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Mädchenrechte in aller Welt: Es gibt noch viel zu tun

Frauen- und Kinderrechte werden in großen Teilen der Welt immer noch missachtet. Durch die verbreitete Praktik der Genitalverstümmelung von Mädchen, verbunden mit mangelnder Schulbildung, sind diese lebenslang abhängig von ihrer Familie und haben keine Chance auf eine eigene wirtschaftliche Existenz. Eine Wanderausstellung zeigt Ursachen, Konsequenzen und Lösungen auf.

13 Transparente sind derzeit in der Bickendorfer Epiphaniaskirche zu sehen. Sie zeigen afrikanische Frauen und Mädchen bei der Arbeit und in der Schule. Die Wanderausstellung WENDEMIS WÜRDE – Die Rolle von Mädchenschutz bei der Armutsbekämpfung“ will auf die soziale Wirklichkeit von Frauen und Mädchen in den Ländern Mittelafrikas aufmerksam machen. Mehr als zwei Drittel von ihnen sind immer noch Opfer der uralten Tradition der Genitalverstümmelung.

Hilfe aus Deutschland

Hintergrund der Ausstellung ist die Kollekte einer Taufe in der neu renovierten Epiphaniaskirche. Als die Mutter des Täuflings Anette Lange den Film „Wüstenblume“ sah, ließ sie die Thematik der heute noch in großen Teilen der Entwicklungsländer praktizierten Genitalverstümmelung nicht mehr los. Mit der Kollekte wollte sie eine Organisation unterstützen, die sich wirksam dagegen einsetzt. Schließlich fand sie bei dem Verein SAIDA International e.V. aus Leipzig konkrete Hilfen zum Schutz betroffener Mädchen und holte die Wanderausstellung nach Bickendorf.

„Eigentlich ist hier in NRW die Ausstellung besser als in Ostdeutschland angesiedelt“, erzählt SAIDA-Vorsitzende Simone Schwarz. „Denn hier in Köln und im Ruhrgebiet leben viele der von der Genitalverstümmlung betroffenen Mädchen und Frauen.“ Einer Studie des Vereins zufolge sind in Europa rund 500.000, davon mehr als 30.000 Mädchen und Frauen in Deutschland gefährdet oder betroffen.

Traditionen mit fatalen Folgen

Die Tradition der Genitalverstümmelung beruht auf der Tatsache, dass die Familienehre an die Jungfräulichkeit der Töchter geknüpft ist. Die Genitalverstümmelung soll gewährleisten, dass Mädchen vor ihrer Verheiratung keine sexuellen Beziehungen eingehen oder schwanger werden. Nur so kann die Familie einen entsprechenden Brautpreis erzielen.

Für die Mädchen und Frauen hat die Praktik teilweise lebenslange Folgen, angefangen von extremen Schmerzen, Depressionen oder Verhaltensstörungen bis hin zu unkontrollierbaren Blutungen, die zu Schockzuständen oder Tod führen können. Aus Sicht der Familien ist die Verheiratung der Mädchen deren einzig möglicher Lebensweg; Schulbildung ist nicht vorgesehen. Doch ohne lesen, schreiben oder rechnen zu können, haben Mädchen kaum Chancen, wirtschaftlich eigenständig zu sein und der Abhängigkeit von der Großfamilie zu entkommen.

Burkina Faso hat Vorreiterrolle

Die Ausstellung zeigt anhand der konkreten Projektarbeit im westafrikanischen Burkina Faso, dass ein Umdenken jedoch möglich ist. In Zusammenarbeit mit SAIDA International e.V., einem Dorfchef und den Eltern von Mädchen wurden dort Verträge geschlossen, die diese Praktik öffentlich anprangern und verbindlich als beendet erklärt haben. Mädchen dürfen dort unversehrt zur Schule gehen. Die Chance auf Bildung eröffnet ihnen letztendlich ein eigenes Einkommen und gewährt ihnen ein Mitspracherecht in Familie und Gesellschaft.

Präventionsbroschüre zeigt Abhilfe

Um von hier aus Mädchen vor Verstümmelung zu schützen, hat SAIDA eine Broschüre erarbeitet, die aufzeigt, an wen man sich im Verdachtsfall wenden kann. Das Jugendamt kann beispielsweise die Ausreise ins Herkunftsland unterbinden und auf regelmäßigen Untersuchungen bestehen. Erfolgt dennoch eine Genitalbeschneidung, so drohen den Eltern strafrechtliche Konsequenzen.

„Die Ausstellung in der Epiphaniaskirche passt gut zu unserem Profil“, sagt Pfarrerin Uta Walger. In der Gemeinde besteht ein hohes Engagement für Fragen der Menschenrechte, insbesondere von Frauen und Mädchen. In das Projekt SAIDA mit einbezogen sind dort die Konfirmanden, die sich demnächst bei einem Jugendgottesdienst mit der Frage nach den Rechten einer Gesellschaft unter dem Aspekt „Wen laden wir ein an den Tisch Jesu – und wer steht am Rand?“ beschäftigen werden.

Eine Weltkarte zur Verbreitung der Praktik der Genitalverstümmelung findet sich unter

http://www.saida.de/genitalverstuemmelung/verbreitung

Ansprechpartner
Evangelische Kirchengemeinde Bickendorf, Epiphaniaskirche, Erlenweg 39, 50827 Köln

Pfarrerin Uta Walger, Telefon 0221/888 779 22

Veranstaltungen
Sonntag, 8. November, 16 Uhr:
Abschlussveranstaltung mit Filmvorführung: „Wenn Bäume Puppen tragen“
Im Anschluss: Gespräche

Öffnungszeiten
Dienstags von 16 bis 20 Uhr, freitags von 10 bis 13 Uhr, Sonntag, 1. November, von 10.30 Uhr bis 13 Uhr

Führungen
Dienstag, 27. Oktober, 17 Uhr, 18 Uhr und 19 Uhr
Dienstag, 3. November, 17 Uhr, 18 Uhr und 19 Uhr
Sonntag, 8. November, 12 Uhr, 13 Uhr und 14 Uhr

Text: Anne Siebertz
Foto(s): Anne Siebertz