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Markus Herzberg ist der neue Citykirchen-Pfarrer Kölns

Das Votum im Wahlgottesdienst Anfang September fiel einhellig aus. Markus Herzberg, Kandidat für die erste Pfarrstelle der Evangelischen Gemeinde Köln, vereinte die Stimmen aller 27 anwesenden Presbyteriumsmitglieder auf sich. Damit berief das Leitungsgremium den 33-Jährigen an die AntoniterCityKirche, wo er er Ende Oktober durch Stadtsuperintendent Rolf Domning eingeführt wurde. Herzberg folgt damit auf Pfarrer Dr. Bertold Höcker, der 2009 als Superintendent in den Kirchenkreis Berlin-Stadtmitte wechselte. Die AntoniterCityKirche ist für Herzberg ein bereits vertrauter Ort: Hier fungierte er seit April 2009 als Pastor im Ehrenamt, seit Februar 2010 nahm er die Vakanzvertretung wahr.

„Ich muss das unbedingt tun“
Nach dem Abitur zeigte sich der gebürtige Duisburger Herzberg unschlüssig. In Frage kamen sowohl ein Studium der Medizin, als auch der Theologie. Die Entscheidung fiel während seines Zivildienstes an einem Duisburger Krankenhaus. „Diese Sicherheit ist schnell gewachsen.“ Ohne jegliche Reue. „Früher empfand ich den Begriff Berufung befremdlich. Heute merke ich an mir selbst: Ich muss das unbedingt tun.“ Während seines Studiums 1997 bis 2004 an der Ruhr-Universität Bochum und der Kirchlichen Hochschule Wuppertal erlebte Herzberg es als spannenden Prozess, Glaube auch als Wissenschaft zu sehen, wissenschaftlich an Glauben heranzugehen. Zu seinen Studienschwerpunkten zählten Systematische Theologie und Ökumenik.
Sein Vikariat absolvierte er 2004 bis 2006 in der Evangelischen Kirchengemeinde Lennep in Remscheid. Dort amtierte Pfarrer Dr. Martin Dutzmann, damals Superintendent des Kirchenkreises Lennep. Dieser war von Herzbergs Suche nach einer Gemeinde, „die großen Wert auf die Liturgie, auf Gottesdienstangebote legt“ so angetan, dass er ihm gleich ein Engagement vor Ort anbot. Arbeitsschwerpunkte bildeten dort Erwachsenenbildung und Jugendarbeit. In sein Vikariat fiel 2005 die Wahl Dutzmanns zum Landessuperintendenten der Lippischen Landeskirche. Oktober 2006 wechselte Herzberg für zweieinhalb Jahre in die Evangelische Kirchengemeinde Schauren-Kempfeld-Bruchweiler. Dort, im Hunsrück, wurde er im Oktober 2007 auch ordiniert. Zusätzlich übernahm er für ein Jahr die Vakanzvertretung in der Evangelischen Kirchengemeinde Wirschweiler-Allenbach-Sensweiler.

Wirtschaftlichkeit und christliche Werte schließen sich nicht aus
Nach einem Praktikum bei einer Dortmunder Personal- und Organisationsentwicklung wechselte der Diplom-Theologe und Pastor 2009 als deren geschäftsführender Partner in die Wirtschaft. Mentale Unterstützung erfuhr er dabei durch Höcker, den er während seiner Amtszeit im Hunsrück kennen gelernt hatte. „Auf meine Frage, ob ich das könne, ermutigte mich Bertold Höcker: `Es sind zwar andere Inhalte, aber den `Methodenkoffer` hast du drauf`.“ Als selbständiger Unternehmer trainierte Herzberg auch mit „Hilfe der Bibel“ deutschlandweit Führungskräfte, beriet er in Sachen Konfliktsituation und Teamentwicklung, suchte christliche Werte in die Unternehmenskultur zu integrieren. „Wirtschaftlichkeit und Werte schließen sich nicht aus“, ist Herzberg unverändert überzeugt. Parallel zu seiner Beratungs-Tätigkeit nahm er seit April 2009 als Pastor im Ehrenamt Aufgaben in der Kirchengemeinde Lennep sowie an der AntoniterCityKirche wahr.

Die Vielfalt der Antoniterkirche bewahren
Dass Citykirche „etwas mit Stadt und einer exponierten Stellung zu tun hat“, wusste Herzberg schon vor seinem Engagement in Köln. Seitdem er die Antoniterkirche, die Gemeinde und Citykirchenarbeit kennen lernen konnte, „sehe ich, dass alles weitaus vielfältiger ist, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich sehe, wie wichtig Citykirchenarbeit ist, um protestantische Kirche in ein urbanes Leben einzubinden. Und sie geht weit über die Gemeinde- sowie Stadtgrenze hinaus. Besuchende unserer verschiedenen Gottesdienste kommen aus dem gesamten Kirchenverband. Viele Auswärtige reisen extra an, um Ernst Barlachs `Schwebenden` zu sehen.“ Herzberg spricht von einer „Schaufensterfunktion der Antoniterkirche“. Sie sei im Kölner Zentrum ein Ort der Einkehr, ein Ort, der Einblick in Kirche gebe, ein Ort kulturellen Lebens. Diese „Schaufensterfunktion“ will er auch „zur Rückbindung an die Evangelische Gemeinde Köln“ nutzen.
Herzberg schätzt an der Antoniterkirche insbesondere das gottesdienstliche Profil, die regelmäßigen Gottesdienste in reformierter, lutherischer und unierter Tradition. „Ich bin aufgewachsen mit reformiertem Gottesdienst. Während meines Studiums und Vikariats wollte ich mehr über unierte und lutherische Formen lernen. Dabei habe ich gemerkt: Ich brauche eine gottesdienstliche Vielfalt für meine eigene Spiritualität. Und mir wurde bewusst, dass es für mich wie viele andere Menschen mehr als ein Gottesdienst-Modell geben kann für den Weg zu Gott.“ Daher findet er die von Höcker an der AntoniterCityKirche eingeführte gottesdienstliche Vielfalt „unbedingt erhaltenswert“. Es sei sehr lobenswert, dass sie bis heute gepflegt werde, und selbst in der Vakanz die Fülle und Unterschiedlichkeit keine Einbußen erlitten habe. Aber Herzberg möchte diese Vielfalt nicht nur bewahren, sondern auch bereichern. Dabei nimmt er den Samstagabend in den Blick. „Ein fester Termin, ein experimenteller Rahmen“, denkt Herzberg beispielsweise an Literatur- und Gesprächs-Gottesdienste
„Ich kann aufbauen auf das, was andere fleißige Hände schon geschaffen haben“, sagt Herzberg und möchte, „dass in der Citykirchenarbeit alles so erhalten bleibt, wie es ist.“ Darunter die Kircheneintrittsstelle im CityPavillon. Darunter die AntoniterCityTours. Das Stadtführungsprogramm der Evangelischen Gemeinde Köln schätzt er als eine besondere Möglichkeit der Vermittlung christlicher Kultur: „Deren Angebote tragen erfolgreich protestantisches Profil in die Stadt.“ Überhaupt zähle laut Herzberg „kulturelles Engagement“ zu den Schwerpunkten der Citykirchenarbeit. Angesprochen auf konkrete Projekte in der nahen Zukunft, nennt er beispielsweise die Generalüberholung der Orgel der Antoniterkirche. Sie ist zugleich ein wesentliches Anliegen von Kantor Johannes Quack. Realisiert werden soll das Projekt durch Fundraising. „Damit wollen wir die Qualität der Kirchenmusik an unserer Kirche erhalten und ausbauen“, so Herzberg, für den „Kirchenmusik die Mitverkünderin des Wortes“ ist.

„Es lohnt sich!“
Herzberg, der gerne liest, reist, kocht und isst, kann sich gut an seinen ersten Köln-Besuch 1986 erinnern. „Ich war unglaublich beeindruckt von dieser Stadt, wollte unbedingt einmal hier leben.“ Seine Faszination sei stetig gewachsen, so schätzt er an den Kölnerinnen und Kölnern beispipelsweise deren „Weitsicht und Offenheit für Dinge, deren konservatives Bewahren und gleichzeitig Offenheit für unterschiedliche Lebensformen. Das kenne ich so von keiner anderen Stadt.“ Seine Freude, nun hier arbeiten zu können, ist spürbar. Dabei sieht sich der neue Pfarrer an der Antoniterkirche unverändert dem Leitspruch zu seiner Ordination verpflichtet, „Und Christus sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm.“ (Matthäus: Kapitel 9, Vers 9). „Es ist nicht immer leicht, diesen Ruf zu hören und daran zu glauben, aber ich bin mir ganz sicher: Es lohnt sich!“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich