You are currently viewing Kölner Stadtpredigt mit Kreishandwerksmeister Heinz-Werner Bonjean in der Antoniterkirche. Neu: Das Antoniterbrot.

Kölner Stadtpredigt mit Kreishandwerksmeister Heinz-Werner Bonjean in der Antoniterkirche. Neu: Das Antoniterbrot.

Seit April orientieren sich die Kölner Stadtpredigten in der evangelischen Antoniterkirche an einem im jeweiligen Quartal von den liturgischen Festen des Kirchenjahres vorgegebenen theologischen Leitthema. Im laufenden Quartal lautet das sich auf die Passions- und Osterzeit beziehende Thema „Auferstehung“. Nachdem vor vier Wochen der Bestatter und Thanatopraktiker Christoph Kuckelkorn zu „Tod und Auferstehung“ gepredigt hatte, begrüßte Pfarrer Dr. Bertold Höcker nun Heinz-Werner Bonjean. Der Kreishandwerksmeister zu Köln war anlässlich des „Jahres des Kölner Handwerks“ als dessen Spitzenrepräsentant geladen. Zugleich war seine Stadtpredigt der evangelische Beitrag zum Kölner Handwerks-Jahr, in dessen Rahmen am 4. November 2006 in Groß St. Martin außerdem ein ökumenischer Gottesdienst stattfindet. Bonjean predigte zum Thema „Auferstehung und Leben“. Dabei ging der Diplom-Volkswirt insbesondere auf Begegnungen und Erfahrungen mit Auferstehung im Diesseits ein.


„Prinzip des Bösen“ verhindert Auferstehung
„Die Auferstehung ist die Verheißung einer Transformation, die zu einem Zeitpunkt in der Zukunft Lebende und Tote erfasst“, begann der 61-Jährige. Er zitierte aus dem ersten Paulus-Brief an die Korinther: „Gesät wird in Verweslichkeit, auferweckt in Unverweslichkeit. Gesät wird in Unansehnlichkeit, auferweckt in Herrlichkeit. Gesät wird in Schwachheit, auferweckt in Kraft. Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein geistiger Leib.“ Dieser Übergang vom Unvollkommenen zum Vollkommenen setze einen schmerzlichen Prozess voraus, den Tod, so der Vizepräsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks.
Aber schon im diesseitigen Leben gebe es „Erfahrungen, Momente und Gefühle, die uns unmittelbar etwas von der Qualität dieses erfüllten Daseins erahnen und spüren lassen“. Bonjean folgerte: „Wenn Jesus Auferstehung und Leben ist, so ist damit auch unser jetziges Leben gemeint.“ Es biete verschiedene intensive Erlebnisse und einer Geburt ähnliche Erfahrungen: Etwa, wenn wir aus beruflichen und Sinnkrisen herausfinden, Krankheiten überstehen, oder Trennungen überwinden. „Wenn der Verstand klar wird und die Sinne offen für den Sonnenaufgang, für das Vogelgezwitscher, für den Geruch taunasser Erde, wenn wir die Welt umarmen könnten – das sind Glücksmomente und Erfahrung von Auferstehung!“ Ebenso gebe es Auferstehungserlebnisse für Gemeinschaften, Gruppen und Völker. Gleichwohl wolle das „Prinzip des Bösen“ die menschlichen Versuche, Auferstehung in diese Welt zu holen, verhindern, verwies er auf die vom Alleingeltungsanspruch zahlreicher geistiger, religiöser und politischer Strömungen und Ideen ausgehenden Gefahren.

Bonjean verurteilt die „Verführung durch das Versprechen ewigen Lebens“ 
„Eine Form, die Auferstehung in unser Leben zu ziehen, lässt sich unter dem Begriff ´Erweckung´ zusammenfassen“, meinte Bonjean. Dabei unterschied er zwischen positiven und negativen Beispielen – zwischen selbstbezogenen, vertiefenden Erlebnissen durch Meditation und Mystik einerseits, und Erweckungen durch Sekten, Massenpsychose, gewinnorientierte Prediger, Wunderheiler sowie konspirative Vereinigungen andererseits. Scharf verurteilte er die „Verführung durch das Versprechen ewigen Lebens“ und himmlischer Belohnung, wie es die mittelalterliche christliche Kirche praktiziert habe und es aktuell beim islamistischen Fundamentalismus zu registrieren sei. Ebenso bedauerte er die fortschreitende Entwicklung des „Erweckungslandes“ USA „zu einem fundamentalchristlichen Staat, wissenschaftsfeindlich und sendungsbewusst“.

Die Kölner pflegen besonders enge Beziehung zum Himmel
Bonjean beleuchtete das Thema Auferstehung auch von seiner beruflichen Seite als Handwerker. „Ein Produkt selbst zu erstellen, das Ergebnis in seiner Schönheit und Zweckmäßigkeit in der Hand, im Auge zu haben, ist ebenfalls ein Geburts-, also ein Auferstehungsgefühl. Dauerhafte Werke tragen zur irdischen Unsterblichkeit bei.“
Mit Hinweis auf den bevorstehenden Himmelfahrts-Tag stellte Bonjean fest: „Ganz besonders enge Beziehungen zum Himmel pflegen die Kölner.“ Anhand ausgewählter Kölner Liedtexte versuchte er zu belegen, dass die DomstädterInnen sowohl mit den Engeln, als auch ihren himmlischen Brüdern ausgiebig kommunizieren. „Kölner holen den Himmel auf die Erde“, so der Handwerksmeister. Er berichtete von einer Privataudienz mit dem Kölner Dreigestirn 1983 bei Johannes Paul II. Dabei soll der Papst gesagt haben: „Ihr seht ja aus wie die Heiligen Drei Könige. Wer als Karnevalist den Menschen Freude bringt, handelt zutiefst christlich. Denn Christi Botschaft ist die Freude.“ Also, schloss Bonjean, habe Freude auch mit Auferstehung zu tun.
Die ganze Predigt von Heinz-Werner Bonjean  zum Nachlesen hier.

Engagement für evangelische Schule in Bethlehem
Zum neuen Konzept der Kölner Stadtpredigten gehört auch, dass die prominenten Prediger ein von ihnen unterstütztes soziales Projekt „mitbringen“. Bonjean stellte die vom Berliner Missionswerk getragene, evangelische Schule Talitha Kumi („Mädchen, steh auf!“) bei Bethlehem, einer Partnerstadt von Köln, vor. Seit zehn Jahren leistet die Handwerkskammer zu Köln „Hilfe zur Selbsthilfe“ für Betriebe in Palästina. Innerhalb dieses Entwicklungshilfeprojekts berät sie die in der militärisch abgeriegelten Palästinenserzone gelegenen Schule Talitha Kumi bei der Ausbildung in den Nahrungsmittelhandwerken sowie im Hotel- und Gaststättenbereich. 1851 als evangelische Mädchenschule gegründet, ist sie heute eine der wenigen Lehranstalten in Palästina, „die gleichberechtigtes Lernen für Jungen und Mädchen sowie ein Miteinander der Religionen ermöglichen“, sich „um Annäherung zwischen Israelis und Palästinensern bemühen, Friedensarbeit leisten, Ängste abbauen, Toleranz und Gewaltlosigkeit einüben“ – so die Begründung.

Neu: Antoniterbrot eigens für „Talitha Kumi“ gebacken
Für die dringend notwendige Unterstützung der aufgrund wirtschaftlicher Verhältnisse „akut gefährdeten“ Schule hatten sich an der Stadtpredigt Beteiligte neben der Kollekte etwas Besonderes einfallen lassen – die Neuauflage des Antoniterbrotes. Von der Bäcker-Innung-Köln/Erftkreis eigens zur Stadtpredigt angefertigt, wurde es gegen eine Spende abgegeben.
Nach dem Gottesdienst erläuterten Pfarrer Dr. Bertold Höcker und Josef Pelzer, Obermeister der Bäcker-Innung, die Geschichte dieses speziellen Brotes und Idee seiner „Wiedergeburt“: Im 14. Jahrhundert entwickelt, diente es neben Schweinefleisch, Wein und einem besonderen Heilwasser den Antonitern in ihrem Hospital  – an der heutigen Antoniterkirche – zur Heilung der vom „Antoniusfeuer“ oder „Heiligen Feuer“ Befallenen. Dass es sich dabei um eine Mutterkorn-Erkrankung handelte, blieb jedoch lange unbekannt. Das aktuelle Antoniterbrot sei zwar an das alte Rezept angelehnt und in traditioneller Art, also ohne Backtriebmittel, hergestellt, so Pelzer. Aber notwendigerweise habe man es dem heutigen Geschmack anpassen müssen.

Stadtführung mit Heinz-Werner Bonjean
Direkt der Schule Talitha Kumi kommen auch die Einnahmen eines Rundgangs mit Heinz-Werner Bonjean und Stadtführer Günter Leitner zu handwerklichen Betrieben zugute. Denn auch die thematischen Stadtführungen der „AntoniterCityTours“ gehören mit zum „Paket“ des neuen Stadtpredigt-Konzepts. Unter dem Motto „Wie ich Köln sehe“, haben zwar schon seit längerem Kölner „Promis“ gemeinsam mit Stadtführer Günter Leitner über ihr ganz persönliches Köln-Bild nachgedacht, doch jetzt passt das auch thematisch: Wenn Leitner und Bonjean am Sonntag, 28. Mai, um 16 Uhr zur Stadtführung einladen, dann geht es um das Handwerk in Köln, besichtigt werden alteingesessene Familienbetriebe der Innenstadt, Treffpunkt ist die Bäckerei Zimmermann, Ehrenstraße 75 (Kosten: 7 Euro, ermäßigt 5 Euro).

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich