sind oft alarmierend schlecht: Hier sind „Christen zur Mitmenschlichkeit verpflichtet“

„Menschen ohne Papiere in Köln“ ist der Titel einer Studie, die Marlis Bredehorst, Sozialdezernentin der Stadt Köln, jetzt der Öffentlichkeit vorstellte. Im Auftrag des Kölner Stadtrates hatten Mitarbeiter des Institutes für Migrationsfoschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück die Situation so genannter „irregulärer“ Menschen in Köln untersucht und Handlungsempfehlungen für die städtische Verwaltung erteilt.


„Genaue Zahlen gibt es nicht“ erklärte Bredehorst, „aber wir gehen davon aus, dass in Köln 10.000 bis 25.000 Menschen ohne Papiere leben.“ Die würden unter oft unerträglichen Bedingungen ihr Dasein fristen. „Sie werden ausgebeutet von Arbeitgebern, die ihnen manchmal sogar den Lohn vorenthalten. Vermieter geben ihnen Wohnraum zu Wucherpreisen, und sie sind nicht krankenversichert.“ Einem Vorurteil trat Bredehorst vehement entgegen: „Die Menschen ohne Papiere sind nicht kriminell. Sie sind die Angepasstesten überhaupt, weil sie ja nicht auffallen wollen.“

Die Dezernentin lobte den Runden Tisch für Flüchtlingsfragen in Köln, am dem sich seit 2003 Vertreter der Kirchen, der Wohlfahrtsorganisationen, der Ordnungs- und Sozialbehörden sowie der Parteien treffen und über die Verbesserung der Bedingungen für Flüchtlinge beraten. Rolf Domning, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte, erläuterte gemeinsam mit Peter Krücker vom Caritasverband Köln, die Handlungsempfehlungen der Studie.

Bredehorst nannte vier Problemfelder, „bei denen eventuell kommunaler Handlungsbedarf bestehen könnte. Das sind die Bereich Arbeit, Wohnen, Schule und Kindergarten sowie Gesundheit“. Krücker nannte vier Ziele, die vor allem die Kirchen erreichen wollten. „Der Runde Tisch braucht einen klaren kommunalen Auftrag. Organisationen, die sich um die ,Irregulären‘ brauchen mehr Unterstützung. Es müssen auch Programme für die Rückkehr von Flüchtlingen entwickelt werden. Und schließlich: Man darf die Unterstützer nicht verpflichten, Wissen über die ,Irregulären‘ preiszugeben.“

Krücker wurde danach noch konkreter: „Die Studie fordert eine Rechtsberatung für Menschen ohne Papiere auf dem Sektor Arbeit. Sie müssen in die Lage versetzt werden, vorenthaltenen Lohn einklagen zu können“, erläuterte Krücker. „Darüber hinaus müssen wir Notwohnangebote schaffen für ,Irreguläre, die von ihren Vermietern rausgeschmissen wurden“, fuhr er fort und nannte Klöster und Ordensgemeinschaften als mögliche Schlafstellen.

Domning forderte die Kommune auf, sich an der ärztlichen Versorgung von Menschen ohne Papiere finanziell zu beteiligen. Es läge auch im öffentlichen Interesse, dass der Entstehung von Krankheiten entgegengewirkt würde. Im Bereich Schule und Kindergarten wies Domning darauf hin, dass Kinder von „Irregulären“ sogar verpflichtet seien, die Kindergärten und die Schulen zu besuchen. Dabei verfügten die Leitungen von Schulen und Kindergärten in Nordrhein-Westfalen über „einen gewissen Spielraum“.

Für die evangelische Kirche erinnerte der Superintendent an die lange Tradition des Kümmerns um Rechtlose. Schon in den 90er Jahren habe man so genannte „Illegale“ im Wanderkirchenasyl untergebracht. „Ich bin damals selbst mit einem Flüchtling durch die halbe Stadt zu verschiedenen Krankenhäusern gefahren, weil der große Probleme mit einem Magengeschwür hatte“, erinnerte sich Domning. „Diese Menschen leben bei uns, ob uns das passt oder nicht. Wir Christen sind schlicht und ergreifend zur Mitmenschlichkeit verpflichtet.“

Ein Arbeitskreis des Runden Tisches für Flüchtlingsfragen erarbeitet zur Zeit Empfehlungen für die Verwaltung, über die der Rat in den kommenden Monaten entscheiden soll.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann