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Kölner gestalten Zukunft: Phantasievolle Proteste führen zu Teilerfolg

Jugendliche seilten sich im Sommer von der Zoobrücke ab, am Brückengeländer hing ihr Transparent mit der Botschaft: „Lasst uns nicht hängen“. Unter dem Motto „Lasst uns nicht im Regen stehen“ gingen Senoirinnen und Senioren an einem sonnigen Frühlingstag mit Regenschirmen auf die Straße. Schuldnerberater verteilten Gutscheine an den Kölner Rat, um ihre Hilfe bei der Haushaltssanierung anzubieten. Die Geschäftsführungen der Kölner Wohlfahrtsverbände suchten mit Spürhunden des Katastrophenschutzes auf der Schildergasse nach den verlorenen Millionen Euro. Rund 30.000 Unterschriften wurden gesammelt und fast 8.000 Menschen protestierten im Juni auf dem Roncalliplatz, unterstützt von Kabarettisten und Musikern wie Wilfried Schmickler und Brings.

Kampagne „Kölner gestalten Zukunft – vereint gegen Sozialabbau“
Mit viel Phantasie und Engagement haben Kölnerinnen und Kölner die drohenden Einsparungen der Stadt im sozialen Bereich kritisiert und damit die Kampagne „Kölner gestalten Zukunft – vereint gegen Sozialabbau“ der Wohlfahrtsverbände unterstützt. Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Köln (LIGA) – bestehend aus Diakonischem Werk, Caritasverband, Arbeiterwohlfahrt, Deutschem Roten Kreuz, dem Paritätischen und der Synagogengemeinde – hatte im Februar 2010 zu öffentlichem Protest gegen die angedrohten Kürzungen im sozialen Bereich aufgerufen. Im Raum standen Einsparungen von bis zu 20 Prozent nach dem Rasenmäherprinzip, also gleichmäßig verteilt ohne Prioritäten zu setzen oder Konsequenzen zu berücksichtigen. Für einzelne Arbeitsfelder hätte dies das Aus bedeutet, dann zum Beispiel wenn eine hauptamtliche Kraft mit wenigen Stunden viele ehrenamtliche Engagierte koordiniert: Fällt diese Kraft weg, bricht auch das Ehrenamt zusammen.

Kürzungen geringer als geplant, aber immer noch schmerzhaft
Im Oktober 2010 hat der Rat der Stadt Köln nun den Doppelhaushalt 2010 / 2011 beschlossen. Dieser weist zwar immer noch Kürzungen auf, „die sind jedoch im Ausmaß und in ihrer Schrecklichkeit viel geringer als es geplant und in der Diskussion war“, zeigt sich Helga Blümel, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Köln und Region erleichtert. Insbesondere freut sie sich darüber, dass die Kürzungen in den Kindertagesstätten in sozialen Brennpunkten und in der Offenen Seniorenarbeit vorerst nun doch nicht umgesetzt werden. Sollte das Land NRW die Finanzierung der Arbeitslosenberatung nicht übernehmen, so wird die Stadt Köln hier ebenfalls wieder einspringen. Kürzungen in diesen Bereichen hätten vor allem die Arbeit des Diakonischen Werkes besonders getroffen, da es Träger sogenannter Brennpunkt-Kitas und SeniorenNetzwerke ist und Arbeitslosenberatung im „Lindweiler Treff“ anbietet.
Es sei aktuell davon auszugehen, „dass der größte Teil des Dienstleistungsangebots, das die Freie Wohlfahrtspflege für die Menschen – ob jung oder alt – in dieser Stadt erbringt, erhalten werden kann,“ freut sich auch Ulli Volland-Dörmann, derzeitige Sprecherin der LIGA der Wohlfahrtsverbände. Durch die Kampagne „Kölner gestalten Zukunft – vereint gegen Sozialabbau“ sei es gelungen, „die ursprünglich geplanten, erheblichen finanziellen Einschnitte im gesamten Sozial-, Jugend-, Bildungs- und Gesundheitsbereich deutlich abzumildern“. Dennoch seien einige Wohlfahrtsverbände „gezwungen an vielen Stellen Kürzungen hinzunehmen, die sicherlich Konsequenzen haben werden.“ Dazu gehöre auch Personalabbau bei sozialen Dienstleistungen.

Weiter dafür engagieren, dass Köln sozial und solidarisch bleibt
Daher habe die LIGA in einem offenen Brief an den Oberbürgermeister und den Rat der Stadt bereits deutlich gemacht, dass weiter gekämpft werde. „Wir wollen, dass die Stadt Köln, sollte es zu Mehreinnahmen oder Minderausgaben in 2010 oder 2011 kommen, die Kürzungen zurücknimmt und die Dienstleistungen bedarfsgerecht finanziert“, so Volland-Dörmann, „wir bleiben also am Ball und werden uns weiter dafür engagieren, dass Köln sozial und solidarisch bleibt.“

Text: Martina Schönhals
Foto(s): Schönhals