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Landessynode 2006, die Beschlüsse. Eine Zusammenfassung

Der Haushalt
Der Haushalt der Evangelischen Kirche im Rheinland basiert vor allem auf den Kirchensteuern, die rund die Hälfte der Einnahmen ausmachen. Weitere Quellen sind vertraglich geregelte, staatliche Leistungen, Kollekten, Spenden und Zinsen. Die Finanzplanung der rheinischen Kirche für das Jahr 2006 geht von Kirchensteuereinnahmen in Höhe von 485,6 Millionen Euro aus. Von diesen Einnahmen fließen nach dem am 11. Januar 2006 verabschiedeten Haushalt 39 Millionen Euro in Aufgaben außerhalb der Landeskirche – den größten Posten bildet dabei der Finanzausgleich der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) mit 24,3 Millionen Euro. Finanzdezernent Georg Immel betonte in seinem Bericht, dass die Evangelische Kirche eine  „klare Solidargemeinschaft“ sei, die „in Extremsituationen gezwungen“ ist, sich gegenseitig zu helfen.
Die Landeskirche bekommt für ihre Aufgaben 51,3 Millionen Euro, der landeskirchliche Haushalt beläuft sich insgesamt auf 86,4 Millionen Euro. Der mündliche Bericht des Finanzdezernenten kann hier nachgelesen werden, eine grafisch aufbereitete Präsentation finden Sie hier.

Die Buchführung der Zukunft: kaufmännisch statt kameralistisch
Nach ausführlicher Debatte beschloss die Synode mit großer Mehrheit am 11. Januar 2006, bis 2013 ein „entscheidungsorientiertes Rechnungswesen“ mit kaufmännischer Buchführung einzuführen, sowie auf allen Ebenen (Gemeinden, Kirchenkreisen, Landeskirche) und in allen Arbeitsbereichen zeitgleich ein einheitliches Bewertungssystem für Immobilien und Inventar zu entwickeln.

Zentrale Aufgabe: Kirchenmusik
Die Förderung der Kirchenmusik soll eine zentrale Aufgaben der Evangelischen Kirche im Rheinland sein. Das beschloss die Landessynode am 12. Januar einstimmig. Das bedeutet: Die zunehmend bedrohte Kirchenmusik soll mit neuen Maßnahmen und Modellen flächendeckend gesichert, die kirchenmusikalische Nachwuchsförderung verbessert werden.
Hintergrund: In der rheinischen Kirche liegen die Gehälter für Profimusikerinnen und -musiker unter dem bundesweiten Durchschnitt, weshalb viele Hochschulabsolventen in andere Landeskirchen abwandern. Außerdem sind in der zweitgrößten deutschen Landeskirche in den vergangenen fünf Jahren rund 30 Prozent der hauptberuflichen Kirchenmusikerstellen abgebaut worden. 2000 hatten noch 340 Musikerinnen und Musiker eine Vollzeitstelle, Anfang 2006 sind es nur noch 241, wovon 66 die höher dotierten A-Stellen und 175 die B-Stellen bekleiden. Über tausend nebenamtliche Musiker haben die C-Prüfung, dazu kommen zehntausende Ehrenamtliche. Weitere Infos über das Schwerpunktthema der diesjährigen Synode hier.

Ratifizierung der Verträge der EKD mit UEK und VELKD
Die Synode stimmte einstimmig dem Kirchengesetz zur Änderung der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und zur Ratifizierung der Verträge der EKD mit der Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (UEK) und der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) zu. Die EKD hatte das Gesetz im November 2005 beschlossen. Damit es Gültigkeit gewinnt, müssen ihm die Synoden der 23 Gliedkirchen der EKD zustimmen. Mit der Änderung soll eine Strukturreform der EKD erfolgen, und die konfessionellen Bünde UEK und VELKD sollen eingebunden werden. Durch diese Einbindung soll die EKD gestärkt, die konfessionell geprägte Arbeit aber auch fortgesetzt werden können, heißt es in der Begründung. Damit ist die rheinische Kirche die erste Landeskirche, die sich für die Änderung der EKD-Grundordnung entschieden hat. Infos dazu aus der Vereinigten Evangelisch-lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) hier, der UEK hier.

Beschluss zur EU-Sicherheitspolitik: Zivile Konfliktbearbeitung hat Vorrang
Zu Fragen der Europäischen Sicherheitsstrategie, zur Regelung der Europäischen Sicherheitspolitik und zum Friedensauftrag im EU-Verfassungsvertrag nahm die Synode ausführlich Stellung. Sie unterstützt die Betonung des „Friedens“ im EU-Verfassungsvertrag als „vorrangig zu förderndes Ziel“ und begrüßt die Anerkennung der Verbindlichkeit des Völkerrechts sowie die stärkere Einbindung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand. Dass in einer Verfassung erstmals zivile Mittel zur Friedenssicherung, zur Konfliktverhütung oder zur Konfliktnachsorge einbezogen werde, sei besonders zu begrüßen. Allerdings enthalte der EU-Verfassungsvertrag keine angemessenen Konkretionen zur zivilen Konfliktbearbeitung im Bereich- der Friedens- und Sicherheitspolitik. Die Synode bittet in ihrem Beschluss die EKD, sich bei der Bundesregierung und in den Organen der Europäischen Union für einen Vorrang der nicht-militärischen Mittel und Instrumente in der Verfassung der EU zu verwenden.
Auch Präses Nikolaus Schneider hatte in seinem Bericht zum Thema Gewalt, Terror und Folter Stellung bezogen: „Was bedeutet ‚Krieg gegen den Terror‘, wenn alle bisherigen Definitionen für ‚Krieg‘ nicht mehr anwendbar sind?“ Der Text erläutert auch ausführlich den Begriff des „gerechten Friedens“, seine Rahmenbedingungen und Maßnahmen der zivilen Konfliktbearbeitung. Dargestellt werden Möglichkeiten, Europa zur „Friedensmacht“ zu gestalten und neuere Ansätze, Terrorismus mit anderen Mitteln als mit Krieg zu bekämpfen.
Synode fordert erneut Bleiberechtsregelung für „Geduldete“
Die Landessynode hat ihre Forderung an die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) erneuert, eine Bleiberechtsregelung für langjährig in Deutschland geduldete Ausländerinnen und Ausländer zu erlassen. Die Innenministerien der Länder Saarland, Hessen und Nordrhein-Westfalen werden bis zur Klärung dieser Frage gebeten, von ihrer rechtlichen Möglichkeit eines Abschiebestopps Gebrauch zu machen. Den Erlass des Landes Rheinland-Pfalz zur Aufenthaltsgewährung aus humanitären Gründen und zu Möglichkeiten der Aussetzung einer Abschiebung begrüßt die Synode. Sie bittet die Kirchenleitung, im Gespräch mit den Innenministerien der Länder Saarland, Hessen und Nordrhein-Westfalen auf eine Übernahme der Erlasslage wie in Rheinland-Pfalz hinzuwirken.

Rheinische Kirche gegen Zwangsprostitution vor allem während der Fußball-WM
Die rheinische Kirche will das Problem der Zwangsprostitution, das während der Fußballweltmeisterschaft 2006 in besonderer Weise brisant sein wird, öffentlich thematisieren und die Kampagne „Fair-Sex WM 2006“ der Evangelischen Frauenhilfe in Deutschland unterstützen. Das Thema gehört nach dem Willen der Synode in die Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Gesellschaft und Sport und in die Aktionen, wie sie das „WM-Studio der Kirchen“ in Köln in vielfältiger Weise anbietet. Präses Nikolaus Schneider hatte bei der Vorstellung „fairer Fußbälle“ im Rahmen der Aktion „Fair play: Fair life“ darauf hingewiesen, dass nach Expertenschätzungen 40.000 Frauen zur Zwangsprostitution während der WM ins Land kommen werden. „Weder wir als Kirchen noch die Fifa dürfen diese ausgebeuteten Frauen ihrem Schicksal überlassen. Darüber werden wir in den kommenden Woche intensiv reden müssen“, so Schneider, denn: „Wer Frauen ausbeutet, muss die rote Karte bekommen!“

Gegen Kürzungen der Mittel für Kindertagesstätten
Für den Erhalt der Tageseinrichtungen für Kinder in evangelischer Trägerschaft machte die Landessynode ebenfalls stark. Eine finanzielle Entlastung der Kirchengemeinden als Trägerinnen von Tageseinrichtungen für Kinder durch die Länder und die Kommunen bleibe die Grundlage für die Weiterführung von Tageseinrichtungen für Kinder in evangelischer Trägerschaft, so der Beschluss. Im Gebiet der rheinischen Kirche zwischen – in vier Bundesländern – gibt es mehr als 800 Kindertageseinrichtungen. Die Landessynode drängt in ihrem Beschluss darauf, dass die in Nordrhein-Westfalen geplanten Einsparungen im Sachkostenbereich nicht umgesetzt werden, da die zu weiteren Schließungen von Einrichtungen und Gruppen evangelischer Träger führen würde. Außerdem fordert die Landessynode, die Länder auf, die evangelischen Kirchen bei der geplanten Novellierung des Gesetzes über Tageseinrichtungen für Kinder (GTK) von Anfang an zu beteiligen.
In diesem Zusammenhang erinnerte die Synode die NRW-Landesregierung an die politischen Zusagen, konfessionelle Träger finanziell deutlich zu entlasten. Um die bildungspolitischen Zielsetzungen und die Trägervielfalt zu erhalten, seien „verlässliche Lösungen“ für evangelische Träger zeitnah erforderlich.

Initiativantrag kritisiert NRW-Landesregierung: Versprochene Fördergelder für die Jugend fehlen in Millionenhöhe
Einem Initiativantrag zum Jugendförderungsgesetz, der den Parteien und der neuen NRW-Landesregierung „Wortbruch“ vorwirft, stimmte die Landessynode zu. Nach der erfolgreichen NRW-Unterschriften-Aktion „Jugend braucht Zukunft“, die die damaligen Oppositionsparteien unterstützt hätten, sei 2004 ein Jugendförderungsgesetz erlassen worden, das mit einer Förderhöhe von 96 Millionen Euro in etwa den Stand von 2003 wiederherstellen sollte. In Erwartung dieser Summe sei die Finanzierung in Kommunen und Kirchengemeinden in den Jahren 2004 und 2005 überbrückt worden. Doch die Fördergelder seien nicht in voller Höhe ausgezahlt worden. Die Synode folgte dem Aufruf, die Kirchenleitung zu bitten, „gegenüber der NRW-Landesregierung mit Nachdruck darauf hinzuwirken, das Jugendförderungsgesetz in voller Höhe (96 Millionen Euro) umzusetzen“.

Jugendarbeit soll trotz knapper Ressourcen langfristig gesichert werden
„Kinder und Jugendliche sind heute mehr denn je darauf angewiesen, dass sie jemand hört, sieht, versteht. Gerade in Bezug auf junge Menschen ist eine Kultur der Anerkennung ein knappes Gut geworden“, stellt der Jugendbericht 2006 fest, der der Landesynode zum ersten Mal präsentiert wurde. Der 30-seitige Bericht befasst sich mit dem Dialog der Generationen, analysiert die gesellschaftliche Situation von Kindern und Jugendlichen und berichtet über Entwicklungen in der evangelischen Jugendarbeit. Gelobt wird in dem Bericht unter anderem die „Infrastruktur“ der rheinischen Jugendarbeit, die über ein engmaschiges flächendeckendes Netz von Jugendreferaten und Jugendwerken, Jugendhäusern und Jugendausschüssen, ehrenamtlich Mitarbeitenden und hauptberuflichen Fachkräften verfüge. „Uns erreicht man überall in nur 15 Minuten“, fasste Rüdiger Breer, Landesjugendpfarrer und Berichterstatter in der Synode, zusammen. Dem großen Engagement steht jedoch vielerorts die Konsolidierung der Finanzen entgegen. In Spar- und Umstrukturierungsprozessen werden Personalstellen abgebaut und Einrichtungen für Kinder und Jugendliche geschlossen. Nach dem Willen der Synode soll daher auch in diesem Arbeitsfeld geprüft werden, „ob die vorhandenen Gestaltungsräume den Erfordernissen entsprechen oder ob strukturelle Verbesserungen vorzunehmen sind.“ So heißt es in dem einstimmig getroffenen Beschluss, der fordert, die Jugendarbeit langfristig zu stabilisieren.

Schulseelsorge: Erfolgreiches Pilotprojekt wird reguläres Angebot
Das Pilotprojekt ist abgeschlossen – erfolgreich. „Wegen der ermutigenden Ergebnisse“ wird die Schulseelsorge ein reguläres Angebot. Das beschloss die Landessynode einstimmig. Die Qualifizierung für Schulseelsorge wird kontinuierliche Aufgabe des Pädagogisch-Theologischen Instituts (PTI), der theologischen Ausbildungsstätte der rheinischen Kirche in Bonn. Dort nahmen bisher 47 Frauen und Männer an den Fortbildungskursen für Schulseelsorge teil.

Informationen über die Landessynode 2006
Weitere Themen (beispielsweise „Theologennachwuchs“), Beschlüsse, Berichte und Fotos auf den Seiten der EKiR hier.
Die ersten Tage der Synode hier: Präsesbericht, Grußworte und die Grundlage zur Diskussion um die presbyterial-synodale Ordnung unserer Landeskirche, ein Vortrag von Hellmut Zschoch, Professor für Kirchengeschichte an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal.
Und: „Wie arbeitet die rheinische Landessynode? Von der Synodenvorlage bis zur Entscheidung – Kommunikation.“ Die Zusammenfassung der Grundlagen hier.

Ausblick: Sondersynode im Juni berät über Strukturreformen
Über geplante Strukturveränderungen wird die Landessynode im Rahmen einer außerordentlichen Tagung am 9. und 10. Juni 2006 wieder in Bad Neuenahr beraten. Entsprechende Beschlüsse sind notwendig, da die demografische Entwicklung in Deutschland auch Konsequenzen für die Kirchen hat: Weil der Anteil der deutschsprachigen (und damit auch potenziell evangelischen) Bevölkerung abnimmt, wird die Mitgliederzahl alleine der rheinischen Kirche in den kommenden 25 bis 30 Jahren von knapp drei auf rund zwei Millionen sinken. Gleichzeitig rechnen die Fachleute mit einem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen um rund 50 Prozent.

Text: EKiR
Foto(s): EKiR