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Kirchensteuern: Kurzfristig gibt’s mehr, langfristig sinken Einnahmen

Die Gemeinden der Evangelischen Kirche im Rheinland werden in diesem Jahr deutlich mehr Kirchensteuern einnehmen als bislang kalkuliert. Davon geht Oberkirchenrat Georg Immel, Finanzdezernent der rheinischen Kirche, aus: „Die Schätzung für 2010 wurde im Herbst 2009 auf der Grundlage der staatlichen Schätzung der Wirtschaftsentwicklung nachvollzogen. Dass diese deutlich zu pessimistisch war, hat im Herbst des vergangenen Jahres niemand vorhersehen können. Jetzt freuen wir uns natürlich über das deutlich über der Schätzung zu erwartende Ergebnis.“ In Zahlen heißt das: Statt der geschätzten 490 Millionen Euro Kirchensteuern erwartet die rheinische Kirche in diesem Jahr ein Aufkommen von etwa 565 Millionen Euro. „Allerdings“, so Immel, „hängt viel von dem Aufkommen im Dezember ab. Mit etwa 20 Prozent des Jahresaufkommens, das sich aus der Sonderzuwendung, also dem Weihnachtsgeld, ergibt, hat der Dezember einen erheblichen Einfluss auf das Jahresergebnis“.
Für das Jahr 2011 dürfte sich nach Einschätzung von Oberkirchenrat Immel das Aufkommen in etwa auf dem gleichen Niveau wie 2010 bewegen, da im Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung zumindest für das kommende Jahr eher positive Signale gesetzt sind. Auch die Tarifabschlüsse zeigten, dass die Situation derzeit als stabil angesehen wird. Die Kirchensteuerschätzung für 2011 liegt deshalb ebenfalls bei knapp unter 565 Millionen Euro.

Landeskirchlicher Haushalt
Bei den Zahlen für den landeskirchlichen Haushalt ist zunächst an die Rahmenbedingungen in der rheinischen Kirche zu erinnern, die von Emmerich bis Saarbrücken reicht: Die Kirchensteuereinnahmen der rheinischen Kirche hängen zu 85 Prozent von der Kirchenlohnsteuer ab. Die Kirchensteuerhoheit liegt bei den derzeit 765 Kirchengemeinden bzw. bei den Gemeindeverbänden. Die übergemeindlichen Aufgaben der Kirchenkreise und der Landeskirche werden über Umlagen finanziert. Die Umlage an die Landeskirche und ihre Ämter, Werke und Einrichtungen beträgt ab 2011 10,1 Prozent des Kirchensteueraufkommens.
Die Umlage für den landeskirchlichen Haushalt wird für 2011 auf 56,9 Millionen Euro geschätzt. Das sind rund 7,2 Millionen mehr als für das laufende Jahr (49,7 Millionen Euro) geschätzt wurden. Die Ausgaben im landeskirchlichen Haushalt bleiben gegenüber 2010 auf etwa gleichem Niveau bei 81,5 Millionen Euro. Aber diese Stabilität bedeutet nicht, dass sich nicht deutliche Veränderungen im Haushalt ergeben. So wird in den einzelnen Abteilungen des Landeskirchenamtes und den landeskirchlichen Einrichtungen ein Einsparvolumen von knapp 1,2 Millionen Euro erreicht. Dagegen stehen aber Mehrausgaben im Bereich der Umstellung der Landeskirche (+ 310.000 Euro) und des Landeskirchenamtes selbst (+ 527.000 Euro) auf das so genannte Neue Kirchliche Finanzwesen (NKF), also der Umstellung von der kameralen auf die weitgehend doppische Buchführung. Diese im Haushaltsplan angesetzten Mittel setzen allerdings voraus, dass die Landessynode die Umstellung im Januar 2011 beschließt. Einen ganz e rheblichen Steigerungsposten innerhalb des Etats macht der Anteil des Landeskirchenamtes an der Zuführung zur Versorgungskasse für die Pfarrerinnen/Pfarrer und Kirchenbeamtinnen/Kirchenbeamten aus, der um etwa 2,8 Millionen Euro steigt.

Entnahme aus der Ausgleichsrücklage
Um den Haushalt 2011 für die unmittelbaren landeskirchlichen Aufgaben decken zu können, muss eine Entnahme aus der Ausgleichsrücklage in Höhe von knapp 4,3 Millionen Euro eingeplant werden. Das sind ca. 550.000 Euro mehr als in diesem Jahr, für das eine Entnahme von etwas über 3,7 Millionen Euro vorgesehen ist. Allerdings hält sich die für 2010 geplante Entnahme nur deshalb noch einigermaßen in Grenzen, weil der Jahresüberschuss des Jahres 2008 in Höhe von 5,87 Millionen Euro ebenfalls zum Haushaltsausgleich eingesetzt wurde. Nach der korrigierten Schätzung wird eine Entnahme aus der Ausgleichsrücklage für das laufende Haushaltsjahr 2010 wahrscheinlich nicht erforderlich werden. „Es führt aber nach den Planungen für 2011 kein Weg daran vorbei, die bislang geleisteten Dienste und Aufgaben der Landeskirche kritisch zu hinterfragen. Eine entsprechende Überprüfung wird derzeit gestartet“, berichtete Oberkirchenrat Georg Immel am Montagabend in Düsseldorf.

Im Bereich der gesamtkirchlichen Aufgaben steigen die Ausgaben um circa 2,7 Millionen Euro auf 61,3 Millionen Euro, wobei der durch die Umlage bei den Kirchengemeinden benötigte Finanzbedarf um knapp 3,2 Millionen Euro steigt. Die rheinischen Ausgaben für die EKD steigen dabei nur leicht um 214.000 Euro, während sie im innerrheinischen Bereich deutlich ansteigen. „Die geplanten Mehrausgaben, die fast ausschließlich auf die begonnene Umstellung der Haushaltssystematik auf das Neue Kirchliche Finanzwesen zurückgehen, schlagen mit ungefähr 2,7 Millionen Euro zu Buche“, so der rheinische Finanzdezernent.

Im Bereich der Pfarrbesoldung werden für die Versorgungssicherung im Jahr 2011 weitere 64,7 Millionen Euro aufgebracht. Das bedeutet eine Steigerung gegenüber 2010 um ca. 27,9 Millionen Euro. Die erhöhte Zuführung hat ihren Grund in der Abhängigkeit vom Kirchensteuer-aufkommen, das für 2011 deutlich höher geschätzt wird als für 2010. Ab 2011 sollen zudem 22 statt wie bisher 20 Prozent des Kirchensteueraufkommens für die Versorgung zurückgelegt werden.

Rheinische Kirche rechnet mit langfristigem Kirchensteuerrückgang
Neben der Lohn- und Einkommensteuerentwicklung und der wirtschaftlichen Entwicklung ist es vor allem der demografisch bedingte Rückgang der Mitgliederzahlen, der die Einnahmesituation der rheinischen Kirche langfristig schmälert. In den kommenden 30 Jahren erwartet die Evangelische Kirche im Rheinland einen Rückgang ihrer Mitgliederzahlen um ein Drittel und eine Verringerung der Kirchensteuereinnahmen um etwa die Hälfte.

Text: EKiR
Foto(s): EKiR