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Kölns Erwachsenenbildungs-Akademie im Melanchthonjahr: „Bildung für alle!“ im neuen Programm für das zweite Halbjahr 2010

Ob Dorothee Sölle beim „Politischen Nachtgebet“ oder die Übergabe der Unterschriften des Bürgerbegehrens zur Sanierung des Kölner Schauspielhauses, ob „Köln stellt sich quer“ oder der Protest gegen den Ausbau des Godorfer Hafens – mit Fotos von all diesen und noch mehr Ereignissen Kölner Zeitgeschichte, in denen sich Privatleute, Bürger oder Gemeinschaften wie DGB und Evangelische Kirche in politisches Geschehen einmischten, ist das soeben erschienene Halbjahresprogramm 2/2010 der evangelischen Melanchthon-Akademie reichlich bestückt. Die begleitenden Zitate von Amos Oz – dem im September 2010 ein Literaturseminar gewidmet ist – machen den Anspruch klar, den Kölns evangelische Bildungsakademie im Jahr des 450. Todestages von Luthers engstem Weggefährten, Phillipp Melanchthon, hat: „vielfältige Hör-, Lern-, Denk- und Bewegungsgelegenheiten“ zu bieten. Und zwar ganz im Sinne Melanchthons, der sich eine „Bürgerschaft“ wünschte, die „Bildung, Einsicht und andere Tugenden besitzt“. Die Kölner Akademie versteht sich demgemäß als „Gemeinschaft der Lernenden“ – und zwar in der Tradition eines (auch politisch) streitbaren Protestantismus.

Das beginnt am 6. September, wenn die Ausstellung „Melanchthon – Grenzen überwinden. Die Bedeutung Phillipp Melanchthons für Europa. Von Wittenberg bis Siebenbürgen„, in der Akademie, Kartäuserwall 24b, zu Gast ist. Noch bis zum 17. September ist diese Ausstellung zu sehen, deren wichtigste Botschaft Melanchthons Anliegen ist, „Konflikte nicht durch Gewalt, sondern durch Gespräche zu lösen.“

Dass Bildung auch „Überlebenswissen“ in einer Zeit mit solch „radikalen Umbrüchen“ wie heute sein kann, wird die Kulturbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland, Dr. Petra Bahr, in ihrem Vortrag am 29. September thematisieren.

Wirklich bürgerschaftlich aktiv in Sachen Bildung werden können alle, die die Akademie bei deren – gemeinsam mit der Freien Volksbühne Köln – gestarteten Initiative „Lesementoren für Köln“ begleiten, indem sie ehrenamtlich – und vorher eigens dafür geschult – Kindern die Kunst des Lesens und Verstehens nahebringen. Start dafür ist der 15. September, und die ersten Lesementoren des Projekts heißen Diddi Jünnemann, Biggi Wanninger, Astrid Völker und Rolf Domning.

Der „streitbare Protestantismus“ wird Thema rund um die Reformationsfeier 2010 in Köln sein – die Melanchthon-Akademie flankiert den 31. Oktober (an dem Professorin Johanna Haberer in der Trinitatiskirche zu eben diesem Thema predigen wird) mit zahlreichen Veranstaltungen, die einen „theologisch, politisch oder gesellschaftlich fruchtbaren Streit“ notwendig machen – etwa die „Sühneopfertheologie“, Perspektiven zwischen Christen und Muslimen, der Begriff „Heiliges Land“ aus theologischer Perspektive oder die Fähigkeit der Protestanten, sich zu streiten.

Schließlich wird Dr. Gideon Greif die Teilnehmerinnen und Teilnehmern eines Seminars am 9. November das „Erinnern“ lehren, indem er mit ihnen über die Shoa spricht. Ebenfalls im November wird an drei verschiedenen Abenden die „Mauergeschichte im Film“ oder „20 Jahre deutsche Einheit“ reflektiert.

In diesem Rahmen schließt sich ein Kreis: Am 25. November wird der streitbare Theologe und Bürgerrechtler aus dem Osten Deutschlands, Dr. Friedrich Schorlemmer, in der Akademie zu Gast sein, um – ganz bewusst im Rahmen der Ausstellung „Grenzen überwinden“ – über „Das Erbe der Bürgerbewegung im vereinten Deutschland“ zu sprechen und das Thema öffentlich zu diskutieren. Ebenfalls im Rahmen der Ausstellung werden Zeitzeugen aus Siebenbürgen am 11. September über „Melanchthon und die Reformation als Impulse für das Bildungswesen in Siebenbürgen“ reflektieren.

Auch im Bereich Europa/Politik/Gesellschaft geht es in der Akademie im zweiten Halbjahr 2010 um kontroverse Themen, etwa, wenn sich der EU-Workshop – voraussichtlich im November – mit „Sinti und Roma als ungleiche Europäer“ beschäftigt. Oder wenn es am 29. November um die Frage geht „Welche globalen Regeln braucht die Finanzwirtschaft?“ Auch eine Vortragsreihe in Kooperation mit der Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung stellt unbequeme Fragen, etwa: „Sind Vollbeschäftigung und Umweltschutz miteinander vereinbar?“

Dies waren nur einige Schlaglichter auf das neue Programm der Melanchthon-Akademie Köln – übrigens die einzige Erwachsenenbildungseinrichtung, die sich in dem deutschlandweit 2010 begangenen Melanchthon-Jahr derart intensiv und im konkreten Angebot seiner Veranstaltungen mit dem Bildungsbegriff des Reformators beschäftigt.

Das neue Programm ist kostenlos erhältlich in der Melanchthon-Akademie, Kartäuserwall 24b, 50678 Köln, Telefon 0221/93 18 03-0. Es kann auch im Internet bestellt und heruntergeladen werden (wo übrigens alle Kurse online gebucht werden können): www.melanchthon-akademie.de

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