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Kunst, Kultur und Kirche – eine neue Stadtführung durch Köln am 16. Mai zeigt die Verzahnungen


In Köln haben Großbaustellen Tradition, sie sind kein Übergangszustand, sondern fast schon Wert an sich. Ehrgeizige archtitektonische Projekte werden hier ohne langes Zögern in Angriff genommen, wer über die Finanzierung nachgrübelt, gilt schnell als Miesmacher. „Vom 16. bis ins 19. Jahrhundert haben es Künstler aus anderen Städten nicht versäumt, den Kran auf dem Südturm des Doms als Motiv für ihre Holzschnitte zu wählen“, erzählte Stadtführer Jochen Schindler. „Heute ist es das ,Kölner Loch‘, das republikweit Hohn und Spott der Feuilletonisten auf sich zieht.“

Bewährtes Zusammenleben und aktuelle Turbulenzen…
Als Auftakt des Stadtspaziergangs „Kunst, Kultur und Kirche“, den Schindler im Auftrag der Evangelischen Informationsstelle Köln durchführt, drängt sich dieser Vergleich geradezu auf. Denn das heutige Verhältnis von Kirche und Kunst in der Domstadt ist nicht nur durch „bewährtes Zusammenleben und aktuelle Turbulenzen“ geprägt. Hatten die Stifter früherer Jahrhunderte noch hauptsächlich kirchliche Einrichtungen finanziell unterstützt, so richtet sich die Aufmerksamkeit der Mäzene unserer Tage mit Vorliebe auf die Kunstschaffenden und ihre Räumlichkeiten. War einst die Sorge um das Seelenheil Triebkraft der Wohltätigkeit, so ist es in unseren profaneren Zeiten der Gedanke an das Nachleben im Gedächtnis der Stadt. Außerdem: „Wenn man Köln in den achtziger Jahren als bedeutendste Kunstmetropole nach New York bezeichnete, so war das für die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt ungefähr genauso wichtig wie es die Charakterisierung als ,Hilliges Köln‘ für die mittelalterliche Bevölkerung war“, so Schindler.

… katholisch

Die enge Verzahnung von Kunst und Kultur in der Domstadt war auch in der ursprünglichen Planung für das Kulturzentrum am Neumarkt (KAN) unverkennbar. Der Neubau, in dem unter anderem die Kunsthalle und das Rautenstrauch-Joest-Museum mit moderner, beziehungsweise außereuropäischer Kunst untergebracht werden sollte, hätte unmittelbar an das Museum Schnütgen für sakrale Kunst gegrenzt. Dieses Museum besteht im Wesentlichen aus der ehemaligen Stiftskirche St. Cäcilien. Und wenn man gleich nebenan den romanischen Kirchturm von St. Peter genauer betrachtet, entdeckt man, dass an seinem oberen Ende der Schriftzug „Don’t Worry“ des zeitgenössischen Künstlers Martin Creed  uversicht verbreitet. „Die Kirche funktioniert sowohl als Ausstellungsraum als auch als normale Pfarrkirche“, berichtet der Stadtführer.
Mit moderner Kunst hat allerdings die römische Kurie zuweilen ihre Probleme. Als dort ein Altar des spanischen Bildhauers Eduardo Chillida – seine Skulptur „verschränkte Hände“ ziert das Kanzleramt in Berlin – aufgestellt werden sollte, zeigte der Papst die rote Karte. Grund: Der Altar besteht aus drei stark verformten steinernen Kreuzen, die deutlich voneinander getrennt sind, was dem Gedanken der Dreieinigkeit widerspreche, wie aus Rom verlautete. Die Skulptur ist dennoch an der Seitenwand der Kirche zu besichtigen, nicht weit von einem der beiden Gemälde Peter Paul Rubens‘, dessen Taufkirche St. Peter war.

… und evangelisch
Keine Probleme hat die Nachbarschaft der evangelischen Trinitatiskirche zur Kunsthochschule für Medien (KHM) am Filzengraben ausgelöst. „Die Studenten der Kunsthochschule können das Gotteshaus als zusätzlichen Ausstellungsraum nutzen, denn es wird nicht als Gemeindekirche genutzt, und die Wände sind fast leer“, erklärte Johannes Schindler. Auch die Semestereröffnungen und Preisverleihungen der KHM fänden hier statt. Für den Evangelischen Stadtkirchenverband Köln habe sich damit eine günstige und spannende Anbindung an Entwicklungen in den Neuen Medien ergeben.
Gedeihlich hat sich die Beziehung von Kunst und Kirche auch an der Antoniterkirche entwickelt. Nicht nur werden im Inneren des Gotteshauses neben der Skulptur „Der Schwebende“ von Ernst Barlach regelmäßig Ausstellungen gezeigt, auch nebenan im City-Pavillon zeigen Künstler ihre Werke. Mit dem Café ist die Kirche in der Schildergasse offensichtlich in eine Marktlücke gestoßen: „Das ist kein kirchliches Teestubenghetto, hier kommen junge, moderne Leute hin“, erzählte Schindler. Wer möchte, kann sich im City-Pavillon gleich am Tisch der Informationsstelle orientieren oder auch die Wiedereintrittsstelle aufsuchen und alte „Irrtümer“ widerrufen. Und wenn sich nebenan die seit Jahren angesiedelte Großbaustelle erst einmal in ein Kaufhaus mit einladender Glasfassade verwandelt hat, dann werden sicher noch mehr Gäste kommen.

Tipps
Die Führung „Kunst, Kultur und Kirche in der Kölner City I –  Vom ‚Kölner Loch‘ zur Kunsthochschule für Medien“ wird im Rahmen des Kultursonntags „Kunst“ am 16. Mai 2004 ein weiteres Mal angeboten. Beginn: 11 Uhr, Treffpunkt: Josef-Haubrich-Hof, Eingang Stadtbibliothek.
An diesem besonderen Sonntag gibt es eine weitere Führung zum Thema, Titel: Kunst, Kultur und Kirche in der Kölner City II – Von der Antoniterkirche zum Museumskomplex am Dom. Treffpunkt ist die Antoniterkirche, Schildergasse 57 um  13:30 Uhr
Beide Führungen leitet Jochen Schindler, sie kosten je 5 Euro / 3 Euro (mit Coupon des Stadt-Anzeigers).

Weitere Führungen und Stadtspaziergänge der Evangelischen Informationsstelle „Köln mit anderen Augen“ finden Sie hier.

Text: Hans-Willi Hermans
Foto(s): Hans-Willi Hermans