Nach 19 Jahren als Kantor in der Nathanaelkirche Köln-Bilderstöckchen, davon seit 2005 als Kreiskantor des Kirchenkreises Köln-Nord, verabschiedete sich Thomas Pehlken von seiner Gemeinde, um zum 1. Mai eine neue Stelle als Kantor in Bergheim, ebenfalls im Kirchenkreis Köln-Nord, anzutreten.
Aus vier Jahren wurden acht
Eine Stellenanzeige von 1993 gehört zu den ältesten „Dokumenten“ an der „Abschiedswand“ im Foyer der Nathanaelkirche, darunter Postkarten und Fotos, die Einblick in seine Arbeit als Kantor geben. Sie zeigen ihn mit dem Kinderchor und beim 10. Jubiläum vor neun Jahren. Dabei hatte Pehlken ursprünglich gar nicht vor, 19 Jahre zu bleiben: „Ich sagte bei der Einstellung, dass ich bis zu meinem Studienabschluss 1996 bleibe, aber 1996 begann ich noch das Studium der Komposition und aus vier Jahren wurden acht“, erinnert sich Pehlken. „Ich war sicher, dass ich danach gehen würde“. Auch nach dem Abschluss seines zweiten Studiums in Komposition gab es für Pehlken keinen Grund zu gehen: „Ich war freiberuflich tätig, da passte die Stelle hier wunderbar“.
„Ich arbeite gern für die Kirche“
Bis dahin war es ein langer Weg, der ihn zur Kirchenmusik führte und dort bleiben ließ. Besuche im Kindergottesdienst und erstes Musizieren standen am Anfang: „Ich habe auch außerhalb der Kirche Musik gemacht, aber in der Kirche die besten Erfahrungen gesammelt. Und ich arbeite gerne für die Kirche“ erinnert sich Pehlken. Bei der Studienwahl und der Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung für die Kölner Musikhochschule war das Fach Kirchenmusik trotzdem nicht erste Wahl: „Mein Schlüsselerlebnis war die Zeit nach dem Abitur. Bei der Vorbereitung auf die Aufnahmeprüfung wollte ich eigentlich Klavier, Komposition, Tonsatz oder Kirchenmusik studieren, in genau dieser Reihenfolge. Aber Köln war überlaufen und nur bei Kirchenmusik hatte ich eine Chance, also habe ich erst einmal angefangen, fand es sehr interessant, wollte aber trotzdem noch Komposition studieren“. Die zweite Entscheidung für die Kirchenmusik fiel, als Pehlken 2005 zusätzlich das Amt des Kreiskantors übernahm. „Kirchenmusik ist auch immer Dienst am Menschen“. Die Stärke der musikalischen Arbeit für die Kirche sieht er gerade in der Notwendigkeit, mit unterschiedlichen Menschen zu arbeiten: „Als Profimusiker ist man gehalten, Kontakt zu den Leuten zu suchen und zu pflegen“.
„Hier war ein kleines Paradies“
Möglichkeiten, nach Longerich, Ehrenfeld oder Weidenpesch zu wechseln, nahm Pehlken nicht wahr. Stattdessen blieb er ein einer kleinen Gemeinde in einem Stadtteil mit vergleichsweise hoher Arbeitslosenquote, der sicher nie ein „hippes“ In-Viertel wie Ehrenfeld, die Südstadt oder Nippes sein wird. Was hält einen ambitionierten Kirchenmusiker dort 19 Jahre lang? In Pehlkens Fall Menschliches: „Es ist keine große Gemeinde, aber die Leute machen hier wirklich etwas“ stellte Pehlken im Laufe der Jahre fest. Unter den Gemeindegliedern fanden sich Eiskunstlauftrainer und Staatsanwältin und die Mischung von Menschen unterschiedlichen Bildungsstandes funktionierte. „In der Bundesregierung wünscht man sich das“, vermutet Pehlken: „Arm und Reich, Deutsche und Ausländer, Gebildete und weniger Gebildete – gesellschaftlich war das hier ein kleines Paradies.“
Kinderchor zur Pflicht machen
In der Nathanaelgemeinde leitete er den Kinderchor, spielte Orgel im Gottesdienst und kümmerte sich um die Kirchenmusik an großen Festtagen. Für die Unterstützung des Kinderchors ist er der Gemeinde dankbar, über zu wenig Zulauf kann er auch nicht klagen. „Kinderchorarbeit ist eine lohnende Sache, es strengt an, aber man kann viel gestalten und die Kinder saugen viel auf und erinnern sich ein Leben lang daran“, ist sich Pehlken sicher. Bei einer Neuausschreibung würde er den Kinderchor zur Pflicht machen und bedauert, nicht bereits beim Stellenantritt 1993 damit begonnen zu haben. Für die musikalischen Highlights sorgt dagegen die Aufgabe als Kreiskantor.
Einen Ort, wo man hingehört
Nebenher lernte er das Leben als freiberuflicher Klavierlehrer, Popmusiker, Komponist, Arrangeur, Musikverleger und freier Musiker kennen: „Da wird man angerufen, fährt hin, spielt und fährt wieder nach Hause. Das ist sehr undankbar und es ist schön, wenn man einen Ort wie die Nathanaelkirche hat, wo man hingehört“, erklärt Pehlken. Auch Pfarrerin Reinhild Widdig bedauerte den Abschied des zweifachen Vaters, der auch aus familiären Gründen stattfindet. „Die Zusammenarbeit war sehr gut, sehr unproblematisch, wir konnten uns die Bälle gut zuspielen. Ich glaube nicht, dass wir noch einmal qualitativ so hoch stehende Kirchenmusik kriegen.“ Eine letzte Kostprobe gab es beim Abschiedsgottesdienst, als Pehlken mit mehreren Solisten seine Kantate „So wie ein Baum, gepflanzt am Wasser“ aufführte.
Ein bisschen berühmt
Zu seinen musikalischen Highlights als Kreiskantor zählt Pehlken die Aufführung des Buxtehude-Zyklus zum 300. Todestag des Komponisten 2007 sowie das Weihnachtsoratorium 2011/2012, bei dem die sechs Kantaten in sechs Kirchen (Clarenbachkirche Braunsfeld, Trinitatiskirche Innenstadt, Epiphaniaskirche Bickendorf, Christuskirche Bergheim, Stadtkirche Chorweiler, Immanuelkirche in Longerich) aufgeführt wurden. „Es war überall voll und man fühlte sich ein bisschen berühmt“ resümiert Pehlken.
Foto(s): Annette von Czarnowski