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„Leute wie wir“ – Museum Ludwig zeigt anlässlich des Kirchentags Grafiken von Sister Corita: Erste Einzelausstellung in Deutschland

Sister Corita hieß nicht nur so, sie war wirklich eine Nonne. Sister Corita engagierte sich gegen soziales Unrecht, Armut und Rassismus. Sie kämpfte gegen den Vietnam-Krieg. Sie schuf symbolträchtige Antworten auf die Kosumwelt. Sie übernahm „unter der Flagge der katholischen Kirche politische Verantwortung“. Sister Corita tat dies mit sowohl wortstarken wie bildreichen Siebdrucken. Ihre Arbeiten bezeugen einen variantenreichen Umgang mit Sprache, mit Text und Farbe, ein sicheres Gespür für deren angemessene Umsetzung in lebendige Typographie. Innovativ war ihr Design, neu die Verwendung des Siebdrucks als künstlerische Technik. Die Druckgrafiken belegen eine auch humoristische Reflexion der amerikanischen Kultur, aus deren Quellen sie reichlich schöpft. Schließlich ist ihr großes handwerkliches Geschick zu nennen, mit der sie soziale und politische Ideen transportiert.


Hochgeschätzt von zeitgenössischen Künstlern
Zum Kirchentag und darüber hinaus veranstaltet das Museum Ludwig in Kooperation mit der evangelischen Landeskirche die erste Einzelausstellung von Mary Corita Kent (1918-1986) in Deutschland. Zu sehen sind Siebdrucke und Bücher aus den 1960er Jahren. Produziert wurden die Arbeiten der Nonne, die in der katholischen Immaculate Heart Community in Los Angeles lebte, mit Hilfe von Mitschwestern in der bestehenden Werkstatt der Gemeinschaft. Hochgeschätzt von zeitgenössischen Künstlern und Kreativen, stießen die Aktivitäten in der katholischen Kirche Kaliforniens auf wenig Gegenliebe. Auf deren Druck und aus gesundheitlichen Gründen verließ sie 1968 den Orden.

„Vor vierzig Jahren aktuell – und heute wieder“
Die Teilnahme des Museums am Kirchentag war vom Kulturbeirat der gastgebenden rheinischen Landeskirche schon früh gewünscht. Die Idee zur „Sister Corita“-Schau stammt von Museumsdirektor Kaspar König. Erich Witschke, der Kunstbeauftragte des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region und einer der Geschäftsführer des Kulturbeirates zum Kirchentag, zeigte sich begeistert. „Sister Corita vertritt eine eigenständige Position in der Pop-Art. In den USA ist sie bekannt, aber hierzulande kaum.“ Ihre Arbeiten zeigten einen hoch interessanten Umgang, einen andere Begegnung von Kunst und Kirche. „Sie ist eine Künstlerin in einem katholischen Orden, die im Umgang mit Kunst nicht das Erhabene, Gute zeigt, nicht das Religiöse, sondern das Politische betont. Und mit den Mitteln der Kunst die ethische Verantwortung wahrnimmt, im Protest etwa gegen den Vietnam-Krieg. Das war vor vierzig Jahren aktuell und ist es heute wieder.“ Ihn als Protestant interessiere zudem, wie Sister Corita Wort und Bild, Schrift und Bild in ein ästhetisches Verhältnis setzt. „Das ist eine unabhängige, ganz eigene, wichtige und qualitativ hochstehende Kunst“, urteilt Witschke

„lebendig und kräftig und schärfer“: Eine „Steilvorlage“ für Kaspar König
Die Ausstellung „ist eine ganz wunderbare Sache“, meint König. „Unsere Absicht war es, etwas Eigenständiges zu machen, das sowohl mit dem Kirchentag, als auch unserer Sammlung zu tun hat.“ Dabei sei ihm die Losung „lebendig und kräftig und schärfer“ wie eine Steilvorlage vorgekommen. Denn sie sei auch auf die Kunst, auf das soziale Engagement von Sister Corita zu beziehen. Die Ordensschwester nehme Bezug auf Werbung, Konsum und Außenwelt, dreht deren Aussagen um, und wende sich damit wiederum an die Öffentlichkeit. Eine wesentliche Rolle für König spielt es, dass die Arbeiten zumindest zeitlich eine neuen Aspekt in die Pop-Art-Sammlung des Hauses bringen. So haben die Kuratorinnen Nina Gülicher vom Museum Ludwig und die amerikanischen Künstlerin Julie Ault einige der Druckgraphiken in die direkte Nachbarschaft zu Bildern von Andy Warhol gehängt.

Öffnungszeiten
Geöffnet ist die Sonderausstellung im Museum Ludwig, Bischofsgartenstraße 3, bis 2. September, dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr.

Tipp
Mehr über Sister Corita auf den Kirchentags-Seiten hier.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich