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Anita Hoffmann (links) und Simone Christiane Klaus unterrichten evangelischen Religionsunterricht am Alfred-Müller-Armack-Berufskolleg in Köln-Zollstock bzw. am Berufskolleg Kaufmännische Schulen in Bergisch Gladbach.

„Liebe ist das A und O!“ für die neuen Pfarrerinnen im Berufskolleg

Seit diesem Schuljahr hat das Berufskolleg des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region zwei neue Pfarrerinnen im Team. Anita Hoffmann und Simone Christiane Klaus geben evangelischen Religionsunterricht in Köln beziehungsweise Bergisch Gladbach und sehen ihre Arbeit vor allem als „Brücken- und Versöhnungsarbeit“. Gerechtigkeit, Verständnis, Toleranz und Respekt für einander sind zentrale Themen im Dialog mit ihren Schülern. Im Rahmen eines Gottesdienstes wurden sie durch Superintendent Markus Zimmermann feierlich eingeführt.

Brücken- und Versöhnungsarbeit
Für Simone Christiane Klaus ist der Religionsunterricht in der Berufsschule zu einem großen Teil interreligiöse und interkulturelle Grundlagenarbeit. „Beim Start mit einer neuen Klasse ist deshalb der genaue Blick für die Schüler wichtig“, erklärt die Pfarrerin, wo sie ansetzt. „Sitzen dort Jesiden oder Hinduisten? Christen? Atheisten?“ Eine gemeinsame Ebene zu schaffen auf Basis dieser Grundlagen ist wichtig für ihre Unterrichtsgestaltung. Simone Christiane Klaus ist 53 Jahre alt und Mutter zwei erwachsener bzw. fast erwachsener Töchter. Das Thema Geschlechtergleichberechtigung ergibt sich für sie dadurch fast von selbst als Themenbestandteil ihres Unterrichts. Mit der Altersgruppe von 16 an aufwärts, die an der Schwelle zum Berufsleben steht, arbeitet sie sehr gern: „Ich habe hier das Gefühl, ihnen etwas mitgeben zu können!“

Ihre liebste Lehrmethode ist der aktive Perspektivenwechsel. „Um zu realisieren, dass es verschiedene Wahrheiten geben kann und mehrere Menschen mit ihrer Sichtweise gleichzeitig „Recht haben“ können, stelle ich zum Beispiel einen Gegenstand in die Mitte und lasse ihn aus unterschiedlichen Richtungen beschreiben.“ Brücken- und Versöhnungsarbeit ist eben auch, die Überzeugungen des anderes akzeptieren zu lernen.

Schulunterricht: Große Chance für die Kirche
„Erst einmal hinhören“, ist Regel Nummer eins für Anita Hoffmann, wenn sie in einer neuen Klasse beginnt: „Was für Ansichten bringen die Schüler mit?“ Ihr Berufskolleg in Köln-Zollstock ist eine „Schule ohne Rassismus“, ihre Schüler kommen aus den verschiedensten Ländern, Kulturen und Religionen. Anita Hoffmann, 50 Jahre alt und ebenfalls selbst Mutter, nimmt sich am Anfang grundsätzlich viel Zeit zum Kennenlernen und um Vertrauen aufzubauen in den manchmal chaotischen Klassen.

Psalm 31,9 – „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“, war für sie deshalb genau der richtige Leitspruch für den Einführungsgottesdienst. Missionieren will sie nicht. Sie bietet an. Ihre Schüler dürfen sagen und erzählen, was sie wollen. Ihr Unterricht ist ausdrücklich ein Ort, an dem sie gehört werden, ohne dafür politisch auf die Straße zu gehen. Das ihr entgegengebrachte Vertrauen gibt ihr recht: Am Ende des Schuljahres kommen immer wieder Schüler mit der Bitte um Segen, gemeinsame Gottesdienste oder Ähnlichem zu ihr.

Für Anita Hoffmann ist Religionsunterricht für Schüler im Berufskolleg-Alter eine einmalige Begegnungschance: „Wo sonst finden wir sonst so viele junge, akademische Menschen?“, fragt sie.  Die Pfarrerin versteht sich als Botschafterin und möchte ihren Schülern Halt und Zuversicht geben – unabhängig von deren Religionszugehörigkeiten, Vorurteilen oder Überzeugungen. Wissen über Kasualien oder biblische Inhalte sind für sie das eine, Respekt für einander und für sich selbst zu schaffen das andere. Sie stehen im Zentrum ihrer Schulstunden. Das Doppelgebot der Liebe zieht dabei alles andere nach sich und bestimmt auch Anita Hoffmanns Ansatz, zu unterrichten. Sie schließt: „Da sitzen so viele tolle Menschen in den Klassen. Ich sage ihnen oft, dass jeden Morgen die Sonne aufgeht und nachts der Mond scheint – dass es immer Licht für sie gibt! Liebe ist das A und O.“

Text: Claudia Keller
Foto(s): Claudia Keller