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Köln war die dritte deutsche Stadt, in der eine Thomasmesse stattfand, inzwischen gibt es 30 deutsche Thomasmessen und Köln feiert 10-Jähriges

Der Apostel Thomas „suchte, zweifelte, war in einer Krise, konnte die vielen Worte nicht mehr hören, wollte leibhaftig erfahren, berühren, wahrnehmen.“ So steht es in dem neuen Thomas-Brief, den der ökumenische Arbeitskreis Thomasmesse Köln herausgibt. Und dieses Zitat enthält eigentlich auch schon die wichtigste Definition dessen, was eine Thomasmesse ist, was sie will und warum diese besondere, immer ökumenische Gottesdienstform ins Leben gerufen wurde. „Erfunden“ wurde sie 1988 in Helsinki, vom protestantischen Pfarrer Olli Valtonen, die erste deutsche Thomasmesse entstand 1991 in Winsen/Luhe, die zweite 1994 in Bremen – und die bundesweit Dritte gibt es seit 1996 in Köln, auf Initiative des damaligen Kölner Ökumenepfarrers Dr. Hans-Georg Link. Das Kölner Jubiläum wird nun groß gefeiert: „Weit ist der Weg der Suchenden“ ist das Thema der Jubiläums-Thomasmesse am Sonntag, 10. September, von 18 bis 20 Uhr in der evangelischen Trinitatiskirche, Filzengraben 4 (Nähe Heumarkt). Wie immer, sind auch zur 40. Kölner Thomasmesse alle Interessierten, Zweifelnden und Suchenden herzlich eingeladen.



Zur Geschichte der Thomasmesse
„Messe“ heißt eine Thomasmesse nicht, weil sie eine römisch-katholische Messfeier ist, sondern, weil sie aus einer finnischen Form des Jugendgottesdienstes hervorging, der „Volksmesse“. Ihre zweite Wurzel liegt bei der finnischen „Morgengemeinde“. Hier ging es darum, die Andacht mitten in den Alltag der Menschen zu holen – so traf sich die „Morgengemeinde“ beispielsweise einfach in Restaurants. Ein ähnliches Projekt eines „Gottesdienstes im Alltag“ gab es für Deutschland übrigens schon einmal, in den 60er Jahren in Berlin, unter Initiative des Theologen Ernst Lange.
Für die Kölner Thomasmessen war von Anfang an die evangelische Trinitatiskirche Veranstaltungsort, seit 1996 findet sie regelmäßig dort, 4mal pro Jahr statt, immer mit einem anderen Thema. Der damalige Kölner Ökumenepfarrers Dr. Hans-Georg Link hatte in Bremen eine Thomasmesse miterlebt und kam, begeistert von dieser Idee, nach Köln zurück. Ziemlich schnell etablierte sich die Thomasmesse auch in Köln, von Anfang an mit dabei war der katholische Diplom-Theologe Clemens Wilken, später kamen Annegret Geburtig (Diakonin, Vorsitzende des Evangelisch-Katholischen Arbeitskreises für Ökumene im Stadtbereich Köln) und Ulrike Graupner (evangelische Pfarrerin der Gemeinde Köln-Braunsfeld) dazu, in letzter Zeit auch der Organist der evangelischen Kartäuserkirche, Thomas Frerichs.

Da ist „viel Kreativität im Spiel“
Der Kölner Vorbereitungskreis besteht aus rund 30 Mitgliedern und hat eine große Kontinuität – die Menschen bleiben lange und mit viel Spaß an der Sache dabei. Zur Vorbereitung trifft man sich regelmäßig, immer lange vor der nächsten Thomasmesse, die „Vorbereitungen dauern wochenlang, machen aber auch großen Spaß, weil da ganz viel Kreativität im Spiel ist“, sagt Wilken und erinnert sich beispielsweise an einen abenteuerlichen „Turmbau zu Babel“, den die Mitglieder des Vorbereitungskreises mit viel Liebe und Engagement gestaltet haben.

Wie geht das eigentlich genau? Der Ablauf einer Thomasmesse
Das biblische Wort wird bei Thomasmessen, anders als sonst in evangelischen Gottesdiensten, in deren Mittelpunkt die Predigt steht, vergegenwärtigt. Verschiedene Formen der persönlichen Begegnung mit dem biblischen Text und mit Erfahrungen christlicher Spiritualität stehen im Zentrum: Im Mittelteil jeder Thomasmesse können Menschen den biblischen Text kreativ vertiefen, aber auch ein seelsorgliches Einzelgespräch führen oder Gottes Nähe in einem Salbungsritus erfahren. Dann wird das Abendmahl gefeiert. In allem ist ein tragendes Element die Musik, ihre Spannweite ist größer als im traditionellen Gottesdienst. Eine wichtige Rolle spielen dabei die meditativen Gesänge der ökumenischen Kommunität in Taizé.
Jede Thomasmesse hat ein anderes Thema, das häufig Bezug nimmt zu zeitgeschichtlichen oder aktuellen, gesellschaftspolitischen Debatten. Das Thema legt der Vorbereitungskreis ebenso fest wie die Art der Umsetzung. Grundsätzlich besteht eine Thomasmesse immer aus drei Teilen:
a) „Zusammen“: Der Gottesdienst beginnt mit einem gemeinsamen Lied, begleitet von Instrumenten, „egal was, Hauptsache keine Orgel“ – das gehört zu den Grundregeln der Thomasmesse. Gemeinsam wird das Thema behandelt – immer in kreativer Annäherung, von der Vorbereitungsgruppe oft mit großem Aufwand unterstützt, etwa mit Rollenspielen oder Musik. Danach steht die Gemeinde auf, bewegt sich durch den Raum, alle haben die Möglichkeit, eines der verschiedenen Angebote wahrzunehmen:
b) „Auseinander“: die GottesdienstteilnehmerInnen entscheiden sich, welches der verschiedenen Angebote sie annehmen möchten: die Salbung nach einem individuellen seelsorgerlichen Gespräch, etwa mit evangelischen oder katholischen Geistlichen, oder lieber die Meditation im Raum der Stille, vielleicht bei Kerzenlicht, oder Tanz im Kirchraum, Fürbitten niederschreiben, oder bei einem der Angebote zur kreativen Gestaltung rund um das Thema mitzumachen. Wilken hat beobachtet: „Gerade diese Möglichkeit, selbst etwas zu gestalten, aktiv zu werden, ist sehr beliebt.“
c) „wieder zusammen“: die Abendmahlsfeier. Oft werden dabei Ergebnisse des vorangegangenen Teils aufgegriffen, so können beispielsweise die Fürbitten verlesen oder gestaltete Elemente in den gemeinsamen Abendmahlraum getragen werden.

„Thomasmessen sind immer mit Liebe und Fantasie gemacht“
Mittlerweile gibt es in über 30 deutschen Städten regelmäßige Thomasmessen, auch beim Katholikentag 2006 in Saarbrücken wurde sie gefeiert, mit ganz offizieller Ankündigung im Programm – und die Kölner waren natürlich mit dabei.
Ein Grundgedanke der Thomasmesse ist, dass sie ökumenisch sein soll – in dem Sinn, dass evangelische und katholische Elemente sich gegenseitig befruchten: „So verstehe ich Ökumene“, betont Wilken. Für ihn war ein anderer Aspekt ebenfalls immer wichtig: Er wünscht sich, dass „auch das Auge im Gottesdienst angesprochen“ wird. Denn: „Wir Menschen brauchen Zeichen, konkrete Handlungen – wie beispielsweise das Hand-Geben zur Begrüßung – als Zeichen der Verbundenheit“, sagt Wilken und ist außerdem überzeugt: „Thomasmessen sind immer mit Liebe und Fantasie gemacht. Das spüren die Menschen.“

Viel Neues anlässlich „10 Jahre Thomasmesse Köln“
Freunde der Kölner Thomasmesse können sich künftig doppelt so oft treffen als bisher: Ebenfalls vierteljährlich, ebenfalls in der Thomaskirche – immer ZWISCHEN den Thomasmessen – soll es ein regelmäßiges Thomas-Gebet geben. Feste Bestandteile sollen dabei Taizé-Lieder und ein Taizé-Kreuz sein. Dieses neue Kreuz soll im räumlichen Zentrum stehen, die Betenden können es berühren. Das neue Thomas-Gebet findet immer freitags statt, erstmals am 24. November 2006, 19 Uhr, in der Trinitatiskirche, Dauer: immer nur eine halbe Stunde.
Und zweitens will das neu gegründete Netzwerk „Thomasmesse Köln-Bonn“ einen Förderkreis aufbauen, der die Menschen in mehr Verbindung untereinander bringt. Dabei soll der – ebenfalls neue -, monatlich erscheinende „Thomas-Brief“ helfen: Er enthält Nachrichten aus Taizé, eine Austauschbörse – in der auch ausdrücklich die kritische Auseinandersetzung mit der Thomasmesse gefördert werden soll. Und Impressionen zu „Spiritualität und Ökumene“.

Weitere Tipps
Über die VELKD gibt es ein Thomasmessen-Netzwerk,
Auch beim DEKT, auf dem Markt der Möglichkeiten, hat die Thomasmesse am Samstag einen eigenen Stand.

Text: Al-Mana
Foto(s): Thomasmesse